Die RFID-Systeme der Bayreuther Firma Xedion können das viel besser Nie mehr selbst zählen

Von Julia Rau
Extrem flach sind die RFID-Transponder von Xedion. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Schutzkleidung bei der Feuerwehr hält nur 50 Wäschen durch, danach ist sie nicht mehr 100-prozentig feuerfest. Wie erkennt man, welche Hose wie oft gewaschen wurde? „Das ist ein mögliches Einsatzgebiet von RFID“, sagt Guido Kenzlers. Er ist Vorstandsmitglied der Bayreuther Firma Xedion.

 
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RFID steht für "radio-frequency identification", also Identifizierung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen. Xedion verbaut für seine Kunden RFID-Systeme, entwickelt Software und Lesegeräte für alle Funkfrequenzen. RFID-Systeme werden genutzt, um Dinge, die zuvor mit einem Transponder versehen wurden, eindeutig zu identifizieren.

Das Prinzip ähnelt dem von Barcodes. Nur stecken die Daten hier nicht im Strichcode, sondern in einem Transponder. Die Daten liest - anders als beim Strichcode - kein Laser aus, sondern ein Lesegerät mit Funkantenne. Ein Vorteil: Zum Auslesen ist kein Sichtkontakt zwischen Lesegerät und Transponder nötig.

So funktioniert RFID

Um etwas zu scannen, sendet die Antenne eine Funkwelle aus. Mit der Energie der Funkwelle lädt sich der Kondensator im Transponder auf und schickt die Antwort an ein Lesegerät. Das Lesegerät weiß genau, von welchem Transponder die Antwort kam. Denn jeder hat eine eigene Nummer, die nur einmal auf der Welt von dafür zuständigen Institutionen vergeben wird.

„Bei RFID wird nur eine Nummer übertragen, mehr nicht“, sagt Kenzlers. RFID-Transponder sind meist als Aufkleber aufgebracht. Es gibt sie auf Rollen, wie Briefmarken. Diese High-Tech-Etiketten setzen viele Bayreuther Industrie-Unternehmen an ihren Mülltonnen ein. "So erfassen Abfallunternehmen, wie häufig wo geleert wird“, erklärt Kenzlers. Noch, so schätzt er, setzen 80 Prozent der Unternehmen ausschließlich auf Barcodes: „Diese haben sich in vielen Jahren etabliert“. Oder auf Barcodes und RFID.

Xedion hat 42 Mitarbeiter und hält sieben Patente auf RFID-Lösungen. Kenzlers sieht sich als Innovationstreiber. „Wir haben zusammen mit den Neuen Materialien zum Beispiel mal Transponder mit einem besonderen Kunststoffmantel entwickelt. Nur mit Innovation lässt sich Geld verdienen.“

Dabei ist die RFID-Technik nicht neu. Schon im Zweiten Weltkrieg wurde sie benutzt, um aus der Luft Freund von Feind unterscheiden zu können. In den letzten zehn Jahren sei die Technik populärer geworden, „weil jetzt die Transponder nur Cents kosten und nicht mehr fünf Euro das Stück“, wie Kenzlers sagt. Außerdem werde es für Firmen, die effizient produzieren wollen, immer wichtiger, so viel wie möglich in der Produktion nachzuverfolgen.

Ein Armband für die Mitarbeiter

Mit RFID können sie immer sehen, wo wann welches Werkzeug oder Bauteil ist. Sogar um die Handgelenke von Mitarbeitern kann man RFID-Lesearmbänder schnallen, um etwa sofort in die Software zu pflegen, welche Kiste sie im Lager wohin gestellt haben.

Die Herausforderung für die Entwickler liegt darin, Signalstörungen zu minimieren und RFID so zu verbauen, dass Lesegeräte stets den Transponder exakt erfassen können. Die Software zur Datenübermittlung liefert Xedion mit. „Die Signale müssen so übertragen werden, dass eindeutig klar ist, welcher Transponder geantwortet hat“, erklärt Kenzlers. Metall reflektiert die Funkwellen, Wasser absorbiert sie. Probleme, für die Xedion eine Lösung sucht.

