An den Emotionen auf den Rängen änderte das nichts. Dort flossen reichlich Tränen, dort besangen die Fans ihren Christian Streich als "besten Mann". Der Club beschenkte den Coach mit Wein aus Jahrgängen besonderer Ereignisse seiner SC-Zeit.
Als Streich selbst am Mikrofon an der Reihe war, richtete er zuerst Glückwünsche an Heidenheim. Er bedanke sich "herzlich" beim SC für alles, sagte er dann, und "bei allen Menschen, die mich unterstützt haben im Verein, die Nachsicht mit mir hatten, die auch mal weggeschaut haben, wenn es nicht korrekt war von mir". Dann schloss sich Streich dem Appell seines ebenfalls verabschiedeten Co-Trainers Patrick Baier an, eine realistische Erwartungshaltung zu bewahren. Dass die Fans "Nie mehr 2. Liga" anstimmten, dürfte dazu gepasst haben.
Im Dezember 2011 hatte der frühere Nachwuchscoach die Breisgauer als Abstiegskandidaten übernommen. Längst ist er zu einem Sonderfall im hektischen Fußball-Business geworden. 2015 stieg er ab, 2016 wieder auf. In den vergangenen Jahren war der Club dicht dran, sich erstmals für die Champions League zu qualifizieren.
"Man kann es nicht genug wertschätzen, was er für diesen Verein geleistet hat", sagte Freiburgs Kapitän Christian Günter. Sympathien in ganz Deutschland gewann der Coach auch, weil er klare Kante in politischen und gesellschaftlichen Themen zeigte und Fehlentwicklungen anprangerte. Am Samstag weinte ein Flitzer in Streichs Armen. Auch die Heidenheimer feierten den gegnerischen Coach. "Loyalität und Ehrlichkeit, leider eine Seltenheit. Mach's gut Christian Streich", stand auf ihrem Banner.
Streich: "Dann bist du emotional erledigt"
"Er hat einfach eine andere Art. Er interessiert sich auch für den Menschen", betonte stellvertretend Freiburgs Vincenzo Grifo einmal mehr bei der Frage, was den Coach auszeichne. Im Mittelpunkt steht Streich eigentlich nicht besonders gern. Bemerkenswert waren seine Worte schon vor dem Anpfiff zu seinem Heim-Abschied, den er zuvor als "uninteressant" deklariert hatte.
Auch aus Selbstschutz lasse er die Emotionen nicht zu, sagte Streich beim Pay-TV-Sender Sky: "Ich habe mir so ein Kästchen gebaut, in mir drin, und da kommt alles rein. Sonst schaffst du es nicht", sagte er. "Sonst geht es hoch und runter, dann bist du emotional erledigt, das ist zu viel." Wenn am Ende alles positiv ausgehe, "gehen wir heim und heulen".
Am kommenden Samstag will seine Mannschaft den im Heimspiel verpassten Sieg als Abschiedsgeschenk nachholen. Wenn es noch mit dem Europapokal klappe, sei er der "glücklichste Mensch", sagte Streich. Bei seinem letzten Auftritt brauche auch er vielleicht Taschentücher, vermutete er.