Reform der Einspeisevergütung, fehlende Flächen und Kostenexplosion setzen Betreibern zu Das Ende der Biogasanlagen

Von Ulrike Sommerer
Markus Bauer und Harald Baumann (rechts) betreiben seit acht Jahren in Guttenthau eine Biogasanlage. Sollte die Vergütung für Strom aus Biogas gekürzt werden, rechnet sich die Anlage nicht mehr, sagen die beiden Landwirte. Foto: Sommerer Foto: red

Bundesenergieminister Sigmar Gabriel will sparen und plant, dass für Strom aus Biogasanlagen bald weniger gezahlt wird. Für den Bau neuer Anlagen ist das das Aus, sagen zwei Anlagenbetreiber aus dem Gemeindegebiet Speichersdorf. Sie müssten jetzt schon mit spitzem Bleistift rechnen, um ihre Biogasanlage betreiben zu können.

 
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Mais, der zu Strom werden soll, kostet plötzlich viel Geld, Getreide auch, dauernd müssen Verschleißteile ersetzt werden – und jetzt kommt auch noch Sigmar Gabriel daher. Verkündet, die Einspeisevergütung für Energie aus Biogasanlagen kürzen zu wollen. Harald Baumann und Markus Bauer verstehen die Welt nicht mehr: „Das ist das Aus für den Bau von neuen Anlagen.“

Baumann, 49 Jahre, und Bauer, 41 Jahre, betreiben seit 2006 eine Biogasanlage in Guttenthau. Ursprünglich war eine Anlage mit 330 Kilowattstunden geplant, sie bringt längst die doppelte Leistung. Der Ort hat sich seitdem zum Bioenergiedorf entwickelt, bis auf zwei Anwesen werden alle Häuser mit Biogas-Abwärme versorgt. Heile Welt also in einer Zeit, in der auf erneuerbare Energie gesetzt wird – wäre da nicht Sigmar Gabriel mit seiner Idee, auf die Kostenbremse treten zu wollen.

Im August soll das erneuerte Erneuerbare-Energien-Gesetz in Kraft treten. Julia Modes, Sprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, weist darauf hin, dass damit Kosten gesenkt werden sollen und dadurch ein höherer Ökostromanteil angepeilt werden soll. Die Vergütung zu kappen ist dabei nur ein Aspekt eines umfassenden Maßnahmenkatalogs. Gekürzt werden soll die Einspeisevergütung bei neuen Anlagen. Baumann und Bauer sind davon also wohl nicht betroffen – außer, sie würden ihre Anlage erweitern. Doch das ist nicht drin, sagen sie.

Denn es sei ja nicht nur Sigmar Gabriel, der den Betreibern von Biogasanlagen zusetzt. In den vergangenen Jahren, erläutert Baumann, haben sich die Preise für Futter verdoppelt. Mais und Getreide sind also teurer geworden, das Futter nicht nur für das liebe Vieh, sondern auch für Anlagen, wie sie Bauer und Baumann betreiben. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Trockenfermentationsanlage. Hinter diesem sperrigen Begriff versteckt sich die Vorschrift, nur Stapelbares und nur Unverarbeitetes Material, direkt vom Feld, in die Anlage zu kippen, um es dort in Strom zu verwandeln. Also: Keine Gülle. Und auch kein Getreide, das irgendwie schon gereinigt wurde, oder Kartoffeln, die sortiert wurden. Der Mais, den Bauer und Baumann anbauen, reicht nicht, um die Anlage zu betreiben. Sie müssen zukaufen. „Damit wir die Leistung halten können, müssen wir mit Getreide ausgleichen“, sagt Bauer. Doch wenn nur Getreide zu Strom wird, „wird das für uns eine Nullrunde“. Die beiden Landwirte rechnen ohnehin mit spitzem Bleistift, sagen sie: Werde in der derzeitigen Lage ein Cent pro Kilowattstunde weniger gezahlt – die Anlage der beiden Guttenthauer würde sich nicht mehr rechnen. Gabriel will mehr als einen Cent streichen. Die durchschnittliche Vergütung über alle Technologien der erneuerbaren Energie hinweg beträgt bisher 17 Cent pro Kilowattstunde. Geht es nach Gabriel soll sie für Neuanlagen auf durchschnittlich zwölf Cent pro Kilowattstunde sinken. Neue Anlagen, glauben Baumann und Bauer, werden dann wohl nicht mehr entstehen. In unserer Region auch deshalb nicht, weil die Flächen für weiteren Maisanbau gar nicht mehr vorhanden wären. Denn nicht nur Mais und Getreide sind knapp, mit denen Anlagen gespeist werden. Auch Fläche werde knapp. Durch Versiegelung von Landschaft, aber auch durch den Bau von Photovoltaikanlagen auf freier Fläche. fläche, die dann eben nicht mehr für den Anbau von Futter zur Verfügung stehe. „Wir haben schon zu kämpfen, so eine riesige Investition muss auch erst einmal abgezahlt werden“, sagt Baumann. Julia Modes vom Wirtschaftsministerium verweist darauf, dass für bestehende Anlagen Bestandschutz gelten soll. „Bestandschutz brauchen wir auf jeden Fall“, sagt Harald Baumann, „sonst wird es schwierig“.