Eine mutmaßliche Dealerin lässt sich nicht von Therapie überzeugen Richter redet sich Zunge fransig

Von Manfred Scherer
MIt dem verkauf der Droge Crystal Spüeed soll eine Frau aus dem Landkreis Kulmbach ihren Lebensunterhalt verdient haben. Foto: Daniel Karmann dpa-Archiv Foto: red

Eine Frau aus dem Landkreis Kulmbach scheint sich mit ihrem von Drogen bestimmten Leben abgefunden zu haben: „Ich will keine Therapie!“, erklärte sie am Montag als Angeklagte vor Gericht. Sie soll einen schwunghaften Handel mit Crystal Speed aufgezogen und damit sowohl ihre Sucht finanziert als auch ihren Lebensunterhalt bestritten haben.

 
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Der Vorsitzende der Strafkammer am Landgericht, Michael Eckstein, dürfte am Montagnachmittag eine trockene, fransige Zunge gehabt haben – so lange redete er auf die vor ihm sitzende Angeklagte ein: Sie solle sich gut überlegen, ob sie nicht über ihre Taten reden wolle. Sie solle sich einen Ruck geben, damit das Gericht ihr helfen könne, „ihre letzte Chance“ nutzen. Sonst sei sie in spätestens zehn Jahren tot.

60 Euro Profit pro Gramm

Die 39-Jährige wird von der Staatsanwaltschaft als gewerbsmäßige Dealerin verdächtigt und wurde auch deshalb angeklagt seit dem Jahr 2014 soll sie bis mindestens zum Frühjahr 2015 das in Tschechien in Hinterzimmerküchen hergestellte Crystal im Raum Kulmbach und Bayreuth vertrieben haben. Und soll dabei einen kräftigen Schnitt gemacht haben: 60 Euro pro Gramm, wenn man den Einkaufspreis von 20 Euro und den Verkaufspreis von 80 Euro zugrunde legt. Welche Menge insgesamt die Angeklagte unters Volk gebracht hat, steht nicht exakt fest – laut der Anklage sollen es mindest 300 Gramm gewesen sein. Diese Zahl könnte aber, wie es in solchen Fällen oft ist, nur die Spitze eines Eisbergs darstellen.

Der Hintergrund dafür, dass der Gerichtsvorsitzende auf die Angeklagte einredete, sie möge mit dem Gericht reden, ist nicht der unbedingte Wille der Richter, die Angeklagte zu bestrafen, sondern ihr zu helfen. Denn es gibt mehrere Anhaltspunkte, dass die Frau selbst süchtig ist: Sie ist wegen Handels mit Metamphetamin - dies ist der wissenschaftliche Name für das Crystal – vorbestraft. Aus den alten Akten weiß man: Sie hat es früher schon selbst konsumiert. Und nach der kurzzeitigen Verhaftung der Angeklagten wurden ihr einige ihrer langen blonden Haare abgeschnitten. Sie waren stark mit Abbaustoffen des Metamphetamins vergiftet. Die übliche rechtliche Folge wäre eine teure Zwangstherapie im Bezirkskrankenhaus. Doch die Angeklagte ließ sich nicht überzeugen.

Ein Kronzeuge packte aus

Auf die Schliche kam die Bayreuther Kripo der Angeklagten durch einen 28-jährigen Mann, der für die Angeklagte den Drogenkurier gemacht hatte und wöchentlich die Päckchen an die Abnehmer lieferte. Durch die Aussage dieses Mannes weiß die Kripo Liefermengen, Preise und den Umstand, dass die Angeklagte selbst Crystal konsumiert hat. Der Kronzeuge bekam nämlich kein Geld für seine Kurierdienste, sondern „Naturalien“ in Form von Metamphetamin, das er oft gemeinsam mit der Angeklagten eingenommen haben will.

Warum die Angeklagte keine Therapie will? Diese Frage blieb offen. Einen Anlass zur Spekulation liefert der Hinweis der Frau, dass sie erst vor kurzem eine Krebsdiagnose erhalten habe. Der Prozess geht am Dienstag weiter.

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