Bundespolizei und Strahlenschutz proben über Bayreuth und Kulmbach den Ernstfall Hubschrauber suchen Strahlen über Bayreuth

Von Thorsten Gütling

Über Kulmbach und Bayreuth knattern die Rotoren. Auffallend tief fliegen die blauen Hubschrauber der Bundespolizei und in auffallenden Mustern. Immer auf und ab, in parallelen Bahnen. Nicht auf der Suche nach Verbrechern, sondern nach radioaktiver Strahlung. Die Landkreise Bayreuth und Kulmbach sind für eine Übung bestens geeignet. An Bord der Hubschrauber probt das Landesamt für Strahlenschutz den Ernstfall.

 
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Eine Luftstaffel hat die Bundespolizei in Bayreuth eigentlich nicht. Die Hubschrauber und Piloten, die derzeit hier stationiert sind, kommen aus dem gesamten Bundesgebiet. Erst vor zwei Wochen haben sie sich im bayerischen Wald getroffen. Haben Kollegen aus Tschechien geholfen, Landkarten um die Werte radioaktiver Strahlung zu ergänzen. Davor waren sie in Belgien im Einsatz. Ein Ernstfall in einem Düngemittelbetrieb. Jetzt also Bayreuth und Kulmbach. Diesmal nur eine Übung. Weil das Gebiet aus radiologischer Sicht höchst interessant ist, sagt Anja Lutz, eine Sprecherin des Bundesamts für Strahlenschutz. Denn hier lässt sich nicht nur die Strahlung von Cäsium messen, ein Überbleibsel des Reaktorunfalls von Tschernobyl, sondern auch Strahlung, die schon immer da war. Die von Thorium und Uran, die typisch ist für Mittelgebirge wie das Fichtelgebirge.

Strahlung seit Tschernobyl

Obwohl die Messungen über Bayreuth und Kulmbach zum ersten Mal stattfinden, sagt Lutz: „Dass bedenkliche Werte gefunden werden, ist ausgesprochen unwahrscheinlich.“ Leichte Erhöhungen seien an der ein oder anderen Stelle normal und dass noch immer sogenannte Gammastrahlung von der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl gemessen werde, biete keinen Grund zur Sorge. Das verseuchte Material sei in den Boden eingedrungen und könne allenfalls noch beim Verzehr von Pilzen oder Wildbret gefährlich werden.

Gestern Merkel, heute Wissenschaftler

Damit die Strahlung gemessen werden kann, müssen die Hubschrauber tief fliegen. Nicht mehr als hundert Meter und vor allem gleichmäßig hoch. Bei Wind und Wetter und über jedem noch so kleinen Hügel. Eine Herausforderung für die Piloten. Mark Senges kommt aus Berlin. Normalerweise fliegt er mit der gut 5,5 Millionen Euro teuren Maschine Bundespolizisten zum Einsatzort, Material in Katastrophengebiete oder birgt Verletzte mit der Seilwinde. Hin und wieder fliegt er auch Mitglieder des Bundeskabinetts. Auch Kanzlerin Angela Merkel hat er schon zu einem Verhandlungsgipfel geflogen. Jetzt also Michael Thomas, ein technischer Mitarbeiter des Bundesamtes für Strahlenschutz.

5,5 Millionen kostet der Heli, 200.000 Euro das Messgerät

Mit an Bord: Eine 200.000 Euro teure und 200 Kilo schwere Messstation. Deren wichtigste Teile: Kristalle. Trifft dort radioaktive Strahlung auf, entstehen kleine Lichtblitze, deren Intensität wiederum aufgezeichnet werden kann. Gemessen wird im Inneren des Hubschraubers. Die Strahlung muss durch das Gehäuse also erstmal hindurch. Die Entfernung zum Boden wird dann in die Werte eingerechnet. Wenn die Piloten nicht den immer gleichen Abstand zum Boden halten, verfälscht das die Ergebnisse. Senges nennt den Job daher auch einen fliegerisch besonders anspruchsvollen.

1800 Messstellen am Boden

Tatsächlich könnten die Werte der Strahlenbelastung im Boden auch anders gemessen werden. 1800 Messstellen stehen dazu im gesamten Bundesgebiet. Eine Messstelle pro 400 Quadratkilometer. Eine Übersicht aller Messstationen und der dort aktuell gemessenen Werte, finden Sie hier. Allerdings, sagt Lutz, habe Fukushima gezeigt, dass Bodenmessinstrumente im Katastrophenfall nicht immer funktionieren. Dann nämlich, wenn sie zerstört wurden. Und damit Helfer dann keinen Fuß auf verseuchten Boden setzen müssen, wird in Bayreuth geübt. Überflüssig sollen die Testflüge übrigens auch dann nicht werden, wenn das letzte Kernkraftwerk in Deutschland bis zum Jahr 2020 stillgelegt ist. „Um uns herum gibt es noch jede Menge Kraftwerke, in der etwas passieren könnte“, sagt Michael Thomas. Die Flüge dauern noch bis Donnerstag, 17 Uhr an.

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