Die älteste Bayreuther Faschingsgesellschaft Rot-Weiß hat sich aufgelöst Aus für Faschingsgesellschaft Rot-Weiß

Von Katharina Wojczenko
Letzter Höhepunkt: 2015 stellte Rot-Weiß das Bayreuther Prinzenpaar Ann-Kathrin I. und Maik I, Tochter und Schwiegersohn von Präsident Michael Hampel (links). Rechts Mohrenwäsche-Präsident Jürgen Völkel. Foto: Andreas Harbach Foto: red

Sie haben den Bayreuther Faschingsruf erfunden. Am Ende hat es aber nicht mehr gereicht.

 
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Es dauerte Wochen, bis die Nachricht bis zu allen Bayreuther Narren durchsickerte. Das Schreiben an den Fastnacht-Verband Franken datiert vom 3. Oktober. Darin gibt der Vorsitzende Michael Hampel bekannt, dass der Verein sich einstimmig bei einer Mitgliederversammlung aufgelöst hat zum Jahresende die Verbandsmitgliedschaft kündigt.

Damit sind von den vier Bayreuther Faschingsgesellschaften noch drei übrig. Zuletzt soll Rot-Weiß um die 30 Mitglieder gehabt haben.

Über die Gründe will der letzte Präsident nichts sagen

Über die Gründe will der letzte amtierende Präsident Michael Hampel öffentlich nichts sagen. Nur so viel: Die Entscheidung sei schon im Frühjahr gefallen, die Vereinsabwicklung laufe über einen Anwalt. Ist er traurig darüber? Kein Kommentar.

Letztendlich gehen alle Bayreuther Faschingsgesellschaften auf Rot-Weiß zurück. Als es das erste Mal krachte, spaltete sich Schwarz-Weiß ab, später die Mainnixen. In den vergangenen Jahren hatten die Rot-Weißen zu kämpfen: Längst waren sie der kleinste Verein. 2014 starb Präsidentin Irmgard Mösinger, mit 51 Jahren, kurz vor Fasching.

Hampel wollte den Verein retten

Michael Hampel, eigentlich bei den Bayreuther Hexen, sprang ein: "Man kann so einen Verband nicht einfach zugrunde gehen lassen", sagte er damals dem Kurier. Er hatte viel zu tun. Es soll Ärger gegeben haben, finanziellen. Hampel wollte alles neu machen. Einen radikalen Schnitt, neue Kleider, neue Musik. "Wir brauchen ein ordentliches Erscheinungsbild", sagte Hampel.

 

Diese Fotos haben wir aus unserem Bild-Archiv zu Tage gefördert.

 

Das sagen die anderen Vereine

Wirklich überrascht ist bei den anderen Faschingsvereinen niemand, traurig durchaus. "Es ist schade, weil Rot-Weiß der älteste Verein ist", sagt Markus Roßner, Vorsitzender von Schwarz-Weiß. "Wir haben uns die ganzen Jahre gut verstanden, uns gegenseitig besucht, geholfen."

Zum Beispiel, als Rot-Weiß 2015 das Prinzenpaar stellte. "Weil sie keine eigene Prinzengarde hatten, haben wir unsere hingeschickt." Der Verein habe sich trotz beschränkter Mittel im Bayreuther Fasching eingebracht, noch ein Männerballett aufgebaut. Präsident Michael Hampel habe im Verein aber die Unterstützung gefehlt.

"Einen Faschingsverein in Bayreuth zu führen, ist schwierig"

"Einen Verein zu führen ist schwierig, erst recht einen Faschingsverein in Bayreuth. Die Bayreuther sind keine richtigen Faschingsfans, wir können uns nicht mit Köln vergleichen", sagt Roßner.

Und Fasching ist aufwändig. Man brauche nicht nur Garden, sondern auch viele Leute, die bei den Galas mithelfen. Und Geld. Zwischen 300 und 500 Euro kostet ein Kostüm.

Lauter Einzelkämpfer?

"Hampel hat es versucht, aber es hat nicht funktioniert", sagt Günther Seibel, Präsident der Hexen, der Michael Hampel seinen Freund nennt. Über die Gründe will er nicht spekulieren.

