Diesel: Allergiker gegen Verkehrsbetriebe

Von Thorsten Gütling
Im Stadtbusverkehr sind Busse unterwegs, die längst nicht mehr unterwegs sein dürften, sagt der Bundesvorsitzende der Gesellschaft für seltene Krankenheiten, Heinz Alfred Guth. Foto:Archiv/ Andreas Harbach Foto: red

Heinz Alfred Guth beschwert sich. Darüber, dass im Bayreuther Stadtbusverkehr immer noch Dieselbusse unterwegs sind, obwohl sie das gar nicht mehr sein dürften. Guth verweist auf ein Schreiben der Regierung in dem das stehen soll.

 
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Guth ist Bundesvorsitzender der Deutschen Gesellschaft Multiple-Chemical-Sensitivity, einer Gesellschaft für seltene Krankheiten. In dieser Funktion, sagt Guth, vertrete er Patienten und Behinderte, für die es keine andere Organisation gebe. Guth hat selbst drei Erkrankungen. Er leide unter der Eisenspeicherkrankheit, habe eine Gefäßerkrankung, die ihm eine künstliche Halsschlagader beschert habe und habe mit einer Allergie gegen Formaldehyd zu kämpfen. Und in diesem Kampf erwiesen ihm die Bayreuther Verkehrsbetriebe einen Bärendienst.

Beim Bremsen steigt eine Wolke auf

Formaldehyd entstehe bei unvollständigen Verbrennungsprozessen. Guth sagt, wie etwa eine Million Betroffene in ganz Deutschland, reagiere er zum Beispiel darauf, wenn Fahrzeuge beim Bremsen den am Boden abgelagerten Feinstaub aufwirbelten. Guth sagt, er spüre dann einen Druck im Kopf, weil sich Teile seines Gehirns entzündeten. Und hin und wieder müsse er brechen, was seinen Puls auf ein Maß steigere, das seine künstliche Hauptschlagader platzen lassen könnte. Guth sagt: „Dann bin ich in wenigen Minuten tot.“

Bei Überschreitung: Geldstrafe

Weil er früher als Beamter mit der Qualitätskontrolle in Behörden befasst war, pocht er auf die Einhaltung von Regeln. Als solche bezeichnet Guth den Luftreinhalteplan der Regierung von Oberfranken aus dem Jahr 2006. Darin heißt es: „Zukünftig werden von den städtischen Verkehrsbetrieben nur noch erdgasbetriebene Busse beschafft. Die derzeit noch vorhandenen ,alten’ dieselbetriebenen Fahrzeuge werden voraussichtlich bis 2009 durch erdgasbetriebene Busse abgelöst.“ Guth sagt, es gehe ihm auch darum, die Stadt vor Strafzahlungen an die EU zu bewahren.

Hat eine Klage der Europäischen Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof Erfolg, drohen deutschen Städten Strafen in Höhe von bis zu 10.000 Euro für jeden Tag, an dem die Grenzwerte für Feinstaub überschritten werden.

Stadt: Der Plan wirkt

Soweit wird es aber dank des Luftreinhalteplans für Bayreuth nicht kommen, ist man sich im Rathaus sicher. Joachim Oppold, der Pressesprecher der Stadt, nennt den Plan nämlich durchaus einen Erfolg. Er sagt, im Jahr 2005 habe es 54 Überschreitungen des Feinstaub-Grenzwertes gegeben, der bei 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegt. Seit es den Plan gebe, sei es deutlich seltener als an den erlaubten 35 Tagen im Jahr zu einer Überschreitung gekommen. Oppold sagt: „Eine streng sklavische Umsetzung der damals erarbeiteten Maßnahmen über einen Zeitraum von nahezu 12 Jahren würde wenig Sinn machen, da die technische Weiterentwicklung sauberer Abgastechnologien und sonstiger möglicher Maßnahmen nie abschließend vorherzusagen ist.“

Regierung: „keine verbindliche Verpflichtung“

Diese Lesart bestätigt die Regierung. Deren Sprecher, Jakob Daubner, erklärt, zur Erstellung eines Luftreinhalteplanes sei die Regierung nach häufigen Überschreitungen der Schadstoffwerte verpflichtet gewesen. Die im Plan festgesetzten Maßnahmen seien grundsätzlich umzusetzen. Daubner sagt aber auch: „Die Luftreinhalteplanung ist jedoch nicht als abgeschlossener Prozess zu betrachten. Dies gilt insbesondere mit Blick auf den technologischen Fortschritt. Die Pläne werden bei Bedarf fortgeschrieben“ und enthielten „keine verbindliche Verpflichtung“.

Euro-6-Standard 2006 noch unbekannt

Auf die Anschaffung neuer Dieselbusse nach dem 2006 noch unbekannten Euro-6-Standard und damit auf den technologischen Fortschritt verweisen auch die Verkehrsbetriebe. Dort ist man der Meinung, die Vorgaben des Luftreinhalteplans durchaus erfüllt zu haben. Sprecher Jan Koch sagt, dass heute bereits 22 der insgesamt 36 Busse mit Erdgas betrieben würden. Weitere vier würden voraussichtlich bis Jahresende dazu kommen und die Zahl der Dieselbusse damit von 14 auf zehn sinken. Damit wären in Bayreuth prozentual mehr Erdgasbusse im Einsatz, als in den meisten anderen deutschen Städten. Und die Verkehrsbetriebe hätten sich nicht auf eine Treibstoffart festgelegt. In Bayreuth gebe es schließlich nur eine Erdgastankstelle für Busse.

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