Doch keine Wucherpreise für Studenten? Richter will Verfahren wegen geringer Schuld einstellen

Von Peter Engelbrecht
 Foto: red

Überraschende Wende in der Anklage um sechs Fälle von Mietwucher: Amtsrichter Torsten Meyer regte nach zweistündiger Verhandlung an, das Verfahren wegen geringer Schuld einzustellen.

 
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Verteidigung und Staatsanwaltschaft haben nun gut zwei Wochen Zeit, über den Vorschlag nachzudenken. Der 60-jährige Angeklagte hatte sein Reihenhaus in Bayreuth an sieben Studenten vermietet und dafür Kaltmieten pro Quadratmeter von bis zu 21,80 Euro verlangt. Die Staatsanwaltschaft beschuldigte den Mann, die Zwangslage und Unerfahrenheit der jungen Leute ausgenutzt zu haben.

Er hatte mit ihnen im September 2011 Untermietverträge für Einzelzimmer in einer Wohngemeinschaft abgeschlossen. Küche, Wohnzimmer und Bad wurden gemeinschaftlich genutzt. Die Miete sei deutlich über der ortsüblichen Vergleichsmiete gelegen, die 2011 bei Wohnungen ohne gemeinsame Küche und Wohnzimmer bei rund neun Euro pro Quadratmeter kalt gelegen habe, hieß es in der Anklageschrift. 

Gemeinsame Fläche zählt mit

Von den angeklagten sechs Fällen waren im Laufe der Verhandlung noch drei übriggeblieben: Ein Student hatte für sein kleines Zimmer 21,80 Euro pro Quadratmeter kalt zahlen müssen, ein weiterer Student 18,10 Euro und eine Studentin 17,80 Euro. So war es in den schriftlichen Mietverträgen festgelegt, auf die sich die Strafverfolger bezogen. Der Vermieter hatte allerdings argumentiert, man müsse zu den einzelnen Zimmern noch die gemeinsam genutzten Flächen hinzurechnen. Er kam jeweils auf eine Fläche von rund 25 Quadratmetern und damit auf weit geringere Quadratmeterpreise. Die Zimmer seien voll möbliert gewesen, auch die Nutzung von Terrasse und Stellplätzen seien in der Miete eingeschlossen gewesen.

Richter Meyer wunderte sich zwar über Quadratmeterpreise im Reihenhaus zwischen 11,04 und knapp 22 Euro pro Quadratmeter. Der Vermieter erwiderte, er habe die Preise auf die Gesamtfläche von 160 Quadratmetern "heruntergebrochen". Meyer nannte es auch schwierig, die Mietpreise von Studentenwohnungen in Bayreuth zu vergleichen. Verteidiger Matthias Taphorn meinte, es gebe einen gesonderten Mietmarkt für Studenten, keiner der zuvor vernommenen aktuellen und früheren Mieter habe von einem krassen Missverhältnis berichtet.

An der Grenze

Der Richter meinte schließlich, die drei übriggebliebenen Fälle lägen "sehr an der Grenze zum Mietwucher." Einen Gutachter zu beautragen, der die Vergleichsmieten für Wohngemeinschaften ermittelt, bedeute einen erheblichen Aufwand. Der Vermieter sei nicht vorbestraft und habe sicherlich nicht überlegt, dass es den Tatbestand Mietwucher gibt. "In meiner Zeit als Richter ist in den vergangenen zwölf Jahren kein Fall aufgetaucht", sagte Meyer.  Der Prozess wird am 4. März um 13.30 Uhr fortgesetzt.

Symbolbild: pa

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