Die U-Bahn fährt wieder Underground in der Von-Römer-Straße unter neuer Führung geöffnet

Von Anne Müller

Es war einmal eine Bayreuther Kneipe, die in der Fußgängerzone lag und ein buntes, gut gelauntes Publikum ihr Eigen nannte. Der König dieser Kneipe hieß Peter Berneth, er war ein Bayreuther Original und schuf mit seinem Underground zeit seines Lebens ein urgemütliches Eck für Billardbegeisterte, Nachtschwärmer, Homosexuelle und Wagnerianer. Berneths plötzlicher Tod im Februar 2012 traf seine Freunde und Gäste tief, weil damit das Licht im Underground wortwörtlich aus ging. Das Underground fiel in einen Dornröschenschlaf, der zwar keine 100 Jahre dauerte, aber doch seine Zeit.

 
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Christian Schmidt war stets ein guter Freund von Peter Berneth, Stammgast und öfter auch Aushilfe hinter dem Tresen. Sein Blick in die Vergangenheit gleicht der Skizze eines Lebensabschnitts. Weil das Underground für ihn mehr war als nur eine Stammkneipe. Viel mehr. Er erinnert sich besonders an die Stimmung während der Festspielzeit. „Peter kannte sich unglaublich gut mit Wagner und seiner Musik aus und besaß einige Raritäten auf Platten, wie man sie heute nur noch ganz selten findet. Wenn die ,normalen‘ Gäste irgendwann spätnachts gegangen waren, legte er die Aufnahmen auf und fachsimpelte mit den Festspielgästen bis zum Morgengrauen.“

Ein besonderes Wagner-Kleinod

Unter den Festspielgästen sprach sich schnell herum, dass es in der Von-Römer-Straße ein besonderes Kleinod gab. „Es war wirklich irre, wenn am ersten Abend der ,Ring‘-Woche eine Handvoll Leute da waren und am Ende der ,Ring‘-Woche die Kneipe völlig überfüllt war. Die Besucher vom ersten Abend brachten die Menschen mit, die sie bei den anderen Aufführungen kennengelernt hatten, und so setzte sich das fort. Es war total spannend und wunderbar, das mitzuerleben.“

Aber dann war der König plötzlich nicht mehr. „Als ich das letzte Mal im Underground war, war Peter schon verstorben. Alles war wie immer, seine Brille lag auf dem Tresen und man konnte den Eindruck bekommen, dass er jeden Moment zur Tür hereinkommt und ein Bier zapft“, erinnert sich Schmidt. Als die Kneipe dann geschlossen war, habe er mit einem Stück seines Lebens abgeschlossen. „Wenn ich jetzt wieder ins Underground komme, habe ich bestimmt ein komisches Gefühl dabei. Aber ich bin gespannt, wie es weitergeht!“

Denn es geht weiter, ein neuer König hat das Reich übernommen. Seit Juli dieses Jahres brennt in Bayreuths einzigem U-Bahn-Schacht wieder Licht. Der neue Pächter des Undergrounds heißt Rudi Ringlein, ist 76 Jahre alt und kommt ursprünglich aus Aichig. Er war gastronomisch bereits in ganz Bayern aktiv, am Chiemsee, auf der Fraueninsel und kurz vor der Wende auch schon einmal in Bayreuth. Damals betrieb er den Jazzkeller, der ein oder andere wird sich erinnern.

Keine reine Szenekneipe

An seiner neuen Kneipe mag Ringlein besonders, dass seine Gäste „so cool und höflich sind. Wir haben ja offen, bis der letzte Gast geht, für Nachtschwärmer passt das also ideal.“ Er fände es schön, wenn sich „Peters alte Stammgäste weiterhin hier treffen wollen. Eine reine Szenekneipe für Schwule möchten wir aber nicht sein, hier sind alle willkommen.“

Doch was wäre ein Königreich ohne Feen? Seine guten Feen hat Ringlein gleich am Eröffnungswochenende zum diesjährigen Bayreuther Bürgerfest gefunden: die 29-jährige Jurastudentin Katrin Frotscher und Sebastian Ort, 35, Sportlehrer. „Wir kamen durch Zufall hier vorbei und waren ein bisschen enttäuscht, weil nur eine Handvoll Leute da waren. Ich war früher als Jugendlicher oft hier zum Billardspielen und hatte das Underground sehr gemütlich und entspannt in Erinnerung“, sagt Ort.

Den beiden sei schnell klargewesen, „dass Rudi Unterstützung braucht“. Aber sie erkannten auch das Potenzial für künftige Partys. Frotscher: „Egal ob Geburtstagsfeiern oder Partys mit einem DJ, hier ist alles möglich, und es macht einen Riesenspaß, zu überlegen, was wir hier alles auf die Beine stellen können.“ Das Underground ist also erwacht, das Märchen kann weitergehen.


Info: Am kommenden Samstag, 31. August, steigt die erste Party im Underground. Los geht es bei freiem Eintritt ab 22 Uhr.

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