Einzelhandel brummt in Bayreuth

Von Martin Kreklau
Dem Einzelhandel geht es gut - doch wenn weiter Kunden ins Internet abwandern, könnte die Vielfalt in Fußgängerzonen in Gefahr geraten. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Eigentlich müsste der Einzelhandel frohlocken: Wie das Bayerische Landesamt für Statistik mitteilt, stieg der Umsatz in den ersten neun Monaten des Jahres 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bayernweit und branchenübergreifend um 4,4 Prozent. Auch die Zahl der Beschäftigten erhöhte sich um 2,4 Prozent. Doch etwas trübt die Stimmung.

 
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"Es gibt eine große Spanne zwischen Gewinnern und Verlierern im Handel", sagt Thorsten Becker, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern für Oberfranken. Zu den großen Gewinnern zählt mit einem Umsatzplus von knapp fünf Prozent beispielsweise der Einzelhandel mit Lebensmitteln.

Mehr Bio-Produkte

Das liegt vor allem daran, dass ein Umdenken in der Bevölkerung stattgefunden hat, wie Becker erklärt: "Die Kunden kaufen viel mehr Bio-Produkte als im vergangenen Jahr. Die haben eine ganz andere Qualität und sind dementsprechend teurer. Deshalb ist der Umsatz gestiegen, wenngleich insgesamt nicht mehr gekauft wird."

Maria Zeußel ist Inhaberin des Biomarktes "bio bio" in Bayreuth. Auch sie beobachtet, dass mehr Menschen zu Bio-Produkten greifen. Allerdings profitiere der Fachhandel nicht von diesem Trend. "Bei uns sehen die Zahlen anders aus. Wir haben diese Zuwächse nicht", sagt sie. Verantwortlich dafür sei die Konkurrenz durch die großen Supermärkte. "Viele Kunden fahren jetzt nicht mehr extra ins Fachgeschäft, um ihre Bio-Produkte zu kaufen", sagt Zeußel. Aus ihrer Sicht fatal - denn Bio sei eben nicht gleich Bio.

Buchhandel als Verlierer

Die landesweiten Umsatzentwicklungen, erklärt Becker, seien in Bayreuth nahezu identisch. Zu den größten Verlierern gehört demnach der Buchhandel, dessen Umsätze im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund fünf Prozent zurückgegangen sind. Trotz der Situation hat sich die Buchhandlung Rupprecht im Dezember vergangenen Jahres entschlossen, in Bayreuth eine neue Filiale zu eröffnen.

Deren Leiterin, Katja Kraus, kann den negativen Trend nicht bestätigen. "Wir werden hier super angenommen", sagt sie. Mit Blick auf die Branche und die Konkurrenz zum Internet erklärt sie, dass die Kunden wieder häufiger in den stationären Handel kämen: "Die persönliche Beratung und der Service werden hoch geschätzt." Bis die Anteile der Internet-Händler zurückerobert seien, werde es allerdings noch dauern.

Spielwaren laufen nicht gut

Negative Zahlen gibt es mit minus vier Prozent auch bei Spielwaren und minus drei Prozent bei Möbeln. Trotzdem verzeichnet der Handelsverband bei den Ladengeschäften insgesamt ein moderates Wachstum. Allerdings: "Je ländlicher es wird, desto schlimmer wird die Situation", sagt Becker. "Die Umsatzverluste auf dem Land sind viel deutlicher als in der Stadt."

Die Ursachen sind schnell ausgemacht: Vielfalt und Auswahl locken Kunden in die Städte. "Das Kundenverhalten hat sich geändert. Die Menschen haben sich an die riesige Auswahl im Internet gewöhnt", sagt Becker. Vielleicht spiele auch Bequemlichkeit eine Rolle. Selbst wenn ein Produkt bei einem Händler auf dem Land zehn Prozent billiger wäre, würden die Kunden nicht extra deshalb dorthin fahren. Und dieser Umsatz fehle dann natürlich. "Während die Händler in der Stadt relativ zufrieden sind, erreichen uns immer wieder Hilferufe aus dem ländlichen Bereich", sagt Becker.

Angesichts der Zahlen seien die Händler zwar zufrieden, aber Begeisterung sehe anders aus. Das liegt vor allem an einer Statistik: Während der Umsatz im stationären Handel um zwei Prozent zulegt, verzeichnet der Online-Handel ein Wachstum von über zehn Prozent. Ein Trend, der laut Becker kaum aufzuhalten ist. Dennoch versucht der Handelsverband gegenzusteuern, bietet zum Beispiel Schulungen für Einzelhändler an: Wie wird man im Internet gefunden? Wie baut man eine Internetseite auf? Wie betreibt man Suchmaschinenoptimierung?

Amazon bedroht Lebensmittelhändler

Eine Branche sei bislang weitgehend verschont geblieben: der Lebensmittelhandel. Doch auch hier greifen Internet-Händler bereits an. Mit "Amazon Fresh" können sich Kunden ihre Lebensmittel bestellen und nach Hause liefern lassen - allerdings gibt es das derzeit nur in München und Berlin. "Wenn Amazon etwas auf den Markt bringen will, dann macht es das, egal was es kostet", sagt Becker.

Deshalb rüsten sich Händler wie Edeka oder Rewe bereits mit eigenen Konzepten in diese Richtung, um auf die Entwicklung reagieren zu können und "um Umsatzverluste aufzufangen", so Becker. Ganz wird sich das Internet nicht aufhalten lassen: Eine Untersuchung des Handelsverbands Deutschland (HDE) hat laut Becker ergeben, dass in den kommenden fünf Jahren deutschlandweit 50.000 Geschäfte schließen werden.

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