Ersatz-Heroin im Bayreuther Knast
Es verstößt gegen Menschenrechte, wenn heroinabhängigen Häftlingen in Bayern Ersatzstoffe wie Methadon verweigert werden. Das hat jüngst der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden. Die Substituierung von Abhängigen mit Heroinersatzstoff ist Ländersache. Und Gefängnis-Sache: Die Ärzte in den Justizvollzugsanstalten können selbstständig entscheiden, ob sie eine Ersatzdroge ausgeben oder nicht. In der JVA Bayreuth ist das derzeit bei elf Häftlingen der Fall.
Maria-Anna Kerscher ist die stellvertretende Leiterin der Justizvollzugsanstalt Bayreuth. „Wir halten uns ans Gesetz“, und das sieht vor, dass auch in Bayern substituiert werden kann, wenn bestimmte Notwendigkeiten vorliegen. Diese „Notwendigkeiten“ sind dieselben, die für Ärzte gelten, die außerhalb des Strafvollzuges Abhängige substituieren.
Fast ein Drittel ist abhängig
Die Bundesärztekammer sagt, dass es keine gesonderte Richtlinie für die Substitution im Strafvollzug gibt. Aber wenn es um Häftlinge gehe, die vor Haftantritt bereits substituiert worden sind, gelte folgendes: „Bei einem Wechsel in eine Inhaftierung ist die Kontinuität der Behandlung durch die übernehmende Institution sicherzustellen.“ Laut der Gesellschaft für Suchtmedizin sind zurzeit etwa 80.000 Menschen inhaftiert, von ihnen sind 25 bis 30 Prozent abhängig von illegalen Drogen wie Heroin. In Freiheit haben diese Menschen die Chance, mit Ersatzdrogen wie Methadon ein normales Leben ohne Beschaffungsdruck zu führen.
Häftling klagt gegen den Freistaat
In Bundesländern wie Hamburg oder Bremen werden in zunehmendem Maß Häftlinge mit Methadon behandelt. In Bayern hingegen ist das eher die Ausnahme. Deshalb klagte ein Insasse, der in einem bayerischen Gefängnis auf einen kalten Entzug gesetzt wurde. Das EGMR gab ihm Recht: Es sei unmenschlich, einem Inhaftierten einen Ersatzstoff zu verweigern.
In bayerischen Gefängnissen sitzen rund 11.000 Menschen ein. Bis zu 3000 von ihnen sind drogenabhängig. In Bayreuth wurden – Stand Anfang September 2016 – bei 763 Neuzugängen im laufenden Jahr elf Gefangene substituiert. Maria-Anna Kerscher: „Unser Ziel ist die Substanzfreiheit“, die Heroinsucht solle ausgeschlichen werden. Wer substituiert wird, entscheidet der Gefängnis-Arzt.
Erst im Juli gingen etwa 40 Häftlinge in der Würzburger JVA in den Hungerstreik. Viele von ihnen waren drogenabhängig, sie forderten unter anderem ein generelles Methadon-Programm in der JVA. Sie hatten damit keinen Erfolg.