Virus: Die Firma Powerslide will mit einem neuen Schuhsystem das Inline-Skaten revolutionieren Clap, snap, wrap

BINDLACH. Clap, snap, wrap – das ist der Slogan, mit dem Powerslide für sein neuestes Produkt wirbt – Virus. Gemeint ist damit ein völlig neuartiger, aufklappbarer Schuh für Inline-Skates mit einem ebenso neuartigen Drehverschlusssystem. Das Bindlacher Unternehmen hat es damit unter die besten Zehn beim Innovationspreis von Sparkasse und Nordbayerischem Kurier gebracht und darf sich Hoffnung auf einen Teil des Preisgeldes in Höhe von 10.000 Euro machen.

 
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Die Idee war es, die Vorteile der bisherigen zwei bei Inline-Skates verbreiteten Systeme zu vereinen und zugleich die Nachteile auszumerzen. Bislang gibt es mühsam zu schnürende Softboots, die aber oft als zu weich empfunden werden, und Hartschalenskates, die zwar einen besseren Halt bieten, aber sehr hart sind, so die Powerslide-Geschäftsführer Stefan Göhl und Matthias Knoll. Virus kombiniert nun eine Schale als Unterbau sowie eine darüber liegende Abdeckung. Der Clou: Beide werden durch eine sogenannte 360-Grad-Schnürung fest verbunden, die per Drehverschluss kinderleicht zu handhaben ist.

Umsatz soll steigen

„Es ist so, als wenn der Markt nur darauf gewartet hätte. Die erste echte Innovation der Branche seit zehn Jahren.“ So fasst der Niederländer Joost van Schaik, der sich bei Powerslide ums Marketing kümmert, die Reaktionen zusammen. Den beiden Geschäftsführern macht das Mut: Sie rechnen damit, dass die neue Virus-Linie den Umsatz bis 2014 um 25 Prozent auf 20 Millionen Euro wird steigen lassen.

Nicht schlecht für ein Unternehmen, das noch nicht einmal in der berühmten Garage, sondern im Grunde genommen in einem Kofferraum gegründet wurde. „Angefangen hat alles 1989. Damals habe ich auf Skate-Events aus meinem Auto heraus Schuhe und andere Produkte für Skater verkauft“, sagt Knoll, der damals zur Elite der Speedskater gehörte: „Ich war der erste Deutsche, der ein offizielles Rennen gewonnen hat.“ Vor wenigen Wochen ist er Deutscher Meister in der Klasse Ü40 geworden.

Aus dem Hobby den Beruf machen, besser kann es kaum laufen. 1994 tat sich Knoll mit Stefan Göhl zusammen, der sich seither um die Finanzen im Unternehmen kümmert, während sein Kollege für die Produktideen zuständig ist. Binnen zwei Jahren schnellte der Umsatz des damaligen Sportartikelvertriebs auf 20 Millionen D-Mark nach oben, doch dann kam der Einbruch, der Inlineskate-Boom war erst mal vorbei. „Wir standen vor der Entscