Das THW: Mittendrin, statt nur dabei Die Hilfe steht im Namen

Kerstin Goetzke
Christian Bickel ist seit 2007 im THW Pegnitz. Drei Jahre später wurde der Quereinsteiger Ortsbeauftragter. Neben dem großen Tisch im Schulungsraum am Dianafelsen findet sich dieses Modell, das verschiedene Aufgaben des THW zeigt. Foto: Kerstin Goetzke

Einblicke in das Technische Hilfswerk Pegnitz und dessen Aufgaben – Helfer sind bei Ahrweiler im Einsatz

 
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Pegnitz - Christian Bickel ist mit „dem Virus“ infiziert, aber nicht positiv getestet. Mit „dem Virus“ meint er nicht Corona, sondern seine Leidenschaft für das Technische Hilfswerk (THW).

„Ich wusste gar nicht, was das THW ist, als der frühere Ortsbeauftragte Rudolf Unger mal ein Stromaggregat bei meinem früheren Arbeitgeber gekauft hat und gesagt hat, ich solle mal vorbei kommen und den Kameraden zeigen, wie es funktioniert“, sagt Bickel. Zu Einsätzen wollte er eigentlich nicht ausrücken, weil er oft Rufbereitschaft für das Bayernwerk hatte. Er ging davon aus, dass sich Ehrenamt und Arbeit überschneiden würden.

Inzwischen ist er seit 14 Jahren dabei und hat Unger 2010 als Ortsbeauftragten „beerbt“. „Das Virus hat zugeschlagen und mich gefangen genommen“, erklärt der Quereinsteiger und lächelt. Ihm gefalle es, dass die Kameradschaft im THW so gut sei und man von den anderen Mitgliedern so viel lernen könne. Man sei immer im Austausch und es gebe Anerkennung für die geleistete Arbeit. „Es sind diese Erfolgsmomente, die Spaß machen. Deshalb bin ich geblieben“, so der 56-Jährige weiter.

Die Aufgaben des THW – es ist eine Bundesanstalt, oberster Dienstherr ist Innenminister Horst Seehofer – sind vielfältig: bei Unfällen, wie vergangene Woche auf der Autobahn als dort in den Morgenstunden ein Lastwagen umgekippt ist, wird das Einsatzgebiet ausgeleuchtet, Menschen geborgen oder Verkehrsabsicherungen übernommen. Auch der Polizei, der Feuerwehr oder den Sachverständigen wird zugearbeitet. Bei Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, baut das Technische Hilfswerk unter anderem Stege und Brücken, füllt Sandsäcke ab, baut Infrastruktur wieder auf oder pumpt Wasser ab. „Wir haben eine Hochleistungs-Schmutzwasser-Pumpe, die 5000 Liter pro Minute befördern kann“, erklärt Bickel. Der Pegnitzer Ortsverband setzt auf mehrere kleine Pumpen, kann bei Bedarf insgesamt 23 000 Liter pro Minute abpumpen. Seit dem Wochenende sind vier Pegnitzer Helfer mit zwei Fahrzeugen bei Ahrweiler im Einsatz, tagelang waren sie in Bereitschaft um auszurücken.

Auch beim Flugzeugabsturz im Dezember bei Buchau halfen die THW-Mitglieder bei der Bergung der Trümmer. Außerdem lagerten Flugschreiber und andere elektronische Dinge in ihrer Halle. Und beim Brand des Cabriosol kümmerten sie sich um die Verpflegung der anderen Helfer. „Wir haben hier am Dianafelsen Eintopf gekocht und das Essen dann am Einsatzort verteilt“, berichtet der Ortsbeauftragte.

Mehr Einsätze wegen Corona

Pro Jahr kommt die Pegnitzer Ortsgruppe normalerweise auf 60 bis 70 Einsätze. Die Helfer kommen dabei aus einem größeren Einzugsgebiet: Beispielsweise aus Auerbach, Creußen, Glashütten. „Durch die Pandemie läuft das aus dem Ruder, weil wir zu Beginn des Impfzentrums dort in der Verwaltung geholfen haben und auch Materialfahrten übernehmen“, so der Ortschef weiter.

Die Pegnitzer Truppe hat sich auf zwei Fachbereiche spezialisiert: Elektro und Infrastruktur. Insgesamt gibt es im THW 13 Fachgruppen, dazu gehören unter anderem Sprengen, Brückenbau und Trinkwasser. „Man kann sich die Fachgruppen nicht aussuchen, sie werden gleichmäßig verteilt“, kommentiert Bickel. Die modulare Ausstattung des THW erleichtere das übergreifende Arbeiten, vor allem bei Großschadensereignissen. So könne jeder THW‘ler bei Bedarf mit der Ausrüstung der anderen arbeiten und schnell agieren.

Wegen der Corona-Pandemie waren die Praxisübungen allerdings auf ein Minimum reduziert. Die rund 35 Ehrenamtlichen durften nur in Vierergruppen üben, was für die Ausbilder einen deutlichen Mehraufwand bedeutete. Der Theorie-Unterricht wurde ins Internet verlagert. Mittwochs haben sich die Helfer für zwei bis zweieinhalb Stunden online getroffen und sich danach ausgetauscht. Inzwischen finden die Online-Treffs nur noch alle zwei Wochen statt, berichtet Bickel.

Während des Interviews schauen ein paar Ehrenamtliche im Unterrichtsraum vorbei, grüßen und sprechen kurz mit ihm: Über den Einsatz der Nacht oder auch über Privates. „Das ist die soziale Komponente: Wenn man unterwegs ist, schaut man halt mal schnell vorbei, irgendwen trifft man immer, mit dem man sich unterhalten kann“, sagt der Ortsbeauftragte augenzwinkernd. „Aus ,mal schnell‘ können dann aber auch zwei Stunden werden. Das macht die Gemeinschaft aus.“

Wer Kontakt zum THW Pegnitz aufnehmen möchte, kann sich per Mail unter ov-pegnitz@thw.de melden.

Der Ortsverband Pegnitz des Technischen Hilfswerks ist 1962 gegründet worden. Die verschiedenen Fachgruppen haben sich erst mit der Zeit gebildet. Später wurden Zivilschutz, Luftschutzhilfsdienst und THW zusammengeschlossen und in eine Organisation integriert.

Das Domizil am Dianafelsen wurde 2004 bezogen, vorher residierten die ehrenamtlichen Helfer am Kleinen Johannes in Pegnitz. Das ehemalige THW-Gebäude unterhalb des Erwein-Stollens besteht nicht mehr, es wich vor ein paar Jahren einem Parkplatz von KSB. Bundesweit ist das THW im Jahr 1950 aus der Taufe gehoben worden, die erste Indienststellung folgte 1953. Die Grundzüge des Technischen Hilfswerks gehen bis 1919 zurück, als sich nach dem Ersten Weltkrieg die Technische Nothilfe formierte, um die Infrastruktur in Deutschland aufrecht zu erhalten, weiß der jetzige THW-Ortsbeauftragte Christian Bickel. kgoe

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