Zwischen Kunst und Spaßguerilla
Schuierers Name wird mit Bayreuth verbunden bleiben. Weil viele Menschen durch seine Schule als Kunsterzieher gingen. Wie auch Stefan Nützel. „Das war schon seltsam. Ich habe ihn erst als Lehrer kennengelernt, dann als Vorsitzenden des Kunstvereins.“ Von 1990 bis 1996 stand Schuierer diesem Verein vor, und Nützel machte damals eine Erfahrung, die ein Künstler gar nicht gerne macht – es sei denn, er sieht im Miniskandal ein Argument zur Verkaufsförderung: Eines seiner Bilder wurde für die Ausstellung des Kunstvereins abgelehnt. „Ich war ausjuriert worden“, erzählt Nützel.
Schuierer habe er gar nicht lange danach abends in der Kneipe getroffen, „da hat er mir erklärt, warum mein Bild nicht in die Gesamtausstellung passte. Das war toll und auch beruhigend, einfach, dass er mir die Gründe erklärt hat“. Offenheit und Ehrlichkeit – das schrieben ihm viele zu, die ihn kannten. Wie Bernd Romankiewitz, der ihm im Kunstverein und wohl schon davor kennengelernt hatte. „Unheimlich nett, hilfsbereit, zuvorkommend. Ein ganz Netter, immer offen für alles.“
Johann Schuierer tauschte sich gerne mit anderen Menschen aus, aber nicht in großer Lautstärke. Seine Werke waren irgendwie ähnlich. Versponnen, verspielt vielleicht, aber nicht von jener Grellheit, die sich immer in den Vordergrund drängt. Sein Wirken ist so ins Bewusstsein der Bayreuther eingewachsen, dass sie so etwas wie ein organischer Teil der Stadt geworden ist, kein Fremdkörper mehr. Man denke an den Brunnen mit den Figuren und dem Wasserrad am Unteren Tor.
Verbunden bleibt Schuierers Name auch mit der Silixen AG. Der „Feuersalamander-Glühwürmchen“-Schriftzug, heute auf dem Kolpinghaus zu finden, ist den Bayreuthern ans Herz gewachsen. Und die Silixen AG machte noch mehr. 2013 etwa, man steuerte gerade auf den 250. Geburtstag des Jean Paul zu, ließen die Silixens den „Seidenpudelspitz“ von der Leine. Während man vermutlich darüber streiten kann, welches der Kunstwerke an und in und um die Friedrichstraße herum damals besonders geglückt gewesen sei, bleibt eines klar: Der „Seidenpudelspitz“ nahm mit den Mitteln der Kunst Besitz von einem wichtigen Teil der Stadt.
Und, noch wichtiger: Silixen hatte die Bayreuther dazu eingeladen, diesen Teil mit in Besitz zu nehmen. Indem sie die wohlbekannte Friedrichstraße neu entdecken und sich damit ein Stück öffentlichen Raums zurückerobern konnten. Die Veranstaltungen an zwei Wochenenden im bitterkalten März 2013 wurden ein veritabler Erfolg. Es war eine typische Schuierer-Aktion. Irgendwo zwischen Kunst und Spaßguerilla, eine friedliche Eroberung, ein Jux mit einem ernsten Tenor.
Es ging Schuierer um das Miteinander, darum, wie man aus einer Stadt der Teile eine Stadt der Teilhabe macht. Dem Spieltrieb im so genannten öffentlichen Raum die Zügel schießen zu lassen, war für Schuierer ein probates Mittel. Ob’s nun nachhaltig war, finanziell erfolgreich, ob’s klappte oder nicht – egal. Vielleicht tat Schuierer damit mehr, den Anspruch einer Kulturstadt zu erfüllen, als mancher wahrhaben wollte.
Schockiert äußerten sich gestern daher auch seine Mitspieler von Silixen. „Ich verliere einen ganz wichtigen Freund, einen von der Art, wie es sie nur selten gibt“, sagt Christa Pawlofsky. „Er hat immer gesagt, dass die Gruppe mehr ist als die Summe ihrer Teile.“ „Er war mein Alter Ego“, sagt Werner Geister, „mein Freund, mein Kollege, mein Kritiker.“
Schuierer ließ sich gerne überraschen und amüsieren. „Das ist ja witzig“, rief er dann aus. Geister sieht darin einen Beleg für die pragmatische Haltung seines Freundes: „Es muss Spaß machen. Und mehr muss man nicht drin sehen. Da war er realistisch.“