In der Industrie wird diese Technik vor allem gebraucht, um Wareneingänge zu erfassen oder Inventar zu verwalten. Denn anders als mit Barcodes kann man mit RFID ganze Gruppen erfassen. "Man fährt eine ganze Palette mit unterschiedlichen Dingen, die alle einen Transponder haben, durch einen Empfänger am Wareneingang und identifiziert in einer Sekunde 2500 Teile.“

„Ohne RFID ist Industrie 4.0 nicht möglich“ ist sich Kenzlers sicher. Tatsächlich gibt es keine adäquate Alternative, wenn man eine selbststeuernde Produktion und Verteilung in einer Fabrik haben möchte. Gerade beim C-Teile-Management gehe es nicht ohne RFID. C-Teile sind kleine Bauteile, wie Schrauben oder Muttern. Die sind für viele Produkte unerlässlich. Xedion hat sich auf die digitale Erfassung von solchen Kleinteilen spezialisiert. Zählen, suchen, nachbestellen: Das, was zuvor zig Lagerarbeiter gemacht haben, übernimmt RFID.

Verkaufsschlager ist das intelligente Regal

„Der Renner ist das intelligente Regal“, sagt Kenzlers. Das habe Xedion tausende Male weltweit verkauft. Drei Jahre hat die Entwicklung gedauert. In den Regalböden sind Antennen und Lesegeräte verbaut; auf jeder Kiste voller C-Teile im Regal ist ein Aufkleber mit einem Transponder. Das Regal liest die Daten aus und weiß, was wo steht. „Wichtig ist hier, dass der Regalboden nur die Kisten erfasst, die auf seiner Höhe sind - und nicht alle im Regal.“ Steht eine Kiste ganz oben, bedeutet das: die Kiste ist leer, eine neue muss nachbestellt werden. 

Die Textilindustrie vernäht Transponder in Kleidungsstücke, um die Bestände zu erfassen, in Autoschlüsseln ist RFID, um nachgemachte Schlüssel vom Original zu unterscheiden, Mediziner setzen RFID-Transponder in Schädel, um Hirndruck zu messen. Das wird möglich, wenn RFID mit Sensortechnik verknüpft wird.

Risikopatienten können auf ihrem mobilen Empfänger sehen, ob der Druck steigt, und gehen erst dann ins Krankenhaus. „Die Leute sind dann nicht mehr ans Krankenhausbett gefesselt“. Ein Xedion-Kunde spritze sogar kleine Transponder in Schuhsohlen, sagt Kenzlers. Nimmt ein potenzieller Käufer den so präparierten Schuh im Laden aus dem Regal, stellen Bildschirme mehr Infos zu dem Schuh bereit. „Das verändert den ganzen Verkauf“, sagt Kenzlers.

Glossar:

RFID: Kurz für "radio-frequency identification", also Identifizierung mit Hilfe elektromagnetischer Wellen. 

Strichcode: Das fast deutsche Wort für den englischen Barcode (bar = Balken). Verschieden breite, parallele Striche ergeben eine optoelektrisch lesbare Schrift. Elektronisch erzeugte Daten werden also mit Hilfe von Strichcode in Licht umgewandelt - und umgekehrt. Zum Auslesen und Weiterverarbeiten der Daten braucht man optische Lesegeräte wie Scanner oder Kameras. Der Begriff Code steht hierbei nicht für Verschlüsselung, sondern für die Abbildung von Daten mit binären Symbolen - also in einer Sprache, die aus Nullen und Einsen besteht.

Transponder: Ein Transponder ist ein Funk-Kommunikationsgerät. Es nimmt eingehende Signale auf, leitet sie weiter oder beantwortet sie. Der Begriff setzt sich aus Transmitter ("Übermittler") und Responder ("Antwortender") zusammen.

Industrie 4.0: Den Begriff hat die Politik erfunden, genauer gesagt der Arbeitskreis eines Forschungsprojekts des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Industrie 4.0 beschreibt die revolutionäre Digitalisierung der Wirtschaft. Grundlage dieser Entwicklung ist die Vernetzung aller Bestandteile einer Produktion mit Software - von Maschinen über Werkzeug bis zum Produkt.