Drohende Abschiebung „Zuflucht in Selb“ fordert differenziertere Verfahren

Abschiebung – das droht auch der syrischen Familie in Selb. Foto: dpa/Michael Kappeler

Die Mitglieder des Hilfsvereins sind erschüttert über das Schicksal einer syrischen Flüchtlingsfamilie. Die Behörden sollten deren individuelle Situation berücksichtigen.

 
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Selb - Scharf verurteilt haben die Mitglieder des Flüchtlingsunterstützervereins „Zuflucht in Selb“ laut Mitteilung die mögliche Abschiebung einer syrischen Familie mit vier Kindern nach Lettland. Die Familie lebte mit ihren vier minderjährigen Kindern selbstständig in einer eigenen Wohnung in Selb und war gut inte-griert. Der älteste Sohn hatte eine Lehrstelle in Aussicht. Nun wurde die Familie mit einem großen Polizeieinsatz auseinandergerissen und steht vor einer ungewissen Zukunft.

Ungewisse Zukunft

„Das ganze Vorgehen erinnert fatal an eine Abschiebeaktion, die im März 2018 in der Gemeinschaftsunterkunft in Erkersreuth geschehen ist“, meint Vorsitzender Dieter Baumgärtel. Damals war ebenfalls eine fünfköpfige Familie mit zwei Schulkindern und einem Kleinkind abgeschoben worden. Diese Familie wurde über den Flughafen München in einer Nacht- und Nebelaktion in eine ungewisse Zukunft nach Aserbaidschan geflogen.

Nach wie vor sind, wie es in der Mitteilung des Vereins heißt, die bayerischen Behörden, allen voran die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) in Bayreuth, auf einem unerbittlichen, häufig inhumanen Kurs den Flüchtlingen gegenüber. „Sehr bedauerlich und unverständlich ist, dass von der Wirtschaft und der Politik ständig der Mangel an Arbeitskräften und Lehrlingen beklagt wird, und andererseits junge, intelligente und lernfreudige Menschen mit vielseitigen Talenten in eine ungewisse Zukunft abgeschoben werden“, stellt Baumgärtel weiter fest. Es sei zu wünschen, dass im Ankerzentrum Bamberg und bei der ZAB Bayreuth endlich vergleichbare, differenzierte Bescheide wie in anderen Regierungsbezirken oder Bundesländern erlassen werden, die die individuelle Situation der geflüchteten Menschen im Mittelpunkt haben.

Verständnislosigkeit

„Wir hatten in der Gemeinschaftsunterkunft in Erkersreuth Flüchtlinge aus Afghanistan, die nach Frankreich weitergeflohen sind, wo sie mittlerweile anerkannt sind und sich durch eigene Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen“, berichtet Hella Völker, die stellvertretende Vorsitzende von „Zuflucht in Selb“. Es bleibe nur Verständnislosigkeit und Kopfschütteln über die Zwiespältigkeit des Vorgehens der bayerischen und oberfränkischen Behörden.

„Pfund“ für die Gesellschaft

Besonders schlimm sind, wie es weiter heißt, die Auswirkungen auf das seelische Befinden der Kinder der Familien. Die ehrenamtlichen Betreuer der Kindergarten- und Grundschulkinder erlebten täglich, wie schwierig die Situation der Kinder ist. Der Verein „Zuflucht in Selb“ betreut und bezahlt derzeit einen Unterstützungskurs für vier Grundschülerinnen und Grundschüler, um ihnen den Start ins neue Schuljahr zu erleichtern. „Die viel zitierte Hilfe durch das Programm ,Bildung und Teilhabe’ wurde vom Landratsamt Wunsiedel nicht gewährt“, teilt Irene Pohl mit, die zu den Gründungsmitgliedern des Vereins gehört. Dabei sehe man an mehreren Beispielen, dass die Kinder bei guter Unterstützung in der Schule hervorragende Ergebnisse erzielen könnten und in wenigen Jahren „ein richtiges Pfund für unsere Wirtschaft und Gesellschaft sein werden“.

Der Verein „Zuflucht in Selb“ wird den Aktionskreis „Haus am Park“ in seiner Unterschriftensammlung zugunsten der syrischen Familie nach Kräften unterstützen. „Es wäre angebracht und erfreulich, wenn der Druck auf die Behörden auch von verantwortlichen Politikerinnen und Politikern aus der Region käme“, so Vorsitzender Baumgärtel abschließend. red

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