Der Fall des Labradors „Smoky“ zeigt, wie selbst ernannte Tierschützer knapp an Straftatbeständen vorbeischrammen Entführung eines Hundes vor Gericht

Von Manfred Scherer
Foto: Arne Dedert, dpa Foto: red

In einem Nürnberger Vorort verschwindet ein Hund aus einem Vorgarten. Das Tier wird bei einem Mann im Landkreis Bayreuth beschlagnahmt. Der 45-Jährige wird vor Gericht gestellt. Der Vorwurf lautet Hehlerei. Im Prozess ergibt sich, dass der Hund von selbst ernannten Tierschützern "gerettet" worden sein könnte. Ist eine solche "Rettung" einem Diebstahl gleichzusetzen?

 
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1000 Euro hatte der Labrador-Welpe "Smoky" gekostet. Sein Frauchen, eine 18-Jährige aus Stein bei Nürnberg, hatte ihm ein schönes Geschirr gekauft. Am 10. August vergangenen Jahres kam die junge Frau um 22.30 Uhr am Abend nach Hause. Und "Smoky" war weg.

"Als ich heimkam, war er aus dem Garten geklaut", sagt die junge Frau als Zeugin beim Bayreuther Strafrichter Torsten Meyer aus. Sie hatte damals auch gleich einen Verdacht: "Wir hatten eine Nachbarin, die eine Problem damit hatte, dass der Hund zu viel im Garten war." Sie meint damit: "Mein Hund wurde gestohlen, weil jemand der Meinung war, dass wir ihn falsch gehalten haben."

"Er hat mich wiedererkannt"

Nach einer Woche bekam die junge Frau "Smoky" zurück. "Er hat mich wiedererkannt." Die Tränen, die sie nach ihrer Aussage weinte, könnten Tränen der Erleichterung sein, aber auch Tränen der Wut. Eine Internetrecherche hatte die Besitzerin und die Polizei auf die Spur von "Smoky" gebracht: Ein Foto von "Smoky" auf einem Anwesen im Landkreis Bayreuth. Ein Ermittler der Polizeiinspektion Bayreuth-Land kannte die Örtlichkeit: "Wir wussten, wer derart auffällige Blumenkübel hat."

Der Welpe aus Stein war zu einer hiesigen Tierschützerin gelangt, die den Hund an den Angeklagten weitervermittelte. Die Polizei fand bei ihr das Geschirr von "Smoky", so dass die Frau nicht abstreiten konnte, mit dem Fall zu tun gehabt zu haben. Und sie sorgte mittelbar dafür verantwortlich, dass es überhaupt zur Anklage wegen Hehlerei gegen den 45-Jährigen kam. Denn beim Besuch der Polizei sagte sie zunächst aus, sie habe dem neuen Hundebesitzer erklärt, er dürfe mit "Smoky" nicht zum Tierarzt: Das Tier trage einen Chip und sei gestohlen. Der Ermittler erklärte als Zeuge vor Gericht: "Sie hat dann danach bei uns angerufen und erklärt, dass sie diese Aussage zurückzieht und nicht vor Gericht aussagen werde. Denn sie will dem neuen Besitzer keinen Ärger machen." Die Tierschützerin habe beteuert, es sei ihr allein um das Wohl des Hundes gegangen, erklärte der Polizist als Zeuge.

Entführerin oder Diebin oder Retterin?

Doch wie kam der Hund überhaupt in den Landkreis Bayreuth? In Nürnberg wurde gegen eine mutmaßliche Entführerin/Diebin/Retterin ermittelt, die jedoch nicht mit der besorgten Nachbarin identisch ist. Diese mutmaßliche Diebin hatte der Polizei erklärt, "Smoky" sei "nicht artgerecht" gehalten worden. Der Ermittler der Bayreuther Landpolizei sagte dazu: "Es gibt Leute, die meinen, Hunde müssten bei ihren Menschen im Haus leben." In Nürnberg wurde das Strafverfahren gegen die Entführerin/Diebin/Retterin eingestellt.

Im Prozess in Bayreuth meint Jürgen Koch, der Verteidiger des kurzzeitigen "Smoky"-Besitzers, das Verfahren gegen seinen Mandanten müsse ebenfalls eingestellt werden. Da trifft er beim Richter auf offene Ohren. Torsten Meyer stellt in Frage, ob bei der Tierretterin und bei dem Angeklagten eine für Diebstahl oder Hehlerei notwendige Bereicherungsabsicht vorgelegen haben: "Beiden haben doch wohl eher geglaubt, dass es sich um eine Tierrettung handelt." Das Verfahren wurde wegen geringer Schuld eingestellt.

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