Gleichzeitig offenbart sich hier das Dilemma, in dem der Verein steckt: „Wir wissen gar nicht mehr wohin mit all den Schreibmaschinen, die uns zugetragen werden“, so Heimler.
Auf der anderen Seite sind die Räume im Waisenhaus nur bedingt für die Lagerung der Bestände geeignet; der Zustand der Zimmer, die dem Verein zur Verfügung stehen, ist sehr unterschiedlich: Teils ordentlich renoviert, teils noch im Muff der 1960er, der 1970er Jahre.
Eine Führung wie eine Zeitreise. Und irgendwie auch symptomatisch für ein Gebäude, das einerseits die Aura einer längst vergangenen Zeit atmet, andererseits auf durchwegs melancholische Art das Vergessen thematisiert, mit dem es ganz augenscheinlich behaftet ist. Denn dieses Bauwerk verdient weitaus mehr Beachtung, als ihm in Bayreuth zuteil wird. Kurz, es ist ein Kleinod, der sich hier hinter Hecken und Bäumen zwischen Ordensschloss und Pflasterzollhaus versteckt. Trotz seiner schlichten inneren Funktionalität. Oder gerade auch deswegen.
Ironischerweise geht es dem Verein ähnlich: Auch er hätte weitaus mehr Aufmerksamkeit verdient, denn das Schreibmaschinenmuseum ist wie auch die Bibliothek ein echter Schatz, der endlich ins rechte Licht zu rücken wäre.
Die Expertin: Ulrike Färber, Architektin, verantwortlich für das Quartiersmanagement St. Georgen
Die Annahme, ein Bauwerk wie das Leers’sche Waisenhaus müsse unter Denkmalschutz stehen, trügt nicht. Doch die Beschreibung, mit der das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege in seiner Denkmalliste aufwartet, ist unerwartet dürr. Das Anwesen wird dort mit gerade mal zwei Zeilen bedacht: „Zweigeschossiger Putzbau mit Sandsteingliederung und Walmdach, barockisierend“. Daneben ist noch das Baujahr aufgeführt sowie die Nutzung, die in dieser Liste noch auf „Deutsches Schreibmaschinenmuseum“ lautet.
„Das Gebäude ist aus Sicht des Denkmalschutzes eben noch nicht auffällig geworden“, meint Ulrike Färber dazu. Dabei biete die Fassade eine reichhaltige Auswahl an Ornamenten und architektonischen Stilmitteln, wie sie für Bauwerke um das beginnende 20. Jahrhundert typisch waren. Wie etwa den verkröpften Giebel mit seiner auf blauem Grund in goldfarbenen Lettern eingelassene Inschrift „Leers’sche Stiftung für arme Waisenkinder“. Oder die aufwendig gestaltete Putzfassade mit ihren kunstvollen Gesimsen und Pilastern. Andererseits, „derartige Gebäude findet man auch in Bayreuth noch zur Genüge“, so Färber.
Schließlich entstanden dank der boomenden Wirtschaft Mitte des 19. Jahrhunderts in vielen Städten neue Viertel. Ganze Straßenzüge im Stil der sogenannten Gründerzeit gibt es zwar in Bayreuth nicht zu bewundern, dafür aber eine Reihe von Funktionsbauten, wie etwa das Richard-Wagner-Gymnasium oder das Markgräfin-Wilhelmine-Gymnasium.
Letztendlich ist auch das Leers’sche Waisenhaus von seiner Raumaufteilung her ein solcher Funktionsbau. Dem entsprechend werde das Gebäude heute „rein gewerblich genutzt, ganz im Sinne der lokalen Ökonomie“, sagt Färber. Die Stadt hat in den zwei oberen Stockwerken auf rund 200 Quadratmetern eine „Gründeretage“ eingerichtet: Büroflächen für Existenzgründer. Ein Konzept, das laut Färber, gut funktioniert. Gleichwohl sieht sie, auf das ganze Anwesen bezogen, „viel Handlungsspielraum bei viel Potenzial“.