Energiewende Auf dem Land mehr Windräder

Jürgen Umlauft
Die Energiewende wird vor allem in den ländlichen Regionen einen weiteren Zubau ab Windkraftanlagen zur Folge haben. Foto: Maximilian Busl

Kommunen und Bürgerinnen und Bürger müssten von der aktuellen Entwicklung mehr haben, fordert ein Wissenschaftler. Dann klappt’s auch mit der Akzeptanz.

 
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Die ländlichen Räume Bayerns drohen durch die aktuelle Ausrichtung der Klimaschutzpolitik weiter von den Ballungszentren abgehängt zu werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der SPD-Fraktion im Landtag beim Bayreuther Regionalentwicklungsprofessor Manfred Miosga in Auftrag gegebene Studie. Miosga fordert als Konsequenz, räumliche Gerechtigkeit und Klimaschutz zusammen zu denken, um damit die Chancen ländlicher Regionen zu verbessern. Einige Maßnahmen der Staatsregierung wirkten dagegen „problemverschärfend“, erklärte Miosga bei einem Pressegespräch in München.

Nach Einschätzung Miosgas wird die weitere Energiewende vor allem die ländlichen Räume durch mehr Windräder und Photovoltaik auf der Fläche treffen. Das werde deren „Antlitz verändern“. Um die Akzeptanz zu erhöhen, müssten Kommunen und Bürger auf dem Land mehr von Klimaschutzmaßnahmen profitieren. Als Beispiel nannte Miosga die Mobilität. Während in Ballungsräumen viele Bürger wegen des gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) auf ein Auto verzichten und zudem durch das neue 49-Euro-Ticket sparen könnten, seien auf dem Land die meisten Menschen weiter auf das Auto angewiesen und müssten hohe Spritpreise schultern. Deshalb müsse der ÖPNV auf dem Land deutlich ausgebaut werden. Nötig sei eine „Mobilitätsgarantie mit attraktiver Taktung“.

Zudem riet Miosga dazu, mit Hilfe von Regional- und Landesplanung die Zahl der Anlässe für Autofahrten auf dem Land zu reduzieren. Möglich könne dies durch eine Ausweitung des Homeoffice und die Rückverlagerung von Einkaufsmöglichkeiten und täglichen Dienstleistungen in die Dörfer gemacht werden. Hier habe die Landespolitik mit einer falsch verstandenen Liberalisierung zuletzt genau das Gegenteil bewirkt. „Wir brauchen wieder mehr wohnortnahe Daseinsvorsorge, um Verkehr zu reduzieren“, sagte Miosga.

Zu einer sozial und räumlich gerechten Klimapolitik gehöre auch, Kommunen und Bürger am Land stärker an den Einnahmen aus der dort erzeugten erneuerbaren Energie zu beteiligen, betonte Miosga. Bürgerenergiegenossenschaften sowie Stadt- und Regionalwerke sollten als Betreiber von Anlagen Vorrang erhalten. Zudem müssten die Kommunen bei der Wärmeversorgung der Haushalte durch den Bau von Gemeinschaftsanlagen mehr in die Pflicht genommen werden, um effiziente örtliche Heizsysteme zu etablieren. Für diese Aufgaben bräuchten sie mehr finanzielle und personelle Unterstützung. Dies gelte insbesondere für finanzschwache Gemeinden im Norden und Osten Bayerns, deren Schuldenlast Handlungsspielräume beim Klimaschutz deutlich einschränke.

Als positiven Effekt eines konsequent umgesetzten Klimaschutzes auf dem Land nannte Miosga die Schaffung neuer Arbeitsplätze im örtlichen Handwerk. Um den Transformationsprozess zu unterstützen, sprach er sich für die Gründung regionaler Innovationszentren für nachhaltiges Wirtschaften aus. Davon könne auch die Landwirtschaft profitieren. Um Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren, plädierte er für die Einführung eines „Klimageldes“ für besonders vermögende Bürger. „Wir brauchen von diesen Menschen einen Solidaritätsbeitrag, weil sie im Durchschnitt einen höheren ökologischen Fußabdruck hinterlassen“, sagte Miosga.

Der SPD-Abgeordnete Klaus Adelt forderte als Konsequenz aus der Studie eine mit mehr Kompetenzen ausgestattete Regionalplanung, eine an die neuen Herausforderungen angepasste Finanzausstattung der Kommunen und eine verbesserte Bürgerbeteiligung. Da sich viele Bewohner des ländlichen Raums aus finanziellen Gründen nicht an Windkraft- oder Photovoltaikanlagen beteiligen könnten, müssten sie stattdessen durch einen günstigeren Anwohnerstromtarif entlastet werden. Die Profite dürften nicht nur „reiche Städter“ einfahren.

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