Das Ämtergebäude ist eine Realität gewordene technische Machbarkeitsstudie

Von Gordian Beck
 Foto: red

Die Fassade des Ämtergebäudes gibt sich in ihrem schwarzen Grau sehr zurückhaltend. Der Blick in die Räumlichkeiten offenbart gestalterische Raffinesse und opulenten Technikeinsatz.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die Treppe führt steil in die Tiefe. Eine einfache Konstruktion: Gitterroststufen, einmal im Karree geführt. Blanker, neuwertig wirkender Stahl. „Nicht alles ist neu hier“, sagt Stephanie Kreisel, Abteilungsleiterin im Bereich Hochbau, dazu, „die haben wir einfach so gelassen.“ Im Keller spielt Ästhetik eine untergeordnete Rolle. Zumal in einem Amtsgebäude.

Und dennoch demonstriert jener Raum eindrucksvoll, was sich in dem Begriff „Sanierung“ unterbringen lässt. Denn dieser Heizungskeller offenbart, was draußen nicht sichtbar ist. Dafür gibt sich die Fassade des Ämtergebäudes viel zu nüchtern, ihr dunkles Grau könnte man auch als Statement offensichtlicher Zurückhaltung begreifen. „Das Gebäude war nun mal in seinen Strukturen so vorgegeben“, so der Amtsleiter des staatlichen Bauamts, Kurt Schnabel, „also wurde in die inneren Werte investiert.“

Ein Filetstück sitzt im Keller. Der rot-braun geflieste Boden ist noch original, der Raum an sich auch. Neu ist das Raumgefühl. Platz in Hülle und Fülle. Die Heizung versteckt sich in vier Schränken, jeweils rund zwei Meter hoch, einen Meter breit, einen halben Meter tief. Sie belegen rund sechs Quadratmeter Fläche. Von den vier Wärmepumpen, die das Gebäude beheizen, läuft gerade mal eine. „Mehr ist offensichtlich gerade nicht nötig“, sagt Schnabel, „die Technik steuert sich selbst.“ 42 Erdsonden dienen als Energiespeicher, die Heizung des Ämtergebäudes kommt ohne fossile Energieträger aus. An die den Raum füllenden Heizöltanks im Keller erinnern nur noch die einst in Beton gegossenen Sockel.

Ähnliche Reminiszenzen gibt es auch in den Büros. Der klassisch unter den Fenstern eingebaute Heizkörper ist durch das neue Raumkonzept überflüssig geworden, geblieben ist allein der Platz, der ursprünglich dafür vorgesehen war. Mit weißem Holz verkleidet dient er als Stauraum. Die Heizung schwebt an der Decke. Gesteuert wird sie eigentlich zentral, den Mitarbeitern stünde jedoch ein Temperaturspektrum von acht Kelvin zur Verfügung, erläutert Kreisel. Individuell einstellbar an einem Drehregler direkt neben der Tür. Bei der Sanierung des Ämtergebäudes ist es vor allem darum gegangen, den Energiebedarf auf Passivhaus-Standard zu drücken. „Alles, was zusätzlich Energie verbraucht, ist zu vermeiden. Das war die Devise der Planer“, sagt Schnabel. Was letztlich dazu geführt hätte, dass „der Nutzer in diesem Gebäude keine Rechte hatte“. Im Haus habe das zu „durchaus kontroversen Diskussionen geführt“. Mittlerweile sei man davon abgekommen; den Nutzer mitzunehmen, habe sich als der bessere Weg entpuppt. Und so lassen sich, trotz dick gedämmter Fassade, die Fenster öffnen. Jedes der rund 200 Büros im Haus hat daher mindestens ein Fenster mit Griff. Sensoren sorgen dafür, dass die Haustechnik jedes offene Fenster registriert; die Raumtemperatur wird automatisch auf einen Soll-Wert zurückgesetzt. Wird das Fenster wieder geschlossen, nimmt auch die Heizung wieder ihre Arbeit auf. Gerade bei längeren Sitzungen mit mehreren Leuten sei das ein spürbarer Komfortgewinn, meint Schnabel. Zwar sorge auch die in jedem Zimmer verbaute Lüftung für permanenten Luftaustausch, gezieltes Stoßlüften brächte jedoch schnell und effektiv frische Luft in den Raum. „Man sollte es nur damit nicht übertreiben“, sagt Schnabel.

Überhaupt die Lüftung. Auch sie ist Gegenstand hausinterner Diskussionen gewesen. Denn die Luft, die sie stündlich umwälzt und neu einspeist, ist in den Wintermonaten trocken. „Für viele im Haus zu trocken“, meint Wolfgang Gräßel, Leiter des Sachgebiets Verwaltung und Organisation. Gereizte Atemwege, trockene Haut, trockene Augen – „es hat massive Beschwerden gegeben“, sagt Gräßel. Dem habe man inzwischen Rechnung getragen, in die Anlage wurden zusätzlich Luftbefeuchter eingebaut. „Damit haben wir das Problem gut in den Griff gekriegt“, sagt Gräßel.

Wie auch das Bedürfnis nach Sonne neu geregelt wurde. Vorgesehen war ein automatisierter Sonnenschutz, zentral gesteuert. Sensoren in der Fassade nähmen die Sonneneinstrahlung auf, der Computer „entscheide dann, ob, wann und wo ein Sonnenrollo ausfahre“, so Schnabel. Ein Konzept, das auf das individuelle Sonnenbedürfnis des einzelnen Mitarbeiters keine Rücksicht nehme. Prompt habe es Änderungswünsche gegeben. Denen man denn auch Rechnung getragen habe. Mittels einer Schaltereinheit im Zimmer lasse sich das Rollo nun auch gegen den Willen des Rechners steuern.

Keine Frage, „hier lässt es sich gut und komfortabel arbeiten“, lautet Schnabels Resümee. Egal ob Nord- oder Südseite. „Den Leuten hier gefällt es.“ Klagen gebe es kaum und das sei doch in Oberfranken „das höchste Lob“.


Ein Kuriosum am Rande:

Eine Heizung ohne fossile Brennstoffe. Die Energie, die die vier Wärmepumpen aus den Erdsondenspeichern ziehen, reiche aus, um das Ämtergebäude zu beheizen. Heißt es. Wer jedoch, speziell in der kälteren Jahreszeit, in der Wilhelminenstraße gen Himmel schaut, wird feststellen, dass dem so nicht sein kann. Der Beweis: ein rauchender Kamin auf dem Dach des Gebäudes. Und tatsächlich findet sich im Heizungskeller desselben ein Gasbrenner. Nebst Zuleitung und Kessel. Eine konventionelle Heizung also. Nur dass diese nicht das Ämtergebäude, sondern das Amtsgericht, das Verwaltungsgericht sowie das Polizeigebäude in der Friedrichstraße versorgt. Sowie die noch nicht sanierte Kantine des Ämtergebäudes. gob