Der letzte Kampf ihrer Tochter Wie die Eltern von Kickbox-Queen Christine Theiss mitfiebern

Von Michael Weiser

Revanche gegen Olga Stavrova will heute Abend Bayreuths Kickbox-Legende Christine Theiss nehmen. Auf den Kampf in der Oberfrankenhalle freuen sich nicht nur Tausende Sportfans, sondern auch ihre Eltern Gisela und Wolfgang Hennig – weil es der letzte Kampf ihrer Tochter ist.

 
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An der Wand der Praxis von Wolfgang Hennig (62) an der Bahnhofsstraße hängen Fotos: Christine noch als junges Mädchen, Christine als harte Fighterin mit Muskeln, deren Relief keine Fettschicht verschleiert. Auf seinem Laptop hat er Tausende weiterer Fotos seiner Tochter. Er hat sie selbst geschossen, während sich seine Tochter im Ring mit ihren Kontrahentinnen gemessen hat. „Ich verstecke mich hinter meiner Kamera", gesteht der Mediziner. Eine Profi-Ausstattung hat er. „Ich bin mitgewachsen in 20 Kämpfen."

Ein anderes Foto zeigt die erfolgreichste Kickboxerin der Welt am Morgen nach einem Kampf im Frühstücksraum eines Berliner Hotels. Die blonden Haare fallen weich auf die Schultern, eine junge Frau mit scharf geschnittenen Gesichtszügen. „Schauen Sie, wie Christine aussieht, wo andere lauter blaue Flecken hätten", sagt Wolfgang Hennig.

So reibungslos laufen Kämpfe nicht immer. Christine Theiss kam mit wenigen Verletzungen davon, anders als ihr Bruder Ludwig, der als Fußballtorwart immer wieder Blessuren wegstecken musste. Doch im Juni fand sie ihre Meisterin in Olga Stavrova aus Russland. Christine Theiss verlor am Ende den Kampf und einen Weltmeistertitel.

Schlimmer noch für ihre Eltern war jedoch die fünfte Runde, als ihre Tochter auf die Bretter geschickt wurde. „Sie hat sich wieder aufgerappelt, aber der Kampf hätte abgebrochen werden müssen", sagt ihre Mutter Gisela (57). Von einer „Situation, an die ich mich erst gewöhnen muss", sprach seinerzeit ihre von Treffern gezeichnete Tochter. „Furchtbar war das", sagt der Vater. „Wir waren geschockt." Es sieht aus, als ob nicht nur die Kickbox-Queen, sondern auch ihre Eltern diesen Niederschlag überwinden müssen. Am besten in dieser Nacht, mit einem Sieg.

Eltern zittern schon jetzt

Heute Nachmittag gegen drei Uhr werden Gisela und Wolfgang Hennig ihre Praxen zusperren. Ein bisschen runterkommen, den Kopf frei bekommen für den letzten Kampf ihrer Tochter. Gegen sechs Uhr werden sie sich in der Oberfrankenhalle einfinden, einen Showkampf ansehen, den Sportkumpels von Christine vom Dojo Aleksandar in Bayreuth veranstalten. Dann werden die beiden die Vorkämpfe anschauen, schon aus Fairness. „Die Kämpfer haben schließlich auch trainiert", sagt Gisela Hennig.

Gegen viertel nach Elf folgt dann der Höhepunkt. Ab diesem Zeitpunkt überträgt Sat1. Und dann steigt ihre Tochter in den Ring. „Sie ist diszipliniert und ehrgeizig", sagt die Mutter. „Sie kann sich auf den Punkt konzentrieren", sagt der Vater. Christine Theiss hat hart trainiert, hat drei Kilos abgenommen. „Dabei hatte sie ohnehin kein Fett", sagt der Vater. Gequält hat sich die Tochter, kasteit, und alles, um sich zu revanchieren. Gegen eine kleinere Frau, „die dreinschaut wie ein Lämmchen, die man aber nicht unterschätzen darf", wie die Mutter sagt. Christine Theiss will ihre Karriere krönen. „Ich höre nicht geschlagen auf" – das hatte sie gleich nach ihrer Niederlage verkündet.

„Ich war die ganze Zeit ganz schön nervös", sagt Gisela Hennig. „Bis ich gesehen habe, wie fokussiert Christine ist." Wenn dann dieser letzte Kampf zu Ende sein wird, was ist dann? Gisela Hennig schließt die Augen und atmet schwer aus. „Sie wird dann ein normales Leben führen, auch mal essen, was ihr gefällt, und dazu ein Glas Wein trinken." „Dick wird sie trotzdem nicht werden", beruhigt Wolfgang Hennig.

Feiern werden die Hennigs vermutlich also schon in dieser Nacht. Schon weil es der letzte Kampf ist, schon, weil sie dann keine Angst mehr um ihre Tochter haben müssen. „Und wenn Christine gewinnt, dann haben wir einen zweifachen Grund dazu", sagt ihr Vater.

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