Im Rathaus in Neudrossenfeld existieren noch Entwässerungsverträge für die Reichsautobahn aus der NS-Zeit. „Diese Verträge zum Ableiten von Regenwasser wurden von der damaligen Gemeinde Lindau/Waldau abgeschlossen“, berichtet Bürgermeister Harald Hübner. Über das Lager selbst existieren keine Unterlagen im Gemeindearchiv.
Zeitzeugen erinnern sich
Doch es gibt noch Zeitzeugen in Waldau. Leonhard Ganzleben, Jahrgang 1927 und heute 90 Jahre alt, kann sich an das Lager gut erinnern. Als Bub habe er sich natürlich für „die paar Hundert Arbeiter“ in den schätzungsweise sieben, acht Baracken interessiert. Bagger und Kippwagen auf Schienen seien im Einsatz gewesen, die Arbeiter hätten aber auch viel mit der Schaufel gearbeitet, berichtet der frühere Postbote. Ganzleben kann sich auch an Gefangene erinnern, die unter Aufsicht schuften mussten, es könnten Kriegsgefangene gewesen sein.
Ein weiterer Einwohner, ebenfalls 90 Jahre alt, spricht von „einem großen Lager“ im Gebiet Sandhügel jenseits der Autobahn. Der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, kann sich an Rollwägen erinnern, die von kleinen Dieselloks gezogen wurden. Damit wurde Erdreich transportiert. Ein Teil der Fahrbahn sei bereits betoniert gewesen. „Als der Krieg kam, wurden die Bauarbeiten eingestellt“, schildert der Zeitzeuge. Das Lager habe eine eigene Küche gehabt, doch die Arbeiter seien auch in die beiden Wirtshäuser in Waldau eingekehrt.
Keine Glorifizierung
Michael Kriest, der Betriebswirtschaft sowie Historische Geografie und Denkmalpflege in Bamberg studiert hat, warnt vor einer Glorifizierung des Reichsautobahnbaus durch die Nationalsozialisten. „Das gesamte System war verbrecherisch“, betont er. Ihn interessierte aber, wie Ingenieure und Architekten beim Autobahnbau gearbeitet haben. „Natürlich wurde mit der Reichsautobahn Propaganda betrieben“, stellt er klar. Für sein Buch hatte er alle Brücken, Wasserdurchlässe und Unterführungen im Raum Waldau/Harsdorf vor dem Neubau der A 70 im Jahr 2013/14 fotografiert. Sie wurden einst im Zuge des Reichsautobahnbaus erstellt und später beim Neubau der Autobahn meist neu errichtet.
Doch zwei Unterführungen bei Harsdorf konnten erhalten werden, berichtet Edith Kolarik, Pressesprecherin der Autobahndirektion Nordbayern in Nürnberg. Beide wurden in der Bauform von 1939 verbreitert. Die Haselbachunterführung ist ein mit Naturstein gemauerter Durchlass. eine weitere Unterführung eines Feld- und Waldweges ist ein Bogenbauwerk aus Beton mit Natursteinportal.
Info: Michael Kriest: Die Reichsautobahn, Michael Imhof Verlag Petersberg, 311 Seiten, 49.95 Euro.