Dunkle Vergangenheit Die Stadthalle mal jenseits des „Guten und Schönen“

Von Michael Weiser
 Foto: red

„Jenseits des Guten und Schönen – unter diesem Motto steht der Tag des Offenen Denkmals am Sonntag 8. September. „Unbequeme Denkmäler“ sollen an diesem Tag vorgestellt werden, Bauen, die wegen ihrer Geschichte nicht zur Erinnerung einladen. Bayreuths vielleicht unbequemstes Denkmal ist die Stadthalle – wegen ihrer Vergangenheit, aber auch der Diskussion um ihre Zukunft.

 
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„Über 150 Quadratmeter groß, eine Vollbühne also.“ Beleuchtungsmeister Georg Klimek ist ein großgewachsener, kräftiger Mann. Doch auf der riesigen, nachtschwarz gestrichenen Fläche der Stadthallenbühne wirkt er unauffällig. Über ihm gähnt der Schnürboden, 22 Meter lichte Höhe. Insgesamt misst der Bühnenturm 27 Meter, er ist so hoch wie ein siebenstöckiges Haus.

Trotz ihrer Größe wird die Bayreuther Stadthalle kaum wahrgenommen, nicht als Denkmal jedenfalls: Man hat sich halt an sie gewöhnt, und eigentlich wirkt sie viel zu lebendig für ein historisches und schützenswertes Gebäude: Es gibt wenige Bayreuther, die mit der Stadthalle nicht ein Erlebnis verbinden. „Die Kurier-Faschingsveranstaltungen fand ich immer schön“, sagt Stadtbaureferent Hans-Dieter Striedl.

Die Bayreuther Stadthalle ist nicht nur ein normales Denkmal, sie ist ein Mehrfachdenkmal: Für die Markgrafenzeit, aber auch für die Visionen der Architekten für den Wiederaufbau nach dem Weltkrieg. Sie ist außerdem unbequem, denn sie erinnert daran, wie mühelos Nachkriegsdeutschland NS-Profiteure rehabilitierte. Hans C. Reissinger hatte nicht nur den Umbau der ehemaligen markgräflichen Reithalle in eine NS-Festhalle geplant, sondern auch die Umgestaltung Bayreuths zur Gauhauptstadt (siehe Tipps unten).

Nach dem Krieg gestaltete Reissinger, zuvor „der kleine Speer“ genannt, bevorzugt Kirchen. Und ab Ende der 50er Jahre eben die Stadthalle, von der nach der Bombardierung Bayreuths nur die Außenmauern stehen geblieben waren. Bei der Ausgestaltung bedachte er auch alte Bekannte: Das schöne Wandgemälde im Vorraum des Balkonsaals schuf Karl-Heinz Dallinger, der bereits die „Goldene Bar“ im „Haus der deutschen Kunst“ gestaltet hatte – Hitlers Prestigebau in München.

Dass Reissinger ein fähiger Architekt war, sieht man bei der Gelegenheit auch: Er gestaltete die Wände im Vestibül und verlieh dem Treppenaufgang hinauf zum Foyer eine luftige, schwebende Anmutung, die man heute, seit der Wiederentdeckung der 50er Jahre, aufs neue zu schätzen weiß. „Die Stadthalle hat einen eigenen Charme, der langsam wieder ansehbar wird“, sagt Striedl. Man kann sich beim Rundgang am Sonntag auch von Reissingers Flexibilität überzeugen: Das verhältnismäßig elegante Design von Vestibül und Foyer unterscheidet sich massiv vom Protzstil, den er für das Gau-Forum vorgesehen hatte.

Unbequem ist die Stadthalle freilich auch in baulicher Hinsicht. Sie muss 48 Jahre nach ihrer Einweihung dringend saniert werden, 2015 soll es los gehen, noch vor Ende des Jahres werden die Ergebnisse eines Architektenwettbewerbes erwartet. Doch schon jetzt steht fest, dass die Denkmalschutzauflagen den Spielraum der Architekten massiv verringern.

Die Holzverkleidung des Großen Hauses müsse bleiben, auch die Ränge, und der Lüster im Foyer wird den Stadthallengästen auch weiterhin Licht spenden, sagt Holger Leverentz von Hochbauamt, der im Zusammenhang mit der Stadthalle gerne von einem Spagat spricht. Der Teppichboden im Foyer (Braun und grün gemustert) dürfte eine Generalsanierung nicht überstehen, auch die Bar – dunkelbraunes Holz, an der Rückwand Delfter Kacheln als Stilbruch – wird vermutlich ein neues Aussehen bekommen. „So wie das jetzt ist, taugt das nicht mehr für die Gastronomie.“ Und die nicht gerade festsaalmäßige Deckenbeleuchtung des Großen Hauses? „Da kann man viel mit LED-Licht machen.“

Viel hängt davon ab, wie viel Geld die Stadt investieren will, um ihre Stadthalle zu einem Multifunktionskulturkongresstourismus-Zentrum umzubauen: Zehn Millionen, zwanzig gar? Auch das gehört zu den unbequemen Eigenschaften eines Großdenkmals mit so viel Geschichte: Wenn da die Handwerker anrücken, wird’s richtig teuer.

Foto: Harbach

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