Die Jugend drängt ins Handwerk

Von Susanne Will
Die Metzger-Lehre steht ziemlich am unteren Ende der beliebtesten Ausbildungs-Jobs. Der Bayreuther Metzgermeister Helmut Parzen hatte Glück: Sein Sohn Daniel fand damals den Beruf cool und ist jetzt seit einigen Jahren Metzger. Foto: Ritter Foto: red

Seit vier Wochen arbeiten die Azubis des neuen Ausbildungsjahres in ihren Betrieben. An offenen Stellen mangelte es nicht: Bundesweit sind allein im Handwerk über 20 000 Stellen frei. Die Handwerksammer Oberfranken spricht von einem guten Lehrjahr: Im Landkreis wurden 146 neue Lehrverträge abgeschlossen – das sind 24 Prozent mehr als 2015. Trotzdem suchen noch 667 Handwerksfirmen in Oberfranken Azubis.

 
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Auch in Bayreuth sieht es nach Ansicht von Benedikt Helldörfer von der Handwerkskammer in Bayreuth gut aus: 198 junge Menschen lernen gerade im Handwerk. Das ist fast die gleiche Zahl wie 2015 (195). Bei der Handwerkskammer selbst haben drei Azubis ihre Ausbildung begonnen.

Dennoch kommt es auch direkt nach Beginn des Ausbildungsjahres schon zu Auflösungsverträgen. „Manche Azubis treten ihren Ausbildungsplatz gar nicht erst an oder orientieren sich in den ersten Wochen noch um“, so Helldörfer. „Das sind allerdings wenige: In der Stadt wie auch im Landkreis ist die Zahl einstellig.“

Mechatronik auf Platz 1

Die Azubis haben meist klare Vorstellungen, was sie lernen wollen – und so kristallisiert sich eine dementsprechende Hitliste der Wunsch-Lehrstellen heraus. An der Spitze steht der Kraftfahrzeugmechatroniker, gefolgt vom Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik und dem Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

Metzger möchte niemand werden

Ganz unten scheinen Jobs wie Bäcker, Metzger oder Fachverkäufer zu rangieren, denn in diesen Bereichen werden noch dringend Auszubildende gesucht – das gleiche gilt für den Bereich Bau.

Die Zahl, wie viele junge Menschen aktuell noch einen Ausbildungsplatz suchen, kann die Arbeitsagentur momentan nicht angeben – sie fließt erst in die nächste Statistik ein. Im August wurden in Stadt und Landkreis 207 offene Stellen bei der Arbeitsagentur verzeichnet und 74 junge Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchten.

Freie Lehrstellen bei der Handwerkskammer

Infos über freie Lehrstellen in der Region liefert die Online-Lehrstellenbörse der Handwerkskammer (hwk-oberfranken.de/lehrstellenboerse). Dort können sich auch Betriebe registrieren, die noch Azubis suchen.

30 Flüchtlinge neu im Job

Unter den Azubis in Oberfranken sind knapp 30 Flüchtlinge, die seit September im Handwerk arbeiten. Absolut arbeiten 60 Flüchtlinge  derzeit im Handwerk.

Zum 30. September hat auch die Industrie- und Handelskammer neue Azubis eingestellt: 710 wurden in Stadt und Landkreis gezählt. Viele Unternehmen suchen noch Azubis, vor allem im Einzelhandel oder im Hotel- und Gaststättenbereich. Dass dort nur wenige anheuern wollen, liegt an den Arbeitszeiten, sagt die IHK.

Zahl der Abbrecher geht zurück

Auch bei der IHK gibt es Abbrecher, die Zahl derer gehe aber seit Jahren zurück. „Das führen wir vor allem darauf zurück, dass Jugendlich heute in der Regel durch Praktika bereits im Vorfeld herausfinden, ob Beruf und Unternehmen zu ihnen passen“, so IHK-Vizepräsident Oliver Gießübel.

Auch unter den IHK-Azubis in der Region sind Flüchtlinge. Zwei haben ihre Ausbildung begonnen, vier befinden sich in einer Einstiegsqualifizierung. Diese bietet Unternehmen die Möglichkeit, junge Menschen sechs bis zwölf Monate kennenzulernen und an eine Ausbildung heranzuführen. Im gesamten Kammerbezirk sind 17 in Ausbildung, 18 in der Einstiegsqualifizierung. „Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Flüchtlinge in den kommenden Jahren signifikant steigen wird. Denn dann beenden deutlich mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge die zwei Berufsintegrationsjahre an den Berufsschulen“, sagt Gießübel.

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