Code Pink: Feierstunde mit Untertönen

Von Michael Weiser
 Foto: red

Rosa Blumen für Code Pink: Im Audimax der Universität ging die Verleihung des Wilhelmine-Preises an die Bürgerrechtsgruppe Code Pink über die Bühne. Dekan Hans Peetz erinnerte in seiner Ansprache an die heftigen Kontroversen um die Preisverleihung und brach eine Lanze für die mitunter schrillen Aktionen der Gruppe: Das Engagement von Code Pink wende sich „sehr stark gegen unbestreitbares Unrecht“. Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe dagegen unterstrich, warum sie sich gegen die Preisverleihung ausgesprochen hatte.

 
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Wie es Brauch ist, begrüßte Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe die Preisträger und Gäste. Abweichend vom Brauch tat sie dies in einer Tonlage, die ihr Unwohlsein deutlich verriet. Eine Preisverleihung könne auch „schmerzen“, sagte sie in Anspielung an die heftigen Antisemitismus-Vorwürfe gegen Code Pink. Und sie erneuerte ihr Bekenntnis zur besonderen Verantwortung Bayreuths gegenüber der Geschichte und der Opfer des Nationalsozialismus.

Code Pink hatte sich – bei allen kritischen Tönen gegenüber der Politik Israels - energisch von antisemitischen Bestrebungen distanziert, ein Grund dafür, dass sich der Stadtrat von Bayreuth nach langen Diskussionen für die Verleihung des Preises an Code Pink und damit gegen die ausdrückliche Empfehlung der Oberbürgermeisterin entschied.

Eindrücke von den Protesten vor dem Audimax:

Eine Laudatio sollte es nach den vorangegangenen Streitigkeiten nicht geben, Dekan Hans Peetz entschied sich in seiner Ansprache für eine ausgewogene Betrachtung des Konflikts, aber auch der Arbeit der Gruppe, die von gutem Willen geleitet sei, gegen „unbestreitbares Unrecht anzugehen“. Ihm war anzuhören, dass er sich nicht immer wohl fühlte vor der Herausforderung, der Leistung einer Bürgerrechtsgruppe Tribut zu zollen, andererseits aber auch Verständnis für deren Kritiker zu äußern. Er brachte sein Verständnis für die manchmal schrillen Aktionen der Gruppe zum Ausdruck, eine Protestgruppe, die gehört werden wolle, müsse „kreativ“ sein. Der gute Wille aber könne auch dazu führen, das man von Todfeinden Israels wie dem Iran instrumentalisiert werde. Code-Pink-Mitbegründerin Medea Benjamin hatte an einer umstrittenen Konferenz in Teheran teilgenommen. Bayreuth hingegen nahm er vor Kritik in Schutz. „Als Bürger dieser Stadt halte ich Angriffe gegen unsere Stadt, sie sei durch diese Preisverleihung zu einer Hochburg des modernen Antisemitismus geworden, für abwegig. Solche Schmähungen disqualifizieren die Kritiker selbst“, sagte Peetz unter heftigem Beifall.

Es waren die Damen von Code Pink selbst, die mit ihrem selbstbewusstem, teilweise auch sehr emotionalem Auftritt der Preisverleihung dann doch noch einen feierlichen, aber auch versöhnlichen Anstrich gaben. Elsa Rassbach, deutsche Sprecherin von Code Pink, erzählte, dass sie nach der Elsa in Richard Wagners „Lohengrin“ benannt worden sei, von ihrem konservativen Vater, der aus dem Unrechtsregime der Nazis in die USA emigriert sei. „Durch Deutschlands Schuld war er so verstört, dass er die Fähigkeit verloren hat, sich in seiner Muttersprache zu äußern“, sagte Rassbach. „Bei uns zu Hause wurde kein Wort Deutsch mehr gesprochen.“

Die Frauen von Code Pink machten deutlich, dass es ihnen in erster Linie eben nicht um Kritik gezielt gegen Israel gehe, sondern um den Kampf gegen Missstände überall auf der Welt. Ihre Hauptkritik zielt auf den Drohnenkrieg, den Tod aus heiterem Himmel, der Hunderte und Aberhunderte von Unschuldigen ereilt habe. Deutschland, das betont Code Pink immer wieder, sei Komplize, weil es den Amerikanern via Ramstein eine Relaisstation für den ferngesteuerten Krieg bereitstelle. Ein Krieg, der im übrigen den Terrorismus fördere und nicht bekämpfe. Wie ihre Mitstreiter auch dankte sie Bayreuth und den Menschen, die sich für die Preisverleihung eingesetzt hatten, für ihren Mut. Jede der sieben Frauen erläuterte, warum sie sich für Code Pink engagierten. Der 82-jährigen Barbara Briggs-Letson brach die Stimme, als sie gelobte, weiter an sich zu arbeiten und ihre Kraft für eine friedlichere und gerechtere Welt einzusetzen.

Als Gastgeber der Feierstunde sprach auch Uni-Präsident Stefan Leible. Er erinnerte daran, dass es nicht damit getan sei, sich im Elfenbeinturm zu verschanzen. Dazu, das darf man erst recht nach diesem Abend annehmen, gehört auch, sich die Argumente von Code Pink anzuhören. Der Wilhelmine-Preis ist mit 10000 Euro dotiert. Wie Ann Wright mitteilte, wolle ihre Gruppe das Geld für ein Symposium verwenden, in dem es um eine Unterscheidung gehen solle: Kritik an Israel sei nicht von vornherein Antisemitismus.

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