Eine Million Proben und 80 Leichen

Von Andrea Pauly

Ein Mensch ist krank, leidet unter Schmerzen oder hat eine Wucherung in einem Organ. Professor Michael Vieth und sein Team der Pathologie sind dafür da, herauszufinden, was die Ursache ist. Dafür schauen sie sich Gewebeproben unter dem Mikroskop an - und zwar nicht nur die der Klinikums-Patienten, sondern aus der ganzen Welt. Nirgends sonst werden so viele Magen-Darm-Erkrankungen untersucht wie am Bayreuther Klinikum.

 
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Entzündungen, Mutationen, veränderte Zellen und andere Gründe für Erkrankungen werden in Gewebeproben sichtbar. Dafür wird den Proben die Flüssigkeit entzogen - sie werden in Spezialgeräten getrocknet. Doch manchmal muss es schnell gehen: Dann stehen die Chirurgen im OP und warten auf die Information, ob ein Geschwür bösartig ist. In dem Fall können die Proben auch gefroren und innerhalb von Minuten statt Stunden untersucht werden, sagt Professor Michael Vieth, Direktor und Chefarzt des Instituts für Pathologie am Klinikum.

 

 

 

Vier Mikrometer feine Scheibchen

Diese Gewebeproben werden in einem Block aus Paraffin eingefasst, von dem die Mitarbeiter der Pathologie hauchdünne Scheiben abschneiden. Vier Mikrometer sind diese Scheibchen dünn. "Ein rotes Blutkörperchen ist doppelt so dick", sagt Vieth. Die Abschnitte kommen dann auf einen Objektträger, den die Ärzte unter dem Mikroskop begutachten.

Eine Million Träger pro Jahr

"Die Gewebeproben werden darauf untersucht, ob die normale Struktur erhalten oder verändert ist", sagt Vieth. "Wenn sie verändert ist, dann ist es Aufgabe eines Pathologen, den Grund für die Veränderung zu finden." Die häufigsten Proben, die die Pathologen im Klinikum untersuchen, sind Entzündungen und die Frage nach einem Tumor. Rund eine Million Objektträger untersuchen die Pathologen am Klinikum pro Jahr, davon kommt nicht mal ein Zehntel von den Klinikumspatienten. Denn die Bayreuther haben sich auf Magen- und Darmerkrankungen spezialisiert, diese Proben machen laut Vieth 80 Prozent aus. "Damit sind wir wahrscheinlich die weltwelt größte Pathologie, was den Magen-Darm-Trakt angeht."

Daraus schließt Vieth auch darauf, warum Oberfranken an bestimmten Krankheiten leiden.

Autopsie von Leichen

Zur Pathologie am Klinikum gehört aber auch die Autopsie von Leichen, die eines natürlichen Todes gestorben sind. Denn Pathologen sind keine Rechtsmediziner. Obduziert wird, wenn ein Arzt Sicherheit möchte, woran ein Patient gestorben ist, "an einer Therapie? Haben wir etwas übersehen? Hätten wir etwas anders machen können? Oder gibt es etwas, das damit überhaupt nichts zu tun hat, was wir gefunden oder diagnostiziert haben?"

Wenn keiner zahlt, hat auch keiner Interesse

Die Zahl der Obduktionen ist stark gesunken. "Wenn jemand gestorben ist, ist er nicht mehr Mitglied einer Krankenkasse, und damit ist kein Kostenträger mehr da. Und damit haben auch nur sehr wenig Leute Interesse daran, dass viele Obduktionen durchgeführt werden", sagt Vieth. Weil aber die Todesbescheinigungen nicht immer klare Auskunft über eine Todesursache geben, sind mindestens 25 Prozent Obduktionen gefordert. Diese Zahl bekommt aber auch das Klinikum nicht zusammen. Würde dieser Standard eingehalten, gäbe es rund 250 Obduktionen pro Jahr. Tatsächlich sind es rund 80.

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