Ein Schandbaum für Kemnath

Von Wolfgang Hübner und Moritz Kircher
Die Speichersdorfer stellten einen schwarzen Schandbaum für die Kemnather auf, bevor sie daneben ihren eigenen Maibaum errichteten. Foto: Wolfgang Hübner Foto: red

Ein geklauter Maibaum, eine Rückklauaktion, eine nächtliche Auseinandersetzung mit Kettensäge, ein Polizeieinsatz und ein Schandbaum für den Kemnather Burschen- und Madlerverein: In Speichersdorf war rund um den 1. Mai einiges los.

 
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Ein elf Meter hoher schwarzer Schandbaum für die Kemnather auf dem Alt-Speichersdorfer Dorfplatz – damit demonstrierten die Kirwaburschen- und Kirwamadla, was sie vom benachbarten Burschen- und Madlerverein Kemnath und dessen Praktiken rund um das Maibaumklauen halten. Dazu ein satirisches Gedicht, das auf einer schwarzen Tafel am Fuß des Schandbaums angebracht wurde. Da langen die Speichersdorfer ordentlich hin. Von „Kemnather Affen“ ist da die Rede. Und von „Oberpfälzer Abschaum“, der sich nicht um das Brauchtum rund ums Maibaumklauen schere.

Das Schild wurde schließlich aufgestellt

Kevin Schraml, Vorsitzender des Kemnather Burschen- und Madlervereins, hat von der Aktion Wind bekommen und war mit seinem Stellvertreter zum Maibaumaufstellen nach Speichersdorf gefahren. „Wir haben denen klargemacht, dass uns das Schild stört und versucht, Frieden zu schließen.“ Einige hätten Einsicht gezeigt, nicht so der Vorsitzende des Speichersdorfer Burschenvereins „und zwei, drei andere“. Das Schild wurde schließlich aufgestellt.

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Und das Auftreten Schramls schildert Patrick Pfau, Vorsitzender des Speichersdorfer Burschenvereins, ganz anders. Schandbaum und Schandtafel habe dieser eine Frechheit genannt und mit einer Anzeige gedroht. Es habe ein langes Wortgefecht gegeben, dass die Besucher „mit gewisser Belustigung“ zur Kenntnis genommen hätten.

Schraml: "Wir klauen halt früher."

Die Aktion war die angekündigte Retourkutsche der Speichersdorfer. Sie hatten sich darüber geärgert, das die Kemnather ihren Maibaum geklaut hatten und sich dabei aus Speichersdorfer Sicht nicht an die überlieferten Regeln gehalten hätten und zudem völlig überzogene Auslöseforderungen gestellt hätten – was man wiederum in Kemnath ganz anders sieht. Schraml sagt: „Da gibt es verschiedene Regelwerke. Wir klauen halt früher.“ Aber nicht acht, sondern vielleicht zwei Wochen vor dem 1. Mai.

Doch damit nicht genug. Dem Aufstellen des Maibaumes in Speichersdorf ging noch eine nächtliche Aktion voraus, die in einen Polizeieinsatz mündete. In der Absicht, ihren Baum zurückzuholen, hatten sich von Freitag auf Samstag gegen Mitternacht 30 Mann aus Speichersdorf und Wirbenz auf den Weg nach Neusteinreuth gemacht, wo der geklaute Maibaum lagerte. Nach zwei Stunden, in einem unbewachten Augenblick, konnten sie den Baum auf einen Einachsnachläufer legen und abtransportieren, berichtet der Speichersdorfer Vereinsvorsitzende Patrick Pfau.

Baum angesägt, Situation eskaliert

Doch dann hatte das Transportgerät eine Panne, und die Aktion eskalierte. Pfau sagt: „Während ein paar Leute von uns fuhren, um etwas zum Reparieren zu holen, kamen die Jungs vom Burschen- und Madlerverein Kemnath und sägten mit einer Motorsäge den Baum viermal an.“ Kevin Schraml bestätigt den Vorgang. Die Gruppen seien uneins gewesen, ob der Baum sich schon auf Speichersdorfer oder noch auf Kemnather Gemarkung befunden habe. Und dann haben die Kemnather die Motorsäge angelegt.

Es kam zu einer Rangelei. Die Speichersdorfer riefen die Polizei. Eine Streife kam und blieb so lange, bis gegen 3 Uhr in der Nacht der Streit beigelegt war. Die Einigung: Der angesägte und damit unbrauchbare Baum wurde geteilt und jeder bekam eine Hälfte. Keine salomonische Lösung, sondern für beide Seiten nicht viel mehr als eine Brennholztrophäe. Im Nachhinein sagt Schraml, den Baum anzusägen, sei ein Fehler gewesen.

Ein Bier auf den Frieden

Was sie von den Kemnathern hielten, das demonstrierten die Speichersdorfer dann am 30. April mit Schandbaum und Schild. Gleich neben dem Schandbaum stellten die Speichersdorfer Burschen und Madla ihren 30 Meter hohen, bunt geschmückten neuen Maibaum auf.

Kevin Schraml sagt, am Tag nach dem Maibaumaufstellen in Speichersdorf seien er und einige seiner Mitstreiter nach Speichersdorf eingeladen worden. „Wir haben ein Bier miteinander getrunken.“ Auf den Frieden. „Für uns ist die Sache damit beigelegt.“