Dass Hampel die Hexen verließ, um Präsident der Rot-Weißen zu werden, hat er ihm nicht übel genommen. Im Gegenteil. "Er hatte mich vorher informiert, dass der Verband ihn gebeten hatte, den Verein zu retten."

Heute sagt Seibel: "Der Verein war nicht mehr zu führen." Dass es so endet, "das tut mir leid". "Wenn wir uns zusammengesetzt hätten, wäre vielleicht eine Lösung herausgekommen", sagt Seibel. "Aber bei uns in Bayreuth hat jeder Verein seine eigenen Interessen, statt etwas Gemeinsames auf die Beine zu stellen."

Rheinländer brachten Fasching nach Bayreuth

Am 26. Januar 1949 hatten 44 Exil-Rheinländer den "Rheinländerverein" gegründet. Von der ersten Sitzung im selben Jahr seien die Bayreuther begeistert gewesen, sie sei tagelang Hauptgesprächsstoff gewesen, hieß es auf der vor Jahren abgemeldeten Vereinsinternetseite.

Demnach geht auch der typische Bayreuther Faschingsschrei auf die Rot-Weißen zurück: Aus "Kölle-Bayreuth Alaaf" wurde "Bayreuth Awaaf" - und der Verein umgetauft auf "1. Große Karnevals-Gesellschaft, ehemaliger Rheinländer-Verein". Damit auch die Bayreuther mitmachen konnten.

Erster Rathaussturm, erster Faschingsumzug, Bayreuth awaaf!

1956 gab es das erste Bayreuther Prinzenpaar, den ersten Rathaussturm und den ersten Faschingsumzug am Faschingssonntag. "Der Umzug, die Sitzungen und der Galaabend waren ausverkauft, ganz Bayreuth nahm am närrischen Treiben teil", hieß es auf der alten Homepage.

Zuletzt haben sich die Rot-Weißen kaum mehr im Fasching eingebracht, sagt Mohrenwäscher-Präsident Jürgen Völkel. Mit jeder Abspaltung seien auch Geldgeber abhanden gekommen.

"Alles nur noch Stückwerk"

Schon unter Hampels Vorgängerin Irmgard Mösinger sei es "mehr schlecht als recht" gelaufen, es habe kaum noch Jugendarbeit mehr gegeben. "Da wollte keiner mehr hin, alles war nur noch Stückwerk, veraltet, dem Fasching nicht mehr würdig."

Hampel habe versucht, das Ruder nochmals herumzureißen. "Aber wenn die regieren, die schon immer regiert haben, ist das schwierig." Dass es Rot-Weiß nicht mehr gebe, sei daher "kein Schaden für den Fasching".

 

 

Hintergrund: Die drei übrigen Bayreuther Faschingsgesellschaften im Steckbrief

 

Mohrenwäscher

Gründung: 2006

Mitglieder: 309

Farben: Rot, Blau, Gold

Das macht sie aus: "Wir sind der Faschingsverein für alle", sagt Präsident Jürgen Völkel. "Egal ob jung oder alt, mit oder ohne Handicap, Pappnase und Tanztalent"

Besondere Kennzeichen: eigener Schnaps

 

Schwarz-Weiß

Gründung: 1958

Mitglieder: 370

Farben: ähm, Schwarz-Weiß

Das macht sie aus: "Wir legen viel Wert auf Tanzsport", sagt Vorsitzender Markus Roßner, "unsere Tanzmariechen sind bei Turnieren sehr erfolgreich. Wir hatten einige oberfränkische und fränkische Meister."

Besondere Kennzeichen: Jedes Jahr eine Galasitzung - nicht nur, wenn der Verein das Bayreuther Prinzenpaar stellt. Und sie veranstalten als einzige seit drei Jahren eine Kindersitzung.

 

Hexen

Gründung: 2012

Mitglieder:150

Farben: Schwarz, Rot, Gold

Das macht sie aus: "Wir tanzen aus Spaß, nicht aus Sport", sagt Präsident Günther Seibel, "und wir machen Gesang und Comedy".

Besondere Kennzeichen: ähm, die Hexe

 

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