Eltern äußern bei Infoversammlung ihre Besorgnis Seit Mittwoch läuft die zweite Messreihe in der Fichtelberger Schule

Von Andreas Gewinner und Sarah Bernhard
05.06.2013, Fichtelberg, Versammlung, Radon, Foto: Andreas Harbach, ha Foto: red

Seit dem gestrigen Mittwoch läuft in der Schule Fichtelberg eine zweite Messreihe zur Radonmessung. Darüber informierte Klaus von Stetten, Leiter des Gesundheitsamts im Landratsamt Bayreuth, zahlreiche Eltern am Mittwochabend in der gut gefüllten Turnhalle Fichtelberg. Auf zahlreiche Forderungen von Mehlmeisler Eltern, bis dahin die die Schüler nur in Fichtelberg zu unterrichten, wollte er sich nicht einlassen.

 
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Die Mesung soll vier Wochen dauern und Aufschluss geben, wie weit die bisherigen Bemühungen an der Schule den deutlich erhöhten Radongehalt in der Raumluft reduziert haben. Zur Verlegung der Schüler dagte von Stetten: "Das ist eine politische Frage, fachlich gibt es keinen Grund, die Kinder nicht in Fichtelberg zu unterrichten." 

Einer der Gründe: Es gibt bisher lediglich Empfehlungswerte, keine verbindlichen Riccht- oder Grenzwerte zum Radongehalt in der Raumluft. Radon, ein Edelgas und Zerfallsprodukt von natürlich vorkommendem Uran, gilt als Risikofaktor für eine spätere Lungenkrebserkrankung. Die meisten Empfehlungswerte liegen bei oder in der Nähe von 300 Bequerel. Im Schulhaus Fichtelberg wurden sie komplett überschritten, bei einer Messung im Keller sogar um das mehr als Zehnfache.

Von Stetten bekannte, er habe nicht erwartet, dass auch im ersten Stock noch Werte von 1000 Bequerel gemessen würden, "Ich gehe aber davon aus, dass wir jetzt schon drunter sind." Denn es wurden bereits erste Sanierungsmaßnahmen in Angriff genommen, besonders im Keller: Fenster sind permanent gekippt, der Keller wird zu den oberen Geschossen hin abgedichtet, ominöse Kernbohrungen im Boden des Kellers wurden verschlossen.

Denn, so Simone Körner vom Landesamt für Umweltschutz in Augsburg: Haupteintritt von Radon in Wohnhäusern ist über den Boden und damit den Keller. Granit als Baustoff spielt eine untergeordnete Rolle. Radioaktivität sei so alt wie die Welt; die Strahlung, der der Mensch ausgesetzt ist, sei etwa je zur Hälfte natur- und menschengemacht. Frühere Atombombenversuche oder Tschernobyl spielten eine untergeordnete Rolle. "Ein erhöhter Radionwert ist nichts, mit dem man nicht technisch fertig wird", so Körner. Bis hin zu einer Zwangsentlüftung des Kellers, einer Absaugung von Radon unter der Bodenplatte oder Erzeugen von Überdruck im Gebäudeinnern.

Messen, sanieren, messen, sanieren - das sei die normale Vorgehensweise, so von Stetten: Man macht einfache Sanierungsmaßnahmen, misst, was sie gebracht haben und nimmt, wenn nötig, die nächstliegenden Maßnahmen in Angriff. Einem Mythos rückte von Stetten zu Leibe: Dass das Forsthaus Fichtelberg allein wegen seiner exorbitanten Radonwerte abgerissen worden sei. Und schon gar nicht wegen nur 500 Bequerel, wie kolportiert werde, das ergänzte Bernhard Kraus. 20.000, und nach Einbau einer Lüftung immer noch 10.000 Bequerel seien gemessen worden, "es war einer von mehreren Aspekten für den Abriss, zu klein und sanierunsgbedürftig war das alte Forsthaus auch", so Kraus, der nach eigenen Worten beim Forst arbeitet.

Eingangs appellierte von Stetten: "Wir wollen versuchen, Fragen zu beantworten, wir können ihnen nicht die Entscheidung über den Schulstandort abnehmen." Trotzdem geriet die Debatte immer wieder auf die politische Ebene des Schulstandorts. Die Diskussion drehte sich um Risiken auf dem Schulweg oder beim Passsivrauchen und die Strahlenbelastung beim Fliegen. Die Fronten im Saal waren klar gezogen: Mehlmeisler Eltern wollen sich, auch nicht kurzfristig, mit den hohen Werten abgeben, verwahren sich gegen den Vorwurf der Angstmache. Fichtelberger Eltern appellierten, die Kirche im Dorf zu lassen.

So oder so wird der Fichtelberger Schule eine Vorreiterrolle zukommen. Von Stetten kündigte an, das Thema "höheren Orts anzusprechen, die sollen sich auch mal äußern." Es könnte der Anfang von flächendeckenden Messunge in öffentlichen Gebäuden in der Region werden. In schätzungsweise vier bis fünf Jahren wird es Richtwerte geben, so Körner: EU-Grenzwerte, die in Arbeit sind und dann in nationales Recht umgesetzt sein werden.

Sein Dilemma vor Ort formulierte von Stetten selbst: "Wie will ich als Fachbehörde den Leuten das minimale Risiko erklären?" In etwa sieben Wochen soll die Auswertung der aktuellen Messung vorliegen.

Es gab mehrere Wortmeldungen, hier einige Stimmen der Bürger:

Johannes Pscherer, 47, Vater aus Mehlmeisel: "Für mich ist es ein Fakt, dass die Werte in Fichtelberg höher sind als in Mehlmeisel und ich verstehe nicht, dass Kinder in dieser Schule sind, obwohl die Werte nicht erträglich sind. Uns geht es um die Kinder und die wollen wir nicht belügen und dass wir das politisieren, das lassen wir uns nicht ans Bein binden. Vorbeugung ist besser als nichtstun."

Armin Kellner, 67, Opa aus Fichtelberg: "Ich bin nicht sicher, ob diese Belastung, von der wir immer sprechen, eine wirkliche Belastung ist. Der Gesetzgeber hat keine Richtwerte erlassen, weil er sich nicht sicher ist, und jetzt stochert man im Nebel rum und will sich auf 300 Bequerel festlegen. Ich glaube, dass Gesundheitsamt, Schule und Gemeinde Voraussetzungen schaffen werden, die für unsere Kinder unbedenklich sind."

Stephanie Veigl, 35, Mutter aus Mehlmeisel: "Der Vortrag war interessant, aber ich bin noch genauso besorgt wie vorher, denn mein Kind geht im Moment in eine Schule, die nicht den Richtlinien entspricht. Wenigstens solange die Messungen laufen, sollten die Kinder in einem anderen Gebäude unterrichtet werden. Ich bin Krankenschwester und da werde ich der Strahlung auch nicht einfach so ausgesetzt."

Jürgen Grieshammer, 63, Rektor in Fichtelberg: "Ich hatte Angst, dass das Thema hier zum Politikum gemacht wird, aber es war positiver, als befürchtet. Ich als Warmensteinacher bin da ja neutral. Jetzt werde ich die Messung abwarten und wenn dann Bedenken auftauchen, werde ich mich persönlich informieren, ob ich und meine Kollegen gezwungen werden können, in der Schule weiterzuarbeiten."

Foto: Harbach