Der Ort ohne Namen

Von Heike Hampl

Sabrina und Stefan Kastner sind jung, lieben das Landleben und haben eine neue Einöde gegründet - sie wohnen an einem Ort, der nicht mal einen Namen hat.

 
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Zwischen Oberbibrach und Grün stehen ein Schweinestall und ein Kuhstall. Kein Grund also, diesem Ort einen Namen zu geben. Tiere brauchen keine Adresse. Hätten nicht Sabrina (25) und Stefan (29) Kastner vor zwei Jahren beschlossen, hier ein Haus zu bauen. Eine neue Einöde, geschaffen von zwei jungen Leuten, die sich für ein Leben entschieden haben, das altmodisch erscheint - aber nur auf den ersten Blick.

180 Milchkühe

Stefan Kastner hat den Hof seiner Eltern übernommen, der Kuhstall mit seinen rund 180 Tieren gehört ihm. Als seine Eltern den Hof noch betrieben haben, pendelten sie vom Ort zum Stall. Bis heute wohnen die Eltern in Oberbibrach. Mit Mitte 50 haben sie die Landwirtschaft dem Sohn überlassen. Das erscheint früh. "Aber mein Vater musste den Hof als junger Mann übernehmen, der hat genug dafür gearbeitet. Und ich bin fast 30, es war Zeit", sagt Stefan Kastner.

Fanni und die Elternzeit

Die Eltern helfen aus dem Hof noch kräftig mit, Arbeit gibt es genug, ob auf den Feldern oder im Stall. Sabrina Kastner hat sich das Leben auf dem Bauernhof ausgesucht. Sie ist mit Tieren aufgewachsen, begann schon als Mädchen zu reiten. Eigentlich ist sie gelernte Industriekeramikern. Wegen Tochter Fanni, sie ist erst neun Monate alt, ist die junge Mutter in Elternzeit.

Er schüchtern, sie Ratschtante

Seit zehn Jahren sind Sabrina und Stefan Kastner ein Paar. Er ist schüchtern, sie genau das Gegenteil. Und obwohl die beiden sich für ein recht konservatives Leben entschieden haben - Bauernhof, Haus, Kind - sind sie sicher nicht spießig. Regelmäßig gehen sie aus, Babysitter gibt's in der Familie genug. Einsam ist es auf ihrem Hof auch nie, immer wieder kommen Leute aus dem Ort zu Besuch, meistens Familien, denn es gibt neben den Kühen auch noch Ziegen, Hasen, ein Pony und den vermutlichen bravsten Hund in der ganzen Gemeinde Vorbach.

Kein Stadtleben

Sabrina Kastner braucht Leute um sich, "ich bin immer am Ratschen", sagt sie. Und trotzdem ist sie mit dem Leben in der Stadt nicht zurechtgekommen. Während der Ausbildung musste sie zur Blockschule nach Selb, lebte dort in einem Wohnheim. "Es war ganz schlimm", sagt sie. Irgendwann rief sie bei ihrer Mutter an und sagte: "Mama, ich halte es kaum aus. Hier gehen nicht mal Menschen mit Hunden spazieren." Ein Leben ohne Tiere - Sabrina Kastner kann es sich nicht vorstellen.

Fad? Niemals!

Darauf, dass Tochter Fanni auf dem Bauernhof großwerden darf, sind die Kastners schon ein bisschen stolz. Welches Kind lernt dieses Leben heute noch kennen? Die Liebe zu den Tieren sieht man Fanni schon heute an - sie hat ein eigenes Pony, Ringo. Und wenn Mutter Sabrina die Kleine auf den Rücken des Pferdes setzt, gluckst das Mädchen vor Freude. "Die wird mal eine Reiterin", sagt die Mutter voraus. Und bis es so weit ist, kümmert sich Hannah Raab (12) um Ringo - sie ist Sabrina Kastners Patenkind und während der Osterferien zu Besuch. Hannah findet das Leben in der Einöde alles andere als fad: "Ich wünschte, ich hätte auch so einen Bauernhof."