Ein Dorf hilft zusammen Meisterleistung der Gemeinschaft

Udo Schuster
Zahlreiche Gläubige und Ehrengäste waren zur 600-Jahr-Feier der kleinen Dorfkirche gekommen.Über einen besonderen Präsentkorb von Pfarrer Christoph Weißmann (links) freute sich Heinrich Bedford-S Foto:  

Riegelstein feiert mit Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm und vielen Gästen den 600. Geburtstag seines Kirchleins St. Georg

 
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Riegelstein - Dass in Riegelstein, einem Dorf mit gerade mal 70 Einwohnern, seit 600 Jahren eine kleine Kirche steht, ist kaum zu glauben. Trotzdem wurde das Kirchlein nie vergessen. Zum Festgottesdienst anlässlich des 600- jährigen Kirchenjubiläums begrüßte der Plecher Ortspfarrer Christoph Weißmann neben vielen Gästen insbesondere Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der seine Jubiläumspredigt an das Evangelium nach Matthäus Kapitel 5 anlehnte. Der Gottesdienst musste aus Platzgründen vor der St. Georgskirche stattfinden. Rund 150 Gläubige feierten das Jubiläum.

Durch die kleine Kirche im Dorf entstand eine enge Verbundenheit mit den umliegenden Ortsteilen. Deshalb gestalteten auch evangelische Christen aus dem Kirchenbauverein und Mitglieder des Kirchenvorstands aus den Dörfern zusammen mit Pfarrer Weißmann den besonderen Festgottesdienst. Mitwirkende waren Annette Böse (Spies), Andrea Lauger (Spies), Angelika Kleiber (Vorsitzende Kirchenbauverein), Horst Schmidt (Kirchenbauverein) und Astrid Steger (Rieglestein).

„Ihr seid das Salz der Erde“

Landesbischof Bedford-Strohm zitierte zu Beginn seiner Predigt aus der Bibel. „Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“

Einen passenderen Bibeltext als diese Passage aus der Bergpredigt Jesu kann man für ein 600-jähriges Kirchenjubiläum kaum finden. Denn diese Worte Jesu sind wichtige Erinnerungsworte nach den 600 Jahren, die es die St. Georgskirche jetzt gibt. „ Für mich sind die Worte aus der Bergpredigt die kraftvollsten Erinnerungsworte“, betonte der Landesbischof in seiner Predigt. Die gute tägliche Arbeit vieler engagierter Menschen in der Kirche drohe angesichts negativer Schlagzeilen in den Hintergrund zu rücken. „Es wird von Kirchenaustritten gesprochen, von drastisch zurückgehenden Finanzen, von Missbrauchsskandalen, welche die Glaubwürdigkeit der Kirche für viele im Kern erschüttert. Da ist es nachvollziehbar, wenn so manchem der Mut verlässt und bei in der Kirche engagierten Menschen zuweilen ein Gefühl der Vergeblichkeit aufkommt, weil all die guten Ideen und Aktivitäten keine Früchte zu zeigen scheinen“, sagte Bedford-Strohm.

Der Geistliche fragte: „Wer sind wir eigentlich? Es ist heilsam, dass wir bei allem Alltagsgeschäft diese Frage immer wieder gestellt bekommen und sie uns auch selbst stellen.“ Nur wenn man das wisse, könne man auch die richtigen Wege dafür finden. Er habe keine Angst um die Zukunft der Kirche. „Heute ist der Kirchenbesuch freiwillig und es besteht kein gesellschaftlicher Zwang wie in den 1950er-Jahren.“ Deshalb müsse man die Zahl der Kirchenbesucher etwas differenzierter sehen. Der Bischof ging auch auf die Opfer der Flutkatastrophen ein. Die Diakonie-Katastrophenhilfe habe durch die große Spendenbereitschaft schon vier Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung stellen können. Viele andere Organisationen hätten Ähnliches getan. Neben den medizinischen, technischen und finanziellen Hilfen bedürfe es aber auch der Hilfe für die Seele. „Hilfe, um mit den traumatischen Bildern und Eindrücken zurechtzukommen. Hilfe, um mit dem Verlust eines lieben Menschen fertigzuwerden oder mit der Ohnmacht, noch immer nicht zu wissen, was mit ihm passiert ist.“ Die Seele brauche Menschen, die zuhörten, die mit weinten. Sie brauche auch Menschen, die anpackten. „Viele tun dies jetzt. Und das meist ohne großes Aufsehen. Sie sind einfach da. Solche  Helfer in der Not gibt es auch hier um Riegelstein. Menschen lassen sich von Gott Kraft geben, stehen einander bei und sind das Salz der Erde und das Licht in der Welt.“

Die musikalische Gestaltung des Festgottesdienstes übernahm eine 30-köpfige Bläserauswahl der beiden Posaunenchöre Betzenstein und Plech. Das Zusammenspiel der Bläser klappte hervorragend.

Freude bei allen Ehrengästen

Betzensteins Bürgermeister Claus Meyer lobte den Kirchenbauverein, ohne dessen Mut sicher hier keine Kirche mehr stehen würde. „Das Gebäude war vor zehn Jahren in einem desolaten Zustand. Schließlich musste sogar die Empore gesperrt werden. Jedem war klar, dass eine Sanierung viel Geld kosten würde.“ Meyer sprach auch für seinen Plecher Amtskollegen Karlheinz Escher. Meyers besonderer Dank galt dem Spieser Historiker Markus Böse, der unzählige Stunden recherchiert habe und rechtzeitig ein Heft über 600 Jahre St. Georg und den Ort fertigstellen konnte.

Ehrengast Werner Wittig, ein Nachfahre der Türriegel, die den Bau der Burg auf dem Berg bei Riegelstein veranlasst hatten, ging ausführlich auf die Ursprünge der Burg und des Ortes ein. „Der Glaube hat einen festen Platz in Riegelstein“, betonte Dekan Markus Rausch aus Pegnitz. Er zitierte den Psalm 127 und freute sich, dass die Bevölkerung es geschafft habe, die kleine Kirche über 600 Jahre zu erhalten.

Landrat Florian Wiedemann war froh, wieder Menschen im persönlichen Kontakt um sich zu haben. Eine Kirche über Generationen zu bewahren, sei eine schwierige Aufgabe. „Es ist hier für viele Menschen eine Glaubensheimat geworden,“ resümierte der Landrat.

Als letzter Redner beschrieb der stellvertretende Vorsitzende des Kirchenbauvereins, Horst Schmidt, wie es zur Vereinsgründung gekommen ist und welche Schwierigkeiten dabei bewältigt werden mussten. „Quasi über Nacht waren wir Besitzer einer baufälligen Kirche geworden.“ Er nannte auch die Schäden dieser Kirche, die niemand haben wollte. Insgesamt kostete die Sanierung 415 000 Euro, betonte Schmidt.

Pfarrer Christoph Weißmann und Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm dankten allen Helfern, die ein solches Kirchenfest ermöglicht hatten. Die Vereinsmitglieder hatten noch für Gäste und Besucher Küchle und Kuchen als To-go-Angebot in Tüten abgepackt. Allein die Familie Dippold aus dem Eibenthal hatte für diesen Zweck über 300 Küchle gebacken. Insgesamt war es ein Fest mit einem Gottesdienst unter freiem Himmel, wie er nicht besser hätte sein können.

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