Brand: 20-Jähriger muss zum Entzug

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Wenn etwas in Brand gesteckt wird und der Rauch gesundheitliche Schäden verursacht, ist das noch nicht zwingend eine schwere Brandstiftung. Weil auch kein Vorsatz ersichtlich war, verurteilte die Jugendkammer am Landgericht einen 20-Jährigen lediglich zu einer Strafe wegen Sachbeschädigung. Symbolfoto: Archiv/Karl-Heinz Lammel Foto: red

Drei Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe und ein verordneter Entzug: So endet am Montag der Prozess gegen einen 20-Jährigen an der Jugendkammer des Landgerichts Bayreuth. Der Mann mit dem blassen Gesicht nimmt das Urteil regungslos auf. Sagen will er nichts mehr, scheint vielmehr erleichtert. Denn der Vorwurf der versuchten, schweren Brandstiftung wurde am Ende fallen gelassen.

 
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Das Urteil, das Vorsitzender Richter Michael Eckstein verhängte, bezog sich "nur" noch auf Sachbeschädigung, gefährliche Körperverletzung in vier Fällen, Trunkenheit im Verkehr und Diebstahl. Seit sieben Monaten sitzt 20 Jahre alte Mann in Untersuchungshaft. Demnächst wird er im Bezirkskrankenhaus in Bayreuth sitzen, wo er seine Alkoholsucht besiegen soll.

Unter Alkoholeinfluss kriminell

Für die Kulmbacher Polizei ist er längst kein unbeschriebenes Blatt mehr. Die Streifenpolizisten kennen sein Fahrrad. Sie wissen, wo er mit anderen Jugendlichen herum hängt und bechert. Obwohl die Stadt Kulmbach Alkoholkonsum im Freien verbietet. Alkohol wurde dem jungen Mann, der in einer Werkstatt für behinderte Menschen arbeitet, in den zurückliegenden Jahren zunehmend zum Verhängnis. Bei allen Straftaten, die er beging, war Alkohol im Spiel. "So kann es mit Ihnen nicht weitergehen", ermahnt ihn Richter Eckstein zum Schluss. Wenn er so weiter mache, habe er mit 55 Jahren sein halbes Leben im Gefängnis gesessen. Solche Fälle seien ihm bereits öfter begegnet. Bei der Therapie "schludrig zu sein", wäre also eine große Dummheit, sagte der Vorsitzende der Jugendkammer.

Betrunken vom Rad gefallen

Weil er sich immer wieder heftig betrinkt, war der Kulmbacher schon öfters im Stadtgebiet aufgefallen. Im September 2016 stürzte er in der EC-Baumann-Straße vom Fahrrad - mit 1,3 Promille Alkohol im Blut. Er war zudem auf der falschen Fahrbahnseite unterwegs. Bevor er sich aufs Rad schwang, hatte er acht Bier getrunken. Zwei Wochen später passierte die Sache mit dem ersten Kinderwagen in Mainleus. Angeblich versperrte der den Zugang zur Treppe. Aus Ärger darüber habe er ihn angezündet, gab er als Grund vor. Den Kinderwagen schob er, obwohl er betrunken war, noch ins Freie. Im Nachgang stellte die Polizei fest, dass sein Blutalkoholwert 1,9 Promille betrug.

Brennender Buggy im Haus

Warum der Mann im Februar wieder einen Kinderwagen in der Sutte in Kulmbach abfackelte, bleibt rätselhaft. Verhängnisvoll war jedoch, dass er im zweiten Fall den brennenden Buggy im Haus stehen ließ. Durch die starke Rauchentwicklung erlitten vier Bewohner eine Rauchgasvergiftung und mussten im Krankenhaus behandelt werden. Dies wertete das Gericht als gefährliche Körperverletzung. Damit folgte es Verteidiger Frank Stübinger, der eine versuchte schwere Brandstiftung nicht vorliegen sah. Denn dann hätte das ganze Gebäude brennen müssen.

Warum zündet er Kinderwägen an?

Nach dem Besuch einer Bekannten zündete der Kulmbacher beim Gehen den Buggy an. Zuvor war wieder Alkohol geflossen. Das Motiv für das Zündeln fehlt allerdings. "Was über Sie gekommen ist, wissen wir nicht", sagt Eckstein. Den angegebenen Grund "Langeweile" halte er für vorgeschoben. Dahinter verberge sich meistens etwas anderes. Weil der Kinderwagen Polster aus Polyester hatte, waren überhaupt so massive Rauchschwaden entstanden. Die Feuerwehr habe einen Kamin geöffnet, damit der Rauch überhaupt abzog. 

Bewährung fruchtet nicht mehr

Staatsanwalt Roland Köhler empfiehlt, Jugendstrafrecht anzuwenden. Weil der junge Mann für sein Alter noch nicht die nötige Reife habe. Er habe sogar zugelassen, dass er sich selbst schädigen könnte. Für ihn spreche, dass er sich im Laufe des Verfahrens zu einem Geständnis durch gerungen habe. Allerdings sei er bereits vielfach strafrechtlich aufgefallen und habe Bewährungen missachtet. Deshalb hielt Köhler eine Strafe von drei Jahren und sechs Monaten und den Aufenthalt in einer Entziehungsanstalt für dringend erforderlich. Die Jugendkammer schloss sich dem an.

Dass der Kulmbacher im November 2016 fünf Flaschen Desperados im Kaufland geklaut hat, fiel angesichts der übrigen Delikte kaum mehr ins Gewicht. "Sie müssen jetzt wirklich was gegen ihre Alkoholsucht tun, sonst führt das ins Verderbnis", sagt Eckstein und fügt an, er habe den Eindruck, der Mann würde den Prozess nicht ernst nehmen. Die Miene des Mannes bleibt bis zuletzt verschlossen, auch dann, als er einem Freund und seiner Mutter noch ein paar Worte sagen darf. Er ist geistig beeinträchtigt - bleibt zu hoffen, dass er verstanden hat, um was es für ihn geht.

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