Ein Traum von einem Baum Emtmannsberger schlagen ihre Weihnachtsbäume selbst

Von Tobias Köpplinger

In Emtmannsberg darf man sich seinen Weihnachtsbaum selbst suchen, schlagen und abtransportieren. Das macht Spaß und sorgt für eine ganz besondere Beziehung zum Baum.

 
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Der erste Baum ist gar kein Baum. Der erste Baum sind drei. Herrlich dicht gewachsen, rund, gerade und grün. Zusammen. Jeder für sich dürr, eher Waldsterben als Weihnachtsabend. Also weiter. Holger und Kathrin Kreß biegen Äste auseinander, steigen über Wurzeln, begutachten junge Fichten. Sie stehen in einem Waldstück bei Emtmannsberg. Auf dem Waldweg wenige Meter entfernt steht ihr Auto, eines von etwa 25. Viele haben Anhänger mitgebracht oder Dachträger montiert. Holger Kreß hat grüne Wäscheleine dabei. Damit wird er später den Baum aufs Dach falten. Aber nicht diesen. Kathrin Kreß sagt: „Die Astrichtung stimmt auch nicht.“ Also weiter.

Treffpunkt Sportplatz

Holger und Kathrin Kreß sind zwei von gut 60 Menschen, die sich an diesem Samstagmorgen ihren Weihnachtsbaum selbst schneiden wollen. Bei Emtmannsberg ist das möglich, einmal im Jahr lädt der Obst- und Gartenbauverein dazu ein. Treffpunkt ist am Sportplatz, Walter Kremnitz, der Chef der Gartenbauer, erklärt die Spielregeln. Zwei Flächen haben sie ausgesucht, knapp drei Euro für den Meter Baum und: „Wer fertig ist fährt immer gerade aus und kommt zum Glühwein.“ Den gibt es danach und verlieren wollen sie keinen. Kremnitz übernimmt eine Gruppe, die andere fährt hinter Gerhard Steininger her. Er ist Förster der Bayerischen Staatsforsten und sitzt normalerweise in Pegnitz. Aber wenn ihn Walter Kremnitz anruft, kommt er gerne nach Emtmannsberg. Seit Jahren machen die beiden ihre Weihnachtsbaumaktion. Steininger sagt, für ihn sei das eine Art Öffentlichkeitsarbeit. „Den Menschen den Wald näherbringen“, sagt er. Dann lacht er und steigt ein.

Holger und Kathrin Kreß gehören zur Gruppe von Walter Kremnitz. Die beiden wohnen in Bayreuth, kommen zum zweiten Mal zum Weihnachtsbaum-Selber-Schlagen nach Emtmannsberg. Mittlerweile sind sie einige Meter weiter in den Wald gelaufen, haben ein Laubwäldchen rechts liegen gelassen, sind einen Abhang hinunter gestiegen. Nichts. Weiter. Unter einer Fichte knien Monika Soldner und ihr Sohn Niklas. Zu zweit sägen sie an dem armdicken Stamm. „Der Baum ist gleichmäßig gewachsen und hat eine schöne Spitze“, sagt Monika Soldner. Dann tragen sie ihren Baum zurück zur Straße.

Holger und Kathrin Kreß gehen weiter, laufen einen Bogen, verschwinden. Sie werden die letzten sein, die wieder zurück ans Auto kommen. Mit Baum. „Ich finde wir haben jetzt einen schönen Baum“, sagt Kathrin Kreß. Ihr Mann nickt und knotet die Fichte aufs Autodach. Dann fährt die Kolonne los, geradeaus, Richtung Glühwein und Plätzchen.

Schwedenfeuer leuchten

Förster Steininger hat Schwedenfeuer angezündet. Fackeln aus Baumstämmen oben eingeschnitten, dass sie glimmen. Gerhard Steininger sagt, sie machen diese Weihnachtsbaum-Aktion mittlerweile seit fast 25 Jahren und seien die letzten im Umkreis. Im vergangenen Advent mussten sie die Baumaktion verschieben, damals hing zu viel Eis und Schnee an den Ästen. Steininger sagt: „Wer eine Tanne sucht ist hier falsch.“ Die Bäume, die sie schlagen, sind alle wild gewachsene Fichten und Kiefern. Der Wind hat die Samen verstreut. „Naturverjüngung“, sagt Steininger. Trotzdem: schöne Weihnachtsbäume. Und: „Auch der Förster hat Weihnachten eine Fichte daheim“, sagt er und lacht wieder.

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