Cornelius Sturm tritt als Popularmusikbeauftragter Oberfrankens ab „R.I.O. ist gelebte Heimatpflege“

Alexander Gradl
 Foto: red

Papa Cornelius Sturm ist mächtig stolz. Denn sein Baby Rock in Oberfranken (R.I.O.) feiert am Samstag zehnten Geburtstag und hat sich so gut entwickelt, dass er es getrost in andere Hände geben kann.

 
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Sturm, in der Musikszene nur Coco genannt, tritt am 1. Oktober, nach elf Jahren im Amt, als Popularmusikbeauftragter des Bezirks Oberfranken ab. „Nach zehn Jahren R.I.O. ist doch der perfekte Zeitpunkt gekommen, um aufzuhören“, begründet der 44-Jährige seinen Schritt. Er wolle junge Leute ranlassen, die näher an der Szene dran seien.

Kein Gießkannenprinzip

An einer Szene, die er mit seinem Bandwettbewerb Rock in Oberfranken ordentlich aufgemischt hat. „Ich hatte von Anfang an gesagt: Wenn ich übernehme, möchte ich die wenigen verfügbaren Kapazitäten, die ich als Ehrenamtlicher aufbringen kann, nicht gießkannenmäßig hier ein wenig und da ein wenig verteilen, sondern ein Projekt gezielt verfolgen.“ Und sein Projekt war die Livemusik: Rock in Oberfranken. Der Bezirk fördert den Wettbewerb jährlich mit etwa 15.000 Euro, heißt es bei der Regierung.

Seit zehn Jahren läuft das jetzt schon so: In vier oberfränkischen Städten finden im Herbst Bandwettbewerbe statt, die jeweiligen Sieger gehen dann ein halbes Jahr später gemeinsam auf Clubtour durch den Regierungsbezirk. Professionell organisiert, professionell betreut. „Natürlich habe ich damit die Musik nicht neu erfunden, aber man muss es eben machen“, bewertet Sturm das Konzept, das es in dieser Art vorher in Deutschland nicht gegeben hatte. Viele andere Regionen hätten einen Blick darauf geworfen.

„Aber da ist noch viel mehr drin. Man muss ganz klar sehen: Popularmusikförderung ist noch lange nicht da, wo sie hingehört“, legt sich Sturm, der sein Geld als selbstständiger Rechtsanwalt verdient, fest. Man müsse nur mal die Förderung der Pop- und Rockmusik ihrer Bedeutung für die Gesellschaft gegenüberstellen. „Rockmusik ist ja nicht speziell für Randgruppen. Sie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, ganze Familien gehen auf Rockkonzerte.“ Komplette Berufszweige seien darum herum entstanden. Und die Musik brauche den Vergleich mit klassischer oder E-Musik nicht zu scheuen.

Beispiel Gorny

Gerne erwähnt Sturm, was machbar ist, wenn die Pop- und Rockmusik nicht stiefmütterlich gehandhabt wird. „Vor vielen Jahren gab es in Wuppertal, wo ich aufgewachsen bin, einmal ein kleines Rockbüro. Geleitet hat das ein gewisser Dieter Gorny, der hat daraus nach und nach eine ganze Industrie gemacht.“ Gorny gründete später den Fernsehsender Viva und die Musikfachmesse Popkomm.

„Es muss ja nicht gleich überall so ein Riesending draus werden, aber meine Forderung an die Politik ist ganz klar: Vergesst die Popularmusikförderung nicht!“ Konkret wünscht sich Sturm die Einführung eines hauptamtlichen Popularmusikbeauftragten. „Um Workshops oder Austauschprogramme für junge Musiker professionell zu organisieren, reicht die Zeit im Ehrenamt absolut nicht aus“, fasst er seine Erfahrungen zusammen. Und auch die Arbeit an R.I.O. könnte hauptamtlich um einiges intensiver ausfallen; Gründe und Anreize, vor Ort Musik und damit Kultur zu schaffen, könnten vergrößert werden. „R.I.O. ist gelebte Heimatpflege.“


Ein Interview mit Sturms Nachfolger Samuel Rauch aus Kronach lesen Sie in der Freitagsausgabe (28. September) des Nordbayerischen Kuriers.

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