Thema Freihandel: Kein großer Wurf

Von Detlef Drewes

Das Chlorhuhn hat ausgedient. Als Symbol für den notwendigen Widerstand gegen das europäisch-amerikanische Freihandelsabkommen ist das Produkt nicht mehr zu gebrauchen. Mehr noch: Wer sich an die Substanz der Vereinbarung heranwagt, wird feststellen, dass die Zuspitzung auf ein Lebensmittel sogar die Gefahr birgt, die wirklich wesentlichen Dinge zu übersehen. Tatsächlich befinden sich Europäer wie Amerikaner auf einer Art Entdeckungsreise zu den Unterschieden zwischen beiden Seiten.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Da ist auf der einen Seite die EU, die der Mentalität ihrer Einwohner entsprechend eher vorausschauend agiert und schon mal verbietet, was gesundheitsgefährdend sein könnte. Die USA glauben das erst, wenn wissenschaftliche Gutachten dies belegen. Dabei werde der Verbraucher zum Versuchskaninchen, heißt es. Falsch ist das nicht. Doch diese unterschiedlichen Denkweisen bewirken auch, dass man sich bei einer Vielzahl von Bestimmungen, die man harmonisieren könnte, aufs Ausklammern verlegt hat.

Das Freihandelsabkommen TTIP wird am Ende kein großer Wurf werden. Am Misstrauen sind natürlich die beiden Verhandlungspartner schuld, die das ganze Projekt wie eine Geheimsache behandeln. Sie haben damit nicht Unrecht; denn wer seine Argumente vorher preisgibt, hat hinter verschlossenen Türen die schlechteren Karten. Aber wer die Öffentlichkeit für ein solches Vorhaben einnehmen will, muss offen sagen, was Sache ist. Sonst darf er sich nicht hinterher beschweren, wenn Mythen und Halbwahrheiten blühen. Genau das ist längst der Fall.

Hinzu kommt ein gerütteltes Maß an generellem Misstrauen gegenüber den USA, das durch die NSA-Affäre verständlicherweise neue Nahrung erhalten hat. Deshalb wird TTIP vielleicht einen Einstieg in einen europäisch-amerikanischen Binnenmarkt bringen können. Die Vollendung aber dürfte sich ähnlich hinziehen wie bei der Schaffung eines grenzenlosen Handelsraumes zwischen den 28 Mitgliedstaaten. Der wurde 1992 beschlossen und die Harmonisierung ist immer noch in vollem Gange.