Schicht im Corona-Schnelltest-Zentrum Pegnitz: Negative Tests, positive Stimmung

Kerstin Goetzke
Assistent Stefan Arnold und Abstreicher Hermann Neubig haben die Timer zu den Corona-Schnelltests im Blick. Abgeschirmt von den anderen Wartenden erhalten die Getesteten das Ergebnis ihres Corona-Schnelltests. Foto: Ralf Münch

„Was, schon fertig? So schlimm war es gar nicht!“ Diesen Satz hört das Team des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) an diesem Tag noch öfter. Insgesamt 70 Personen lassen sich am bislang stärksten Tag im Pegnitzer Corona-Schnelltest-Zentrum im Foyer der Wiesweiherhalle testen. Die Redaktion blickte den Ehrenamtlichen über die Schulter.

 
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Pegnitz - Die Stimmung der Rot-Kreuzler vor Dienstbeginn ist gelöst. Auch sie freuen sich, in Zeiten von Kontaktbeschränkungen mal Leute zu treffen. Sie machen Witze und scherzen, während einer von ihnen die Schutzkleidung anlegt: Dazu gehören unter anderem drei Paar blaue Gummihandschuhe. Das erste Paar klebt Hermann Neubig mit Panzertape an seinen Armen fest. Dann folgt das zweite Paar: In den nächsten zwei Stunden wird er es etwa 40 Mal desinfizieren und kurz trocknen lassen. An diesen Handschuhen wird dann auch der gelbe Schutzanzug, den er über seiner BRK-Kleidung trägt, festgeklebt. Zu guter Letzt streift er Handschuhe in der Größe XL über, die er nur ein paar Minuten tragen wird, und setzt sein Gesichtsvisier auf. Seine FFP2-Maske trägt er – wie alle anderen Anwesenden – die ganze Zeit. So empfängt er bereits 20 Minuten vor der offiziellen Öffnung des Foyers der Wiesweiherhalle die erste Probandin, die zum Nasen-Abstrich kommt.

450 Getestete

Nachdem diese sich bei Laura Ansorge angemeldet hat, führt Neubig sie entlang der hölzernen Stellwand zur Testkabine aus weißem Stoff. „Wir sind auf den Datenschutz bedacht und schirmen die Leute, die sich hier testen lassen, bestmöglich von den anderen Menschen ab“, erklärt der stellvertretende Kreisbereitschaftsleiter Bernd Neukam. So kommt es, dass die Probanden sich nur im Wartebereich sehen. Das Testergebnis erhalten sie abseits der anderen Anwesenden einzeln in der großen Halle. „Wir haben es Ihnen hier oben angemarkert“, sagt Cornelia Lottes an diesem Nachmittag diskret genau 70 Mal. An den bisherigen Testtagen seit Karfreitag mit insgesamt 456 getesteten Bürgern ist glücklicherweise noch niemand positiv auf das Coronavirus abgestrichen worden. Auch bei den ehrenamtlichen Helfern, die vor Schichtbeginn ebenfalls getestet werden, hat es bislang noch keinen Hinweis auf eine Infektion gegeben. Ihre Zahlen finden sich aber nicht in der Statistik wieder, sie werden gesondert erfasst.

Als der Pegnitzer Bereitschaftsleiter Tobias Seeser bemerkt, dass gegen 17 Uhr schon mehr zu testende Personen vor Ort sind als erwartet, tätigt er einen Anruf und kleidet sich selbst ein, um an einer zweiten Station Abstriche vorzunehmen. Innerhalb von 20 Minuten ist Julia de la Gala in der Wiesweiherhalle und assistiert ihm. „Ich habe sowieso Urlaub und bin für heute Nachmittag auf Abruf. Zu Hause habe ich ferngesehen, als der Anruf kam“, sagt sie, während sie ein Päckchen mit einem Schnelltest aufreißt und auf die Arbeitsfläche vor sich legt. Wenn Seeser den Nasen-Abstrich an der nächsten Person vorgenommen hat, reicht sie ihm das Röhrchen mit der Flüssigkeit, in das er das lange Wattestäbchen steckt. Danach stellt sie es in ein Metallgerüst der Marke Eigenbau und kümmert sich um den weiteren Ablauf: Flüssigkeit auf die Kassette tropfen, Timer einstellen, andere Uhren überwachen und die zeitlich abgelaufenen Tests auswerten. „Stefan, schau“, sagt sie zu Stefan Arnold, der auf der anderen Seite des Tischs Hermann Neubig assistiert. „Negativ“, sagt er und sie kreuzt das Testergebnis auf dem DIN-A5-Zettel an, bevor sie ihn in die Schachtel legt, von wo ihn Cornelia Lottes abholt. Auf dem Rückweg bringt de la Gala für Seeser das nächste Paar Handschuhe mit und hilft ihm beim Anziehen. Aus Neubigs Kabine nebenan hört sie derweil „Was, schon fertig? Ich dachte, der Abstrich ist schlimmer“ von einem Mann. Als er heraus kommt, entgegnet de la Gala ihm gut gelaunt: „Wir sind darin ausgebildet, den Abstrich extra zärtlich zu machen.“

