Schutz vor Extremisten benötigt
Die Union hat die ersten Gespräche aber mit der Erklärung beendet, sie sehe derzeit keinen zwingenden Bedarf für eine solche Verfassungsänderung. Inzwischen stellte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz klar, dass die Union selbstverständlich für eine Diskussion offen sei, wenn es Vorschläge geben sollte, das Bundesverfassungsgericht noch besser vor Demokratiefeinden zu schützen. Im Moment sehe die Union solche Vorschläge aber nicht.
Juristische Berufsorganisationen wie der Deutsche Anwaltverein und der Deutsche Richterbund forderten die Parteien auf, zu einer Lösung zu kommen. "Es ist an der Zeit, die Verfassungsgerichte in Bund und Ländern auch verfassungsrechtlich gegen Blockaden abzusichern und besser vor zielgerichteten Eingriffen zu schützen", hieß es in einem gemeinsamen Aufruf.
Dagegen sprach Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) von "Hysterie", die "schädlich für eine unaufgeregte Debatte über diese Frage" sei. Er sagte dem "Handelsblatt", man sollte sich nicht der Illusion hingeben, dass eine stärkere Verankerung im Grundgesetz "ein Allheilmittel zur Rettung des Verfassungsgerichtes" sei. Es gebe andere Möglichkeiten, dieses mit einfachen Gesetzen faktisch außer Gefecht zu setzen, etwa über einen Entzug der finanziellen Mittel im Haushaltsgesetz. "Vielleicht wäre es sinnvoller, wir kämpfen dafür, dass die Wählerinnen und Wähler sich anders entscheiden, als ständig mit solchen Maßnahmen ängstlich die eigene Machtlosigkeit in den Raum zu stellen."
Steinmeier betonte bei dem Debattenforum, man müsse die Demokratie besser vor Extremisten schützen. Grundgesetz und Strafrecht gäben die nötigen Instrumente. Volksverhetzung, Aufrufe zu Gewalt und gewaltsame Versuche, die freiheitliche Ordnung zu zerstören, dürften nicht hingenommen, verfassungsfeindliche Organisationen könnten verboten werden. "Vor allem aber müssen wir Mittel und Wege finden, um gegen Netzwerke vorzugehen, die verfassungsfeindliche Ideen füttern, finanzieren und verbreiten."
Nötig sei es auch, die digitale Debatte demokratietauglich zu machen. Soziale Medien dominierten mehr und mehr auch die politische Debatte, zeichneten Schwarz-Weiß und befeuerten radikale Positionen. "Wir dürfen nicht zulassen, dass eine Minderheit von lautstarken Extremisten die Themen und das politische Klima im Land dominieren, bewusst Lügen verbreitet, zu Hass aufgestachelt, regelrecht Gehirnwäsche betrieben wird, und zwar von Demokratiefeinden aus der ganzen Welt."
Forderung nach einer früheren Wahlmöglichkeit
Das Forum diskutierte auch über die Senkung des Bundestagswahlalters von 18 auf 16 Jahre. Dazu wäre eine Grundgesetzänderung nötig, die CDU und CSU aber nicht mitmachen wollen. Alle Studien zeigten, dass 16- und 17-Jährige in der Lage seien, eine verantwortungsvolle Wahlentscheidung zu treffen, sagte Robert Vehrkamp von der Bertelsmann-Stiftung. "Und deshalb gibt es grundsätzlich auch kein wirkliches Argument mehr dagegen."
Die Klima-Aktivistin Luisa Neubauer von Fridays for Future Deutschland begründete die Forderung nach einer früheren Wahlmöglichkeit für junge Menschen auch damit, dass politische Entscheidungen von heute zunehmend ihr künftiges Leben beeinflussten. "Immer mehr politische Entscheidungskonsequenz verschiebt sich in die Zukunft." Dagegen befand der CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß, dass für das Bundestagswahlalter die Volljährigkeit "genau die richtige Grenze" sei.