Die Zukunft der Bürgerversammlung

Von Heike Hampl
Bürgerversammlungen müssen nicht im Wirtshaus stattfinden: Es geht, wie hier in Zogenreuth, auch mit Ortstermin. Foto: Klaus Trenz Foto: red

Der Weg ins Rathaus ist heute so kurz wie nie: per E-Mail sind die meisten Bürgermeister schnell erreichbar. Trotzdem gibt es in allen bayerischen Gemeinden noch Bürgerversammlungen. Selbst dort, wo immer weniger Bürger kommen. Warum?

 
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Die Bürgerversammlung ist Pflicht. Die Gemeindeordnung schreibt sie vor. Mindestens einmal im Jahr muss jeder Bürgermeister den Bürgern die Möglichkeit geben, ihre Anliegen vorzutragen. "Wie der Bürgermeister die Versammlung gestaltet, ist ihm überlassen", sagt Wilfried Schober, Sprecher des Bayerischen Gemeindetages. Und deswegen komme es eben auch vor, dass die Bürgerversammlung zur "One-Man-Show" gerät, wie Schober er nennt. Heißt: Der Bürgermeister stellt sich hin und berichtet von seinen Erfolgen. Diskussion? Fehlanzeige.

"Die Menschen warten darauf"

Sybille Pichl, Bürgermeisterin von Eckersdorf, nimmt solche Probleme wahr. Sie hält noch immer in jedem Jahr fünf Treffen ab, in den Ortsteilen, die früher eigenständige Gemeinden waren. Ende November beginnen die Versammlungen. "Die Menschen dort sind es einfach so gewohnt und warten trotz allem schon darauf", sagt Pichl. Gerade die älteren Bürger, sagt sie, würden zu einer zentralen Versammlung im Kernort wohl nicht kommen. "Schon alleine deswegen, weil sie nicht nachts Auto fahren wollen."

Wunsch nach mehr Dialog

Pichl wünscht sich bei den Versammlungen aber mehr Gespräch. Deswegen hat sie ihr Konzept geändert. Bisher hielt sie einen Vortrag, etwa eine Stunde lang. "Die Bürger waren nach meinem Vortrag schon ziemlich müde vom Zuhören", sagt die Bürgermeisterin. Deswegen gibt es den Jahresbericht jetzt schriftlich zu Beginn der Sitzung, Pichl geht nur auf einige Punkte ein und bittet dann zur Gespräch, auch zu umstrittenen Themen wie etwa der Straßenausbaubeitragssatzung (SABS). "Davon erhoffe ich mir mehr Wortmeldungen und rege Diskussionen."

Themen festlegen

Es sei sinnvoll, konkrete Themen zur Diskussion zu stellen, sagt Andreas Gaß, der beim Gemeindetag für Kommunalrecht zuständig ist. "Die Senioren- und Jugendbeauftragten können vor der Versammlung bereits bestimmte Gruppen ansprechen und die Themen und Bedürfnisse klären", sagt er. Auch Gaß bemerkt, dass das Interesse an der Bürgerversammlung in vielen Kommunen sinkt. "Die Digitalisierung bietet andere Formen der Bürgerbeteiligung", sagt er. Aber: "Leider sinkt auch das Interesse der Bürger an dem, was vor ihrer Haustür passiert." Ausnahmen seien vor allem Streitthemen wie der Bau von Windrädern. "Deswegen bietet es sich an, gesonderte Versammlungen zu machen, wenn solche Projekte anstehen."

Versammlung bleibt wichtig

Für Pichl - und viele ihrer Amtskollegen in der Region - bleibt die Bürgerversammlung ein wichtiger Termin. Auch, wenn früher mehr Menschen zu den Treffen gekommen sind. "Die Bürger wollen sich einfach wahrgenommen fühlen", sagt Pichl.

Hans Wittauer, Bürgermeister von Weidenberg, sucht den Weg zu den Bürgern deswegen direkt. Gerade zu denen, die sich mit dem Internet vielleicht nicht so gut auskennen: Wittauer kommt zur Bürgerversammlung ins Altersheim, er hat diese Tradition von seinem Vorgänger übernommen. "Die Teilname dort ist immer rege, es kommen fast alle, die noch mobil sind", sagt Wittauer. 

"Absetzen? Niemals!"

Die zwölf anderen Bürgerversammlungen hält Wittauer mit Leidenschaft, "es ist toll, sich mit den Leuten auszudeutschen", sagt er. Er hat alle Termine schon hinter sich. Nur: In diesem Jahr waren die Bürger nach seinem rund einstündigen recht still. "Das ist von Jahr zu Jahr anders. Aber ich würde mir schone eine rege Diskussion wünschen", sagt Wittauer. Die Termine zu reduzieren, kommt für Wittauer auch nicht infrage. "Das mache ich erst dann, wenn wirklich kein einziger mehr kommt."

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