Obwohl sich vor der Halle viele Pegnitzer anstellen, bleibt das BRK-Team entspannt und lässt sich nicht stressen. „Das hier ist eine ganz andere Arbeit als wenn man mit dem Rettungswagen zu einem Unfall kommt“, erklärt Hermann Neubig, der seit 35 Jahren im Roten Kreuz aktiv ist und schon beide Corona-Schutzimpfungen erhalten hat. Die Getesteten seien sehr nett und brächten Zeit mit. Das erleichtere die Arbeit, sagt er, während er den Stuhl desinfiziert, auf dem gerade noch ein Proband für den Abstrich saß. Und auch die Gemeinschaft in der BRK-Truppe sei gut. Die Helfer stimmen sich bei jedem Einsatz im Test-Zentrum aufeinander ab, weil die Besetzung immer unterschiedlich ist.

Wenn der Abstrich erfolgt ist, begeben sich die Bürger weiter in den Warteraum. Dort stehen mit ausreichend Sicherheitsabstand Stühle bereit, aus einem Lautsprecher kommt Musik und ein paar der Wartenden unterhalten sich. An diesem Nachmittag bemerkt Tobias Seeser, dass die Sitzgelegenheiten schnell belegt sind. Deshalb öffnet er die Tür in Richtung Park, damit die Getesteten in den Ausgangsbereich ausweichen können. Dann erfolgt der Aufruf über den Lautsprecher: „Nummer 232 bitte.“

Sozialdienst hilft mit

Ein paar Meter weiter, hinter der nächsten Trennwand, erhalten die Probanden dann einzeln ihre Testergebnisse. Kornelia Lottes und Siglinde Johne sind eigentlich im Sozialdienst des BRK aktiv und basteln normalerweise mit anderen Frauen für die Oster- und Weihnachtsbasare. Das ist wegen der Pandemie nicht möglich. Und so helfen sie nun bei den Tests: Die eine füllt die Testbescheinigungen in Schönschrift aus, die andere kümmert sich um die Aushändigung an die erleichterten Personen. Einer von ihnen ist Marcus Kopp, der mit seinem Sohn Jannis gekommen ist. „Wir wollen am Samstag ein Fahrrad kaufen, dafür brauchen wir einen negativen Test“, sagt der Pegnitzer, der zum ersten Mal auf das Coronavirus getestet worden ist. „So schlimm war es gar nicht“, gibt er zu. Sein Sohn ist Grundschüler und hatte in dieser Woche schon zwei weitere Tests. Unter den Wartenden befindet sich außerdem Werngard Lanzendörfer. Auch sie wurde an diesem Tag erstmals getestet: „Ich werde bald operiert und will auf Nummer sicher gehen, dass ich nicht infiziert bin“, sagt die Seniorin. Sie meide in der Pandemie die Kontakte zu anderen Menschen weitgehend und gehe nur einkaufen. „Ich finde es super, dass es so viele Freiwillige gibt, die sich um die Testungen kümmern. Es scheint ja doch mit einigem Aufwand verbunden zu sein“, merkt sie an.

Anlass für die Schnelltests von Christina Neidl und Januz Brahimi ist der Besuch der Eltern am Wochenende. „Wir wollen uns versichern, dass wir sie nicht anstecken“, meinen die beiden Auerbacher. Für ihn war dieser erste Nasenabstrich nicht so schlimm wie der Rachenabstrich, den er schon einmal über sich ergehen lassen musste. „Wir finden es gut, dass man hier so anonym behandelt wird und von den anderen Menschen abgeschirmt ist“, sagen sie.

Gegen 18 Uhr wird es erstmals etwas ruhiger vor dem und im Foyer der Wiesweiherhalle. Die ehrenamtlichen Schnelltester können kurz durchatmen und etwas trinken, bevor eine Familie kommt und die Helfer wieder beschäftigt. „Wir haben uns absichtlich gegen eine Terminvereinbarung entschieden“, erklärt Bereitschaftsleiter Seeser. Gerade die älteren Mitbürger hätten Probleme, sich über eine Internetseite anzumelden. „Und wenn man einen Termin hat, möchte man zügig drankommen. Sollte es doch zu Wartezeiten kommen, werden die Leute ungeduldig“, ergänzt Bernd Neukam.

Nachdem eine Stunde später keine Testwilligen mehr zu sehen sind, fangen die Rot-Kreuzler an, ihre Sachen einzupacken, die Arbeitsflächen zu desinfizieren und aufzuräumen. Dafür brauchen sie etwa eine halbe Stunde. Im Bereitschaftsgebäude am Dianafelsen werden sie noch mal eine Dreiviertelstunde benötigen, um die Arbeit zu dokumentieren. Und am Samstagvormittag geht es weiter: Vormittags führen sie 89 Testungen durch; und nachmittags folgen weitere 65 – alle zum Glück negativ.

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