Dringend gesucht: „Lebende Notrufsäulen“ auf Stadt-Streife

Polizeirat Roland Ast (stehend) und Polizeihauptkommissar Jan Weidhaas sprechen über die Einsatzorte künftiger Sicherheitswacht-Mitglieder. Foto: /kst

Die Sicherheitswacht ist ein überaus geachtetes Ehrenamt. Ihre Mitglieder vermitteln den Mitbürgerinnen und Mitbürgern ein Gefühl der Sicherheit. Dennoch sucht die Polizei Marktredwitz wie viele andere Dienststellen händeringend weitere Ehrenamtliche.

 
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Die Polizeiinspektion (PI) Marktredwitz ist auf der Suche nach Ehrenamtlern. Nach Menschen, die sich für die Gemeinschaft engagieren und gleichzeitig ihren Mitmenschen nur durch ihre Präsenz im Stadtbild ein Gefühl von Sicherheit vermitteln wollen. Sie sucht weitere Mitglieder für die Sicherheitswacht. Das gilt übrigens bayernweit, denn Innenminister Joachim Herrmann möchte die Zahl der Sicherheitswachtler im Freistaat ausbauen: von heute etwa 1200 auf 1500 Mitglieder.

Keine „schwarzen Sheriffs“

Und damit sind – das machen Polizeirat Roland Ast, der Leiter der PI, und Polizeihauptkommissar Jan Weidhaas, der zuständige Beamte, deutlich – damit, also, sind keinesfalls Muskelmänner vom Typ Rausschmeißer oder selbst ernannte „schwarze Sheriffs“ gemeint. „Ich habe schon Anforderungen an meine Sicherheitswacht“, sagt Roland Ast. Er möchte „Leuchttürme“, die sich, wenn sie in der Stadt unterwegs sind, der Sorgen und Ängste der Menschen aufnehmen. „Sie sollen sich auch mal mit den Menschen auf eine Bank setzen und ihnen zuhören; halt Dinge tun, für die die Polizisten keine Zeit mehr aufbringen können.“ Zudem seien Polizeibeamte heutzutage, schon wegen des großen Einsatzgebietes, auch nicht mehr zu Fuß unterwegs, sondern im Streifenwagen. Er sehe die Angehörigen der Sicherheitswacht auch als „lebende Notrufsäulen“, die den Bürgern in bestimmten Situationen beistehen.

Bindeglied zur Polizei

Von den Mitgliedern der Sicherheitswacht will der Marktredwitzer Polizeichef, der auch für Selb und Umgebung zuständig ist, nicht, dass sie „eigene Wahrnehmungen melden“. Ast: „Ich wünsche mir normale Bürger, die sich mit anderen Bürgern draußen austauschen.“ Die Mitglieder der Sicherheitswacht seien das Bindeglied zur Polizei, ergänzt Jan Weidhaas. Dazu trage auch das äußere Erscheinungsbild bei. Die Sicherheitswachtler tragen dunkelblaue Poloshirts und Jacken, wahlweise auch Basecaps, und haben am linken Ärmel ein Abzeichen der bayerischen Staatsregierung mit der Aufschrift „Sicherheitswacht“. Gegenüber den Ehrenamtlichen sei die Hemmschwelle der Bürger kleiner, etwas anzusprechen, so die Erfahrung.

Natürlich schickt die Polizei ihre Ehrenamtlichen nicht unvorbereitet auf die Straßen. „Wir wollen die Leute zwar nicht in den Brennpunkten einsetzen“, sagt Roland Ast, „aber es kann ja überall mal etwas vorkommen.“ Und dafür sollen die Mitglieder der Sicherheitswacht möglichst gut gerüstet sein.

Sensibilität und Lebenserfahrung

„Wer zur Sicherheitswacht will und sich meldet, mit dem nehme ich Kontakt auf und führe zunächst ein Gespräch“, berichtet Jan Weidhaas. Eine gewisse Sensibilität und Lebenserfahrung müssten bei den Kandidaten schon da sein; ebenso wie eine gewisse Empathie und Verständnis für Menschen. „Fingerspitzengefühl im Umgang mit anderen“, so Weidhaas, „ist das Entscheidende.“

Wer angenommen wird, absolviert zunächst eine 40-stündige Ausbildung über die Befugnisse, einen Erste-Hilfe-Kurs sowie den den Umgang mit bestimmten Personengruppen und den verschiedenen Kulturen. In einem Abschlussgespräch müssen die Teilnehmer zeigen, dass sie alles verinnerlicht haben. „Auch praktische Beispiele werden dabei durchgespielt. Man muss wissen, wie man mit dem Gegenüber sprechen soll.“ Und Roland Ast ergänzt. „In schwierigen Situationen muss man die Leute beruhigen und auch am Ort des Geschehens halten, bis die Polizei kommt. Wir wollen damit den Blick der Ehrenamtlichen schärfen für bestimmte Situationen und für eine mögliche Personenbeschreibung.“ Der Polizeichef wünscht sich: „Es wäre schön, wenn die Mitglieder der Sicherheitswacht die Sprache des Bürgers verstünden und sprächen.“

Immer zu zweit

Keine Option sind dabei Alleingänge. „Die Leute von der Sicherheitswacht sind immer zu zweit unterwegs. Ich will nicht, dass sie alleine unterwegs sind“, betont der Polizeichef. Das habe wichtige Vorteile: Die beiden könnten sich in schwierigen Situationen beraten, und sie könnten sich gegenseitig sichern. „Einer passt auf den anderen auf – ganz wie bei der Polizei: Einer spricht, einer sichert.“ Haupt-Einsatzgebiete in Marktredwitz seien die (Wochen-)Märkte und im Sommer auch der Auenpark, wenn es abends länger hell ist; allerdings nicht bei Dunkelheit. „Dann sind dort Beamte auf Streife.“ Solche Einsatzzeiten machten die Sicherheitswacht unattraktiv, weiß der Polizeihauptkommissar.

Übrigens: Reich wird keiner, der bei der Sicherheitswacht maximal 31 Stunden im Monat Streife läuft. Die Mitglieder erhalten lediglich eine Aufwandsentschädigung von acht Euro pro Stunde. „Es ist ja schließlich ein Ehrenamt. Wer es wegen des Geldes macht, hat die falsche Einstellung“, bestätigt Jan Weidhaas.

Und Polizeirat Roland Ast bricht überzeugt eine Lanze für dieses „sehr geachtete Ehrenamt“: „Wenn man sich sozial engagieren will für seine Mitbürger und seine Heimatstadt, ist die Sicherheitswacht ein guter Weg, sich vielleicht auch selbst zu verwirklichen und sich selbst zu bestätigen. Das wäre auch für mich ein guter Weg – wenn ich nicht schon bei der Polizei wäre.“

Wer sich für die Sicherheitswacht interessiert, kann sich informieren und melden unter https://www.polizei.bayern.de/wir-ueber-uns/organisation/dienststellen/ 0900414020000.html; oder bei der Polizei Marktredwitz, Telefon 09231/96760.

Die Sicherheitswacht

Was die Sicherheitswacht macht
: Sie soll vor allem in Bereichen Streife gehen, in denen sich die Bürger mehr Präsenz wünschen. Die Ehrenamtlichen stärken mit ihrer sichtbaren Anwesenheit das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung und schrecken gleichzeitig potenzielle Straftäter oder Störenfriede im öffentlichen Raum schon durch ihre „uniformierte“, aufmerksame und wachsame Präsenz ab.Sie sehen hin, wo andere den Blick abwenden und verschließen.Sie hören hin und zu, wo andere nichts hören und nichts wissen wollen.Sie handeln und leisten Hilfe, wo andere wegschauen und sich wegdrehen.

Was die Sicherheitswacht darf
: Sie ist weder Bürgerwehr noch Hilfspolizei. Sie kann und soll die Arbeit der Polizei nicht ersetzen, sondern  ergänzen.Die Ehrenamtlichen haben zunächst die gleichen Rechte wie jeder andere Bürger („Jedermannsrecht“): Sie dürfen einen auf frischer Tat angetroffenen Straftäter bis zum Eintreffen der Polizei festhalten; zudem dürfen sie in Notwehr und Nothilfe für die Mitmenschen handeln.

Wie die Sicherheitswacht ausgestattet ist:
 Die Mitglieder erhalten eine besondere Ausstattung, die sie während des Dienstes mitführen: ein Dienstausweis, ein Digitalfunkgerät, eine Taschenlampe, ein Erst-Hilfe-Set und ein Reizstoffsprühgerät (zur Notwehr).

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