Coworking mit Kinderbetreuung soll jungen Eltern helfen – Mietbüros gibt's auch am Josephsplatz BERLIN/BAYREUTH Coworking in Bayreuth: Mit dem Kleinkind ins Büro?

Peter Rauscher
Die Anwältin Sandra Runge mit der zweijährigen Ada am Laptop. Sie möchte zeigen, dass "Coworking Toddler" funktioniert. Foto: Jörg Carstensen/dpa Foto: red

„Cowork Spaces“ – so heißen die hippen Gemeinschaftsbüros, von denen es seit kurzem auch eines in Bayreuth gibt. Nun startet ein neues Projekt: Das Kleinkind darf mit in die Laptopzone. So viele Eltern auf einem Haufen, kann das gutgehen?

 
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Die Babypause ist vorbei, der Job ruft. Wohin mit dem Kind? Vor dieser Frage stehen viele Mütter und Väter. Die Großeltern: wohnen oft weiter entfernt. Ein Kindermädchen: teuer, manchmal gewöhnungsbedürftig. Kindertagesstätte: heißt Trennung vom Kind noch im Wickelalter.

Arbeiten zu Hause ist oft nur theoretisch eine gute Idee. Das Kind verwüstet die Wohnung, zwischendurch wird die Waschmaschine angeworfen. So hat es die Anwältin Sandra Runge (37) erlebt. Die Mutter von zwei Söhnen gehört zum Team von „Coworking Toddler“. Das Berliner Projekt verbindet die Idee des Gemeinschaftsbüros (Coworking Space) mit Kindern im Krabbelalter (Toddler). „Man hat die Möglichkeit, ohne schlechtes Gewissen zu arbeiten, weil man den Kontakt und die Nähe zu den Kindern hat“, sagt Runge.

Platz für zehn Personen

Die „Coworking Spaces“ haben sich seit ein paar Jahren in vielen Städten ausgebreitet. Meist mieten sich in den Kollektiv-Büros Berufstätige ein, die nur einen Computer brauchen und sich gerne beim Cappuccino mit anderen austauschen. In Bayreuth werden seit rund drei Monaten Coworking-Räume am Josephsplatz angeboten, sagte Markus Stemmler dem Kurier. Stemmler ist Mitarbeiter der Bayreuther Online-Werbeagentur oplayo. „Wir hatten Bürofläche übrig und wollten mit der Vermietung Geld sparen“, sagte Stemmler. Acht bis zehn Personen könnten in den drei Räumen gleichzeitig arbeiten,ein Arbeitsplatz kostet 19 Euro am Tag oder 149 Euro im Monat.

Projekt Rockzipfel

Kinder sind in solchen Laptop-Zonen selten. Das Leipziger Projekt „Rockzipfel“ hat schon Ableger in Hamburg und München. Eltern oder Babysitter passen im Gemeinschaftsbüro auf den Nachwuchs auf. Eltern, die ihre Kleinen noch eingewöhnen, arbeiten mit Blickkontakt zum Kind, wie Gründerin Johanna Gundermann (37) erklärt. Andere, die wirklich arbeiten müssen und nicht mehr eingewöhnen, ziehen sich zurück. Sie werden nur geholt, wenn die Kinder sie brauchen.

Stillen, Wickeln, Füttern, ins Bett legen – das machen die „Rockzipfel“-Eltern. „Das Prinzip ist ja, dass sie für ihre Kinder in diesen wichtigen Schlüsselsituationen da sein sollen“, sagt Gundermann. Für die Erwachsenen blieben so etwa drei bis vier Stunden fürs eigene Arbeiten.

Bei „Coworking Toddler“ in Berlin sollen sich professionelle Erzieherinnen um die Kinder kümmern. Geplant ist eine Vollzeitbetreuung. Die Mütter und Väter können in Kontakt mit dem Nachwuchs bleiben und zusammen Mittag essen.

Pieper am Schreibtisch

Eine Idee ist, dass ein Pieper am Schreibtisch den räumlich getrennt sitzenden Eltern Bescheid gibt, wenn ihr Kind sie braucht. Etwa sechs bis sieben Stunden Arbeit könnten für die Eltern möglich sein, schätzt Sandra Runge. Zur Zielgruppe gehören Selbstständige, Angestellte, die zu Hause im „Home Office“ arbeiten können, oder Firmen, die ihren Mitarbeitern einen familienfreundlichen Wiedereinstieg bieten wollen.

Noch ist das „Toddler“-Projekt in der Startphase, im Sommer soll es losgehen. Das pädagogische Konzept steht, die Immobiliensuche läuft noch. „Wir haben sehr viele Interessenten“, sagt Runge zur Resonanz. Kein Wunder: In den familienreichen Vierteln wie im Prenzlauer Berg wird Kinderbetreuung wohl mindestens genauso viel diskutiert wie der Wohnungsmarkt.

Zeigen, dass wir es können

Im Bayreuther Coworking-Projekt könnte sich Stemmler grundsätzlich auch Kinder vorstellen, aber nur eines oder zwei. „Für mehr sind wir zu klein.“ Aber viele Kinder und Eltern mit unterschiedlichen Erziehungsansichten auf einem Haufen, kann das gutgehen? . „Gewisse Regeln müssen einfach eingehalten werden“, sagt Runge. Für das Team hat das Projekt Potenzial, Filialen sind möglich. „Unser Ziel ist, in Berlin zu zeigen, dass wir es können“, sagt Runges Kollegin, Journalistin Juliane Gringer (34), die ihre knapp zwei Jahre alte Tochter Ava auf dem Schoß hat. Die kennt es schon, wenn die Mutter den Laptop vor ihr ausklappt.

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