Blitzer-Marathon Ja, wo rasen sie denn?

Von wegen heimlich hinter den Hecken die Radarfalle aufstellen: Die Polizei war beim Blitzermarathon weithin sichtbar. Und wollte das auch sein Foto: Adeline Lehmann

Beim Blitzermarathon ging es der Polizei nicht darum, zu bestrafen. Sie will sensibilisieren, warum man an der besagten Stelle lieber langsamer fahren soll.

 
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Mit gezückter Kelle versucht Erster Polizeihauptkommissar Matthias Bachofner die Raserin rauswinken. Sie ignoriert, will vorher abbiegen. Er joggt über die Kreuzung und hält sie auf. Über 80 hatte sie drauf, erlaubt sind 60. Sie habe nicht bemerkt, wie schnell ihr Auto fuhr, sagt sie.

Den ganzen Tag wurden Raser auf Bayerns Straßen zur Kasse gebeten. Diese Aktion findet nicht nur deutschlandweit statt: Sie ist Teil des europaweiten „Speedmarathons“. In Bayern gehört er zum Bayerischen Verkehrssicherheitsprogramm 2030 „Bayern mobil – sicher ans Ziel“. Es ist eine Präventivmaßnahme, soll Verkehrsteilnehmern Tempolimits ins Gedächtnis rufen. Auch im Landkreis Bayreuth bauen die Beamten der Polizeiinspektion Bayreuth Land schon früh ihre Messstellen auf.

So steht an der St. Rupertuskapelle in Obernsees das Team von Bachofner mit dem Lasermessgerät. Auf der Strecke Therme Obernsees zur St. Rupertuskapelle sind durchgehend nur 60 km/h erlaubt. Nicht nur wegen den Thermenbesuchern und Anwohnern Obernsees. An der Kapelle treffen zwei viel befahrene Rad- und Wanderwege aufeinander und führen über die Landstraße. Auch Bushaltestellen sind am Straßenrand. „Eine Gefahrenstelle“, sagt Polizist Thorsten Roder, Sachbearbeiter für den Verkehr Bayreuther Land. All diese Faktoren führen dazu, dass sich hier viele Verkehrsteilnehmer begegnen. Besonders da die Unfallhäufigkeit auf den Landstraßen Bayerns zunehme, eine wichtige Kontrollstelle.

Zum Einsatz kommt hier an der St. Rupertuskapelle nicht mehr der Blitzapparat der Fotos schießt. Stattdessen hat das Beamtenteam moderne Lasermessgeräte. Die können aus bis zu 1000 Meter Entfernung die Geschwindigkeit feststellen. Während auf dieser Strecke der Messbereich nicht genau am Schild beginnt, ist das an anderen Stellen schon der Fall, erklärt Roder.

Besonders an Schulen wird direkt ab dem Schild gemessen. Dabei, so Roder weiter, liege der Fokus des Blitzermarathons nicht auf dem Einschüchtern der Verkehrsteilnehmer. Vielmehr solle aufgeklärt werden. Deswegen wird der Marathon groß in allen Medien angekündigt. Die Kontrollstellen werden im Internet veröffentlicht.

Auch sitzt das Beamtenteam nicht versteckt im Gebüsch. Bewusst offen ist hier die Verkehrspolizei. Denn das Ziel ist, dass ihre Gegenwart Verkehrsteilnehmer zum Abbremsen oder wenigstens zum Nachdenken anregt: Warum genau an dieser Stelle das Tempolimit? „Wie wollen, dass Leute mehr Rücksicht aufeinander nehmen, eben auch im Straßenverkehr,“ fasst Roder das Anliegen der Polizei zusammen.

Aber, bringt der Blitzermarathon wirklich etwas? Roder sagt „Ja.“ Denn, Radio und Zeitung kündigen es groß an. Und besonders auf dem Land, wenn der erste Autofahrer die Beamten beim Messen sehe, werde die Messstelle schnell in Whatsapp-Gruppen bekanntgegeben, sagt Roder. An diesem Tag zumindest sind die Autofahrer der Region bewusster unterwegs. Bedeutet nicht, dass den Rest des Jahres volle Fahrt voraus angesagt ist. Gemessen wird sonst auch, gerne spontan, wenn erhöhte Unfallsituationen auftreten, so Roder.

Begründungen für zu schnelles Fahren hat Roder so ziemlich alle schon gehört: „Arbeit, Krankenhaus, Schild übersehen – hat es alle schon gegeben.“ Und natürlich, erklärt er weiter „ist man menschlich, wenn wir sehen können, dass eine nachweislich bedrohliche Krankheits-Situation dabei ist, dann kann es auch nur eine Verwarnung werden.“ Wichtig ist nämlich vor allem ein rücksichtsvolles Miteinander.

Nur eine Begründung ist recht neu: Geschwindigkeit nicht bemerkt. Wie auch die Fahrerin sagte, die 22 km/h zu schnell über die Landstraße braust. „Achtung. Das stimmt tatsächlich,“ sagt Roder. „Bei den neueren Automodellen geht einfach das Gefühl für die Geschwindigkeit verloren. Der Unterschied zwischen 300 und 120 km/h ist nicht mehr spürbar.“ Ob es nun an den leiseren Motoren, oder der besseren Innenverkleidung liegt, dass die Autos sanfter und leiser fahren: Tacho lesen geht trotzdem.

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