Träger mit Konzept gesucht
Die Diakonie geht davon aus, dass Bayreuth zwei weitere Betreuungseinrichtungen mit je 24 Plätzen gebrauchen kann. Der Bezirk geht sogar noch weiter. Bei 330 Plätzen in der Werkstatt für Behinderte gebe es nur 100 Wohnheimplätze. „Wir wollen, dass dort gewohnt werden kann, wo gearbeitet wird“, sagt Bezirkssprecherin Monika Hopf. Der Bezirk würde „nur“ auf einen Träger warten, der ein Konzept hat. Dann entscheide der Sozialausschuss.
Die Diakonie Bayreuth ist ein möglicher Träger. Sie betreibt drei Wohngruppen in der Stadt mit gut 70 Plätzen und die Werkstatt für Behinderte. Geschäftsführer Franz Sedlak sieht den Markt für neue Betreuungseinrichtungen. Es sei ein „mindestens physisches Beschwernis“, wenn die Mitarbeiter zu weite Strecken zwischen Wohnort und Werkstatt zurücklegen müssten. Es gebe bereits „Gespräche und Planungen in Richtung neuer Wohneinheiten, aber wir können nicht zaubern“.
Diakonie braucht stabile Bilanzen
Die erste Herausforderung eines solchen Projekts liege in der Vorfinanzierung. Die Diakonie müsse die finanzielle Stabilität haben, um das schultern zu können. „Und dafür brauchen wir einige Jahre stabile Bilanzen“, sagt Sedlak und spielt auf das Schutzschirmverfahren für den in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Verein „Hilfe für das behinderte Kind“ an. Die zweite Hürde sei, dass der Bedarf über einen längeren Zeitraum bestehen bleibt.
Der Bedarf sei gegeben, sagt Bettina Wurzel, Behindertenbeauftragte der Stadt Bayreuth. Die Bevölkerung werde immer älter, habe allein durch das Alter mit seinen Begleiterscheinungen und Handicaps einen wachsenden Betreuungsbedarf.
Bisher kein Antrag beim Bezirk
Sedlak stellt eine „Übergangslösung“ mit einem Kooperationspartner in Aussicht. „Um die Zeit des Wartens auf neue Einrichtungen in Bayreuth zu überbrücken.“ Noch ist allerdings kein Antrag der Diakonie beim Bezirk eingegangen. Behindertenbeauftragte Wurzel will in einer Arbeitsgemeinschaft Bezirk, Stadt und Träger an einen Tisch bringen, um „zeitnah Lösungen zu finden“.
Die beiden Väter, Helmut Billenstein und Karlheinz Schuder, sagen: „Es ist allerhöchste Zeit, dass sich jemand in Bayreuth für die Inklusion verantwortlich fühlt und endlich etwas tut.“
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Aktionsplan Inklusion
Michael John vom Bamberger Basisinstitut erarbeitet seit gut einem Jahr im Auftrag des Stadtrats einen Aktionsplan für die Inklusion in der Stadt. Alle Bürger und Institutionen waren aufgerufen, sich daran zu beteiligen. Viele sind dem Aufruf gefolgt. Mittlerweile liegt die vorläufige Endfassung vor, mehrere Hundert Seiten stark. Im Dezember soll der Stadtrat darüber beschließen. Die Probleme in Bayreuth unterschieden sich nicht sehr von denen in ganz Bayern, sagt John. Die Barrierefreiheit und der Zugang zum Arbeitsmarkt seien überall schwierig. Ein „besonderes Problem“ in Bayreuth sei aber, dass es keinen adäquaten Wohnraum für Menschen mit speziellen Einschränkungen gebe. „Wenn Sie als Mensch mit kognitiven Einschränkungen und dem Bedarf an Betreuung, aber dem Wunsch nach einem hohen Grad an Selbstständigkeit in Bayreuth wohnen wollen, haben Sie ein Problem“, sagt John.
In Bayreuth gebe es zu wenig Träger sozialer Einrichtungen und die bestehenden Träger bewegten sich nicht schnell genug in die Richtung des Bedarfs. Der Bezirk unterstütze zwar, greife aber nicht offensiv in die Situation ein, sagt John. „In anderen Bundesländern haben die Bezirke das Problem angepackt und planen selbst und bedarfsgerecht. In Bayern geht man das eher an wie in einer Volkshochschule.“ Mit solcher Generalkritik tut man sich beim Bezirk schwer. Da müsse man sich schon im Detail unterhalten, sagt die Sprecherin des Bezirks, Monika Hopf. Der Aktionsplan Inklusion werde detaillierte Handlungsempfehlungen enthalten, sagt John, unter anderem für die Träger sozialer Einrichtungen, den Bezirk, die Stadt und die Wohnungsbaugesellschaften.
Für Bettina Wurzel, Behindertenbeauftragte der Stadt, kann jeder zum Gelingen der Inklusion beitragen: aufgeschlossen und sensibel für Barrieren in seinem Umfeld sein und die eigenen Barrieren im Kopf abbauen.