Eishockey „Selbstbeschränkung für alle wäre schön“

Holger Peter
Drunter und drüber geht es in der Eishockey-Landesliga (hier eine Szene aus dem Spiel EV Pegnitz - VER Selb 1b). Auslöser ist die Corona-Pandemie, aber sie ist nicht das einzige Problem. Foto: Andreas Beil

Bayerns Eishockey-Obmann Frank Butz ärgert sich über Landesligavereine, die mehr Kontingentspieler einsetzen als vereinbart.

 
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Pegnitz - Das Herz von Frank Butz schlägt für das „kleine“ Eishockey. Obwohl das Nürnberger Lindestadion seine sportliche Heimat war, hat der bayerische Eishockey-Obmann „seit mindestens zehn Jahren kein DEL-Spiel mehr live gesehen“. Lieber besucht er kleine Stadien wie in Pegnitz oder Trostberg. „Das gefällt mir besser als dieser Profizirkus“, sagt er.

Dennoch gibt es auch Kritik an den Zuständen in der Landesliga und der Umgehung einer Vereinbarung, die die Vereine zur Begrenzung der Ausländerstellen getroffen hatten. Dabei wird dem Verband eine Mitschuld gegeben. Im Interview erklärt Butz, warum er manches anders sieht und warum sich manche Probleme nicht so einfach lösen lassen.

Herr Butz, viele Eishockey-Fans hadern damit, dass sich in der zweituntersten Liga Teams ein Wettrüsten mit ausländischen Kontingentspielern liefern, während sich zum Beispiel die Vereine der Bayernliga an das Gentlemen‘s Agreement halten, nach dem nur zwei dieser „Profis“ eingesetzt werden sollen. Wie stehen Sie dazu?

Frank Butz: Ich sehe das genauso wie über 90 Prozent unserer Vereine und würde mir wünschen, dass alle Ligen diese Selbstbeschränkung übernehmen. Der Verband hat sich ja vor zwei Jahren da noch einmal für seine Vereine in die Bresche geworfen und einen Rechtsstreit gewagt, den wir dann aber wegen Aussichtslosigkeit aufgegeben haben. Jeder Verein innerhalb der EU könne sich auf den Freizügigkeits-Passus berufen, hatte der Richter schon früh signalisiert. Das heißt, ein EU- Bürger darf sein Hobby in den anderen Ländern nach Belieben ausüben. Das betrifft halt auch Tschechen, die gerne am Wochenende in Deutschland Eishockey spielen möchten.

Aber es ist doch widersinnig, auf diesem Niveau bis zu sieben oder acht Kontingentspieler zu verpflichten . . .

Butz: Da gebe ich Ihnen recht. Es ist schon merkwürdig, dass ehemalige DEL-Profis wie Nathan Robinson plötzlich in der fünften Liga auftauchen. Spieler von der Klasse Robinsons werten zwar die Landesliga auf, jedoch darf die Sinnhaftigkeit durchaus hinterfragt werden. Gegen Sportler, die am Spielort oder im näheren Umfeld hier ihren Lebensmittelpunkt haben, ist ja auch gar nichts einzuwenden. Aber gegen das EU-Recht können wir wenig machen. Unsere einzige Handhabe ist das Nachwuchskonzept des BEV: Wer in der Landesliga spielen möchte, muss auch Nachwuchsarbeit betreiben und zumindest eine U 9, U 11 und U 13 vorweisen, in der Bayernliga ist noch ein weiteres Team gefordert. So kommen Vereine, die nur Legionäre einsetzen, nicht so leicht davon.

Woher kommt denn das Geld in dieser Liga, zumal in diesen Zeiten ja kaum Zuschauereinnahmen zu erwirtschaften sind?

Butz: So schön der Eishockeysport auch ist, er lockt auch immer wieder Personen an, die den kurzfristigen sportlichen Erfolg ohne Wenn und Aber suchen. Nachhaltig ist das meistens nicht, oft geht der gesamte Verein pleite, wenn der Sponsor geht. Das jüngste abschreckende Beispiel ist der EC Bad Kissingen. Da gab es einen osteuropäischen Investor für die Eishalle mit hochfliegenden Plänen – nun soll dieser in der Ukraine im Gefängnis sitzen. Das Eishockey in Bad Kissingen ist seitdem tot.

Die Bayernliga müsste ja dann davor davor zittern, dass Haßfurt, Waldkirchen oder Burgau den Aufstieg schaffen. Denn die werden sich ja auch dort nicht an die Selbstbeschränkung halten, wie zumindest Haßfurt offensiv verkündet?

Butz: Das ist definitiv zu befürchten. Zumal heuer die Verzahnungsrunde zwischen Bayernliga und Landesliga entfällt. Die Bayernligisten hatten sich dagegen ausgesprochen, weil sich die drei genannten Vereine weigerten, dabei nur zwei Kontingentspieler einzusetzen.

Bleiben denn dann nicht Vereine, die sich an die Abmachungen halten, sportlich auf der Strecke, beispielsweise der EV Pegnitz, der auf die Punkte am Grünen Tisch gegen Haßfurt verzichtete?

Butz: In der Tat hätten die Gründe, die Haßfurt für eine kurzfristige Absage anführte, nicht ausgereicht. Wenn ein Klub die 2G-Regeln nicht erfüllen kann, ist das keine höhere Gewalt. Doch als der BEV die Hauptrunde um 14 Tage verlängert hatte, war der EVP um seinen sportlichen Leiter Alexander Herbst so fair, dem ESC doch einen Ausweichtermin anzubieten. Sonst wären die Punkte kampflos nach Pegnitz gegangen.

Der EVP droht nun die Meisterrunde zu verpassen, auch weil er unlängst vier Spiele in sechs Tagen absolvieren musste, in denen er einige Federn ließ. Hätte man das nicht entzerren können?

Butz: Das wäre durchaus möglich gewesen und war von uns allen Vereinen angeboten worden nach der Verlängerung der Hauptrunde, aber ich habe dann vom Verein nichts mehr gehört. Immerhin gibt es jetzt einen neuen Modus, der auch den Pegnitzern zugute kommen könnte: Weil die Verzahnung mit Gruppe 2 entfällt, haben wir den Play-offs eine Meisterrunde mit den fünf Besten der Hauptrunde vorgeschaltet.

Wie sehr hat Corona Ihre Planungen beeinträchtigt?

Butz: Insgesamt waren es in beiden Landesligagruppen 17 Spiele, die nachgeholt werden mussten und noch müssen – in der Gruppe 1 mehr als im Süden, wo es allerdings auch zeitweise Hochinzidenzgebiete mit Sportverbot gab. Was uns Probleme macht, ist der Datenschutz, wonach man uns Atteste und ähnliches ja nicht zeigen muss. Wir hatten den Vereinen zugesichert, ihnen im Zusammenhang mit Corona einfach zu vertrauen. Da waren wir vielleicht ein bisschen blauäugig, wie uns aus verschiedenen Quellen zugetragen wurde. Für Meister- und Abstiegsrunde haben wir das Prozedere verändert. Jede Absage gilt erst einmal als schuldhaftes Nichtantreten. Der Verein muss dann nachweisen, dass die Absage berechtigt war. Gibt es keinen Ausweichtermin mehr, wird die Quotientenregel angewendet oder es gibt eine Spielwertung gegen den absagenden Verein.

Modus mit neuen Perspektiven

Im Interview mit Eishockey-Obmann Frank Butz verkündete dieser auch einen neuen Modus für die zweite Saisonhälfte, der erst dieser Tage mit etwa einer Zwei-Drittel-Mehrheit aller Landesligavereine beschlossen wurde. Weil die Bayernligavereine eine Verzahnungsrunde mit einigen Landesligisten wegen der Haltung zum Thema Kontingentspieler bereits im Frühsommer 2021 abgelehnt hatten, waren ursprünglich eine Meisterrunde der jeweils besten Vier aus beiden Gruppen und danach Play-offs geplant. Nun werden zwei Meisterrunden mit den besten Fünf gespielt, in denen es für alle bei Null los geht. Danach folgen die Play-offs – falls die pandemiebedingt stattfinden können.

„Wir haben auch dafür gestimmt“, berichtet Alexander Herbst, sportlicher Leiter beim EV Pegnitz, der aber betont, dass die Platzierung der jungen Truppe für ihn absolut zweitrangig sei. „Ich habe den Jungs vor der Saison gesagt, dass mir nur der Klassenverbleib wichtig ist. Dafür stehen wir super da.“

Gutes Nachwuchskonzept

Zur Frage, warum man nicht die kampflosen Punkte gegen den ESC Haßfurt eingesackt hat, was ja den Statuten nach möglich gewesen wäre, entgegnet Herbst: „Wir wollen Eishockey spielen und nicht taktieren.“ Das gelte auch für einen Rivalen, der in der Branche nicht wirklich beliebt sei. „Wir schauen nicht auf andere, sondern nur auf uns. Ich bin überzeugt, dass wir mit unserem Nachwuchskonzept auf Dauer erfolgreich sein werden.“ Darum werde der EVP auch jetzt, da mit Dzemla und Holomek zwei Leistungsträger ausfallen, keinen Kontingentspieler nachverpflichten. „Darüber haben wir nicht mal nachgedacht, schließlich haben wir doch jetzt das, was wir uns gewünscht hatten: Unsere Jungen stehen viel auf dem Eis und können jetzt wirklich Verantwortung übernehmen“, sagt Herbst.

Unglücklich sei jedoch die Sache mit den vier Spielen in sechs Tagen gelaufen. „Das wird nicht mal NHL-Profis abverlangt“, sagt Herbst. Mit Trostberg hatte man schon einen späteren Termin „ausgeschaut“, doch da hätten zahlreiche EVP-Spieler studien- oder berufsbedingt absagen müssen. Da habe man in den sauren Apfel gebissen.

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