Keine Hilfe für Behinderte
Avilés glaubt, dass sich die Regierung lieber nicht mit den Fanatikern im Dorf anlegen will. „Es ist leichter für die Regierung zu behaupten, dass sie nicht auf Konfrontation gehen wolle.“ Auch Avilés bekam Probleme dieser Weltsicht zu spüren: Die religiösen Führer verhinderten, dass seine behinderte Tochter ärztliche Hilfe erhielt. „Sie verwehrten dem medizinischen Personal, das ihr Medikamente bringen sollte, den Zutritt.“
Die Dissidenten-Gruppe will sich nun nicht mehr alles gefallen lassen. Sie macht die religiösen Führer und die selbst ernannte Gottes-Polizei für Kindesmissbrauch, Drohungen und Morde verantwortlich.
Missbrauch von Kindern
Der 30-jährige Óscar Montero erzählt, ein Priester habe sich an ihm vergangen, als er sieben Jahre alt war. Mindestens zehn ähnliche Fälle seien aktenkundig, sagt er. Aber keine Behörde, keine nationale oder internationale Menschenrechtsorganisation habe bisher ins isolierte Leben der Gemeinde eingegriffen. „In der Gemeinde gibt es mindestens 400 Kinder. Viele von ihnen besitzen noch nicht einmal eine Identität im Geburtenregister - sie existieren offiziell gar nicht“, sagt Montero. „Man verbietet ihnen, zur Schule zu gehen. Sie müssen schuften und sind dem sexuellen Missbrauch ausgesetzt.“
Missbrauchsfälle seien ihr nicht bekannt, sagt die Beauftragte für Religions-Angelegenheiten von Michoacán, Teresita Vega. Allerdings gebe es auch kein Register, das Nueva Jerusalén als religiöse Gemeinde erfasst. „Es gibt das Recht auf Glaubensfreiheit“, sagt sie schlicht. Mit Blick auf die Anzeigen erklärt sie vage: „Es ist kompliziert: Wenn man den Finger auf empfindliche Stellen legen würde, könnten wir damit ein Klima der Gewalt erzeugen.“
Der Gemeindeführer sei schon mehrfach zum Gespräch gebeten worden. Anführer Lara Barajas sei der Einladung bisher aber nicht gefolgt.
dpa