Dramatischer Fehler bei der Landung Flugabsturz in Kulmbach: Verunglückter Pilot war vermutlich zu unerfahren

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Die Unglücksstelle: Am 8. August stürzte das Ultralleichtflugzeug am Kulmbacher Flugplatz ab. Der 60-jährige Pilot, ein Fluganfänger, verunglückte bei der missglückten Landung tödlich. Foto: Archiv/Wittek Foto: red

„Sein letzter Tag führte ihn nach Kulmbach – er ist nicht mehr zurückgekehrt.“ Die Fränkische Fliegerschule Feuerstein trauert um ihren auf dem Verkehrslandeplatz Kulmbach verunglückten Piloten. Die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) in Braunschweig will bis Oktober einen Zwischenbericht dazu vorlegen.

 
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Die Fliegerschule schreibt auf ihrer Internetseite, „tief betroffen und schockiert“ sei die Nachricht von dem „tragischen Flugunfall“ von den Fliegerfreunden aufgenommen worden. Der 60-jährige Pilot war ein promovierter Oberstudienrat, der 2012 die Fluglizenz für Ultraleichtflugzeuge erworben hat. Er wollte in der Fliegerschule bei Ebermannstadt, Landesleistungszentrum in Nordbayern, auch die Berechtigung für Passagierflüge erlangen.

Noch am Tag des Unglücks schickte die BFU einen Beauftragten für Flugunfalluntersuchung nach Kulmbach. „Er hat die Untersuchung eingeleitet und noch am Unfallort Fakten zusammengetragen“, sagt BFU-Sprecher Jens Friedemann. Im Oktober werden die gesicherten Fakten veröffentlicht. Der Sachverständige fasst in einem Zwischenbericht die Folgerungen aus seinen Messungen und Befragungen zusammen. „Wir untersuchen drei Bereiche: die Personen an Bord, die Technik des Flugzeugs und die Umgebung“, erläutert Friedemann. Wie war der Gesundheitszustand des Piloten? Nahm er Medikamente? Besaß er eine gültige Lizenz? Die Fachleute interessieren sich zudem für den technischen Lebenslauf des Fluggeräts: Gab es Vorschäden? In welchem Zustand waren der Motor und die übrigen Bauteile? Eine weitere Rolle spielt das Umfeld des Absturzes. Wie waren die Sicht- und Windverhältnisse? Wie ist die Landebahn beschaffen? Was lässt sich über die Notausrüstung sagen? Dem verunglückten Piloten war es nicht mehr gelungen, das rettende Fallschirmsystem auszulösen.

Fallschirm zwecklos

„In dieser Höhe würde ein Fallschirm nichts nützen“, sagt der Leiter der Flugschule, Michael Kestler, der den Piloten gut kannte. Noch einen Tag bevor dieser nach Kulmbach aufgebrochen ist, trainierte er mit Kestler das Landen. „Das hat alles sehr gut geklappt“, sagt Kestler. Beim Zwischenstopp des 60-Jährigen in Haßfurt mit der zweisitzigen C42 verlief alles problemlos. In Kulmbach ist er laut Zeugenaussagen beim zweiten Landeversuch ins Schlingern geraten. „Dabei hat er dann wohl das Flugzeug überzogen, also die Nase zu steil nach oben gezogen“, sagt Kestler. „Das ist ein dramatischer Fehler.“

Der Pilot habe wenig Flugerfahrung besessen, sei aber nicht riskant geflogen und habe sich gut auf seine Flüge vorbereitet. Weil der erste Landeversuch, bei dem er zu hoch ansetzte, nicht geklappt habe, sei er nervös geworden, vermutet Kestler. „Ihm haben die Routine und die Erfahrung gefehlt“, bedauert der Fluglehrer und Kunstflieger. „Fliegen ist ein Hobby, das sich relativ sicher betreiben lässt. Denn das Risiko ist kalkulierbar. Allerdings ist die menschliche Leistungsfähigkeit unter Stress leider begrenzt.“ Der Verunglückte wurde am Montag beerdigt. Er hinterlässt eine Frau und fünf Kinder.

Unfallursache wird rekonstruiert

Von dem in Brand geratenen Flugzeug ist nach dem Absturz nicht viel übrig geblieben. „Doch man darf sich nicht täuschen lassen. Wir können noch jede Menge herleiten“, sagt Friedemann im Gespräch mit dieser Zeitung. Zwar habe das Feuer möglicherweise Spuren vernichtet. Aber die Stahlteile seien zum Beispiel noch da. „Einige Dinge sind simple Physik“, erläutert Friedemann. Hinweise könnten sich aus der Bewegungsrichtung ergeben, Spuren am Motor und mit Einschränkungen aus dem technischen Zustand des Luftfahrzeugs ergeben.

So etwas wie einen Flugschreiber besitzen Ultraleichtflugzeuge nicht. „Es ist durchaus verbreitet, dass die Piloten ein Satellitennavigationssystem an Bord benutzen.“ Das Navi könne noch wichtige Daten gespeichert haben. Je nachdem, wie sehr es bei dem Unfall zerstört wurde. „Wir konnten tatsächlich schon mit Erfolg Daten aus stark beschädigten Geräten herausholen.“

Die Behörde für Flugunfalluntersuchung gehört zum Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und besteht seit dem 1. September 1998. Ihre Aufgabe ist, Unfälle und Störungen beim Betrieb von zivilen Luftfahrzeugen zu untersuchen. Also solche Flugunglücke, bei denen ein Einwirken von Dritten ausgeschlossen werden kann. Ihre Analyse dient vor allem der künftigen Unfallverhütung. Darüber hinaus gibt die Behörde Sicherheitsempfehlungen für Flieger.

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