Ein AfD-Mitglied, das keines war

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Da war die Welt noch in Ordnung: Gerd Kögler (links) und Christian Engel bei der Nominierung für Landtag und Bezirkstag. Inzwischen hat Engel beide Kandidaturen für die AfD zurückgezogen. Er war nicht rechtmäßig Mitglied in der Partei, weil er mindestens rechtlich noch Mitglied der CSU gewesen ist. Foto: red Foto: red

Christian Engel war nur wenige Tage der Bezirkstagskandidat der AfD im Stimmkreis Wunsiedel-Kulmbach, und noch kürzer war er der Landtagskandidat der Partei in Hochfranken. Dann zog der 39-Jährige beide Kandidaturen zurück. Der Grund: Engel war offenbar der AfD beigetreten, ohne seine Parteimitgliedschaft bei der CSU rechtzeitig gekündigt zu haben. Damit war der Bundespolizist, der auch schon Absichten auf ein Vorstandsamt in der AfD Hochfranken öffentlich gemacht hatte, gar nicht mit Mitglied dieser Partei.

 
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Der "Fall Engel" schlägt seither hohe Wellen. Vor allem in internen Diskussionsgruppen der AfD auf Facebook geht es derzeit hart zur Sache. "Herr Engel, an Ihrer Stelle würde ich in mich gehen, meinen Aufnahmeantrag zurücknehmen und mich in der AfD nie mehr sehen lassen", schreibt ein Mitglied. Und weiter: "Mit Ihrem Anstand und Ehrbegriff sind Sie eine Schande für das Berufsbeamtentum. Was Sie geritten hat, werde ich wohl nie verstehen."

Es gärt in der AfD

Es gärt in der AfD, und das gleich in mehreren Kreisverbänden. Von "Betrug" ist die Rede und auch von bewusst unrichtigen Angaben, was die Aufnahme in die Partei angeht. Wer aus einer anderen Partei zur AfD wechseln will, muss mindestens ein Jahr warten, bis er Vollmitglied werden kann.

Als Christian Engel im September 2017 seinen Aufnahmeantrag stellte, gab er an, im September 2016 bereits aus der CSU ausgetreten zu sein. Die CSU bestätigt den Austritt Engels, aber erst zum Februar 2018.

Christian Engel erklärt die Unstimmigkeiten damit, dass seine erste schriftliche Kündigung 2016 an die CSU-Zentrale in München von der Post nicht zugestellt worden sei. "Das war ein bürokratisches Hindernis und wurde zu einer Problematik, die sich weiter fortgesetzt hat."

Engel bestätigt ein Austrittsschreiben von Anfang Februar dieses Jahres, betont aber, das sei der zweite Brief in dieser Sache gewesen.

Mit Fichtelberg nichts zu tun

Warum er rund eineinhalb Jahre von seinem Parteiaustritt der CSU-Fraktion im Fichtelberger Gemeinderat offenbar kein Wort gesagt hat? An dieser Stelle zieht Engel zurück: "Da möchte ich nicht weiter drauf eingehen. Das hat mit Fichtelberg gar nichts zu tun."

Nicht weniger ausweichend antwortet der 39-Jährige auf die Frage, bei welcher Polizeidienststelle er denn arbeitet. "Zum Beruflichen will ich nichts sagen, das möchte ich offen lassen", erklärt er. Aus Kreisen ehemaliger Kollegen ist zu hören, Christian Engel sei seit Jahren schon nicht mehr aktiv im Dienst, erhalte aber volle Bezüge.

Die Direktion der Bundesbereitschaftspolizei in Fuldatal kann aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes keine Aussagen dazu machen. Eine Sprecherin erklärt lediglich: "Herr Engel ist Angehöriger der Bundespolizei." Dass er damit auch im aktiven Dienst ist, sagt sie nicht.

Von der ausgesprochen kontroversen Diskussion über seine Person und die Umstände rund um seinen Mitgliedsantrag in den AfD-Foren will Christian Engel nichts wissen. Georg Hock, AfD-Landesvorstandsmitglied aus Kulmbach, habe ihn ausgeschlossen, sagt Christian Engel gegenüber unserer Zeitung.

Ausschluss gefordert

Dass er dort noch bis vor wenigen Tagen durchaus leidenschaftlich mitdiskutiert hat und mit Kritikern alles andere als freundlich umgegangen ist, lässt Engel aus. Ebenso wie die Tatsache, dass etliche Mitglieder diesen Ausschluss gefordert hatten und dass es nicht Georg Hock gewesen ist, der Christian Engel schließlich von der Forenliste entfernt hat.

Stattdessen erklärt er, wie er sich seinen weiteren Werdegang in der AfD vorstellt. Nachdem der erste Antrag auf Mitgliedschaft nicht zum Tragen gekommen ist, habe er jetzt einen zweiten Anlauf genommen. Fördermitglied will er werden. Das sei so eine "Art Mitgliedschaft light" ohne Stimmrecht, bis seine einjährige Wartezeit nach dem nun offiziell vollzogenen CSU-Austritt vorüber ist.

Wie steht es um seine Pläne, Vorstandsmitglied im Kreisverband Hochfranken zu werden? "Als Fördermitglied kann man nicht gewählt werden. Das ist nur konsequent und eine saubere Lösung."

Erst einmal abwarten

Wie es mit ihm und der AfD nun konkret weitergehen wird, lässt Engel vorerst offen: "Jetzt will ich erst einmal die Bestätigung meiner Mitgliedschaft abwarten. Dann lasse ich es weiterlaufen und sehe, wie es wird."

Dass er jetzt so in die Schusslinie geraten ist, liegt aus Engels Sicht an denen, die bei seinen Kandidaturen gegen ihn angetreten und unterlegen waren. "Der Kreis Kulmbach hat nicht gut abgeschnitten. Beide Kandidaten sind durchgefallen. Dass die darüber nicht glücklich sind, ist klar", erläutert der 39-Jährige die Ursache für allen Ärger aus seiner Sicht.

Die Vorwürfe von Landesvorstandsmitglied Georg Hock, es herrsche eine Art "Raffke-Mentalität", wenn es um wahrscheinlich bald zu verteilende politische Ämter für die AfD in Bayern gehe, weist Engel für sich persönlich zurück. "Hock hat sich für den Landtag beworben, ich für ein Ehrenamt."

Und wieder scheint Christian Engel etwas vergessen zu haben. Er war im Stimmkreis Wunsiedel-Kulmbach in der Tat für das Ehrenamt als Bezirksrat angetreten. Aber eben auch in Hochfranken als Kandidat für den Landtag, der im Herbst gewählt wird.

Gestörte Chemie

Die Chemie zwischen Hock und Engel ist offensichtlich gestört. Daraus macht der 39-Jährige kein Hehl. Wie Hock sich ausdrücke sei grenzwertig, sagt er. "Ich teile seine Positionen nicht. Er ist extrem. Das ist schädigend, was er betreibt."

Aus Christian Engels Sicht ist "Hock ist weit abgedriftet. Die Masse der Mitglieder liegt nicht auf seiner Linie." Christian Engel fühlt sich zu Unrecht angegriffen und macht Georg Hock in erster Linie dafür verantwortlich: "Er will hier Unruhe säen. Aber er benutzt mich doch nur als Spielball. Der will an einen ganz anderen heran. Ich bin nicht sein Primärziel."

Damit bringt Engel den AfD-Kreisvorsitzenden aus Hochfranken ins Spiel. Gerd Kögler hat nicht in seinem eigenen Kreisverband für die Landtagsnominierung kandidiert, sondern in Hocks Domäne Wunsiedel-Kulmbach und gegen ihn gewonnen. Die Landtagskandidatur in Hochfranken hat dann Christian Engel gewonnen, der eigentlich zum Stimmkreis Wunsiedel-Kulmbach gehört.

Vorwurf der Kungelei

Engel hat seinen ersten Wohnsitz in Fichtelberg und einen zweiten in Schirnding, wo er zusammen mit seiner Freundin nach eigenen Angaben hauptsächlich lebt. Wie es zu diesem "Bäumchen wechsel dich" der Kandidaturen gekommen ist, erklärt Engel nicht. Aber eins betont er. Mit einer irgendwie gearteten Verknüpfung mit Gerd Kögler habe das nichts zu tun.

AfD-Mitglieder werfen den beiden hinter vorgehaltener Hand "Kungelei" vor. Christian Engel sagt dazu nur: "Da muss ich lachen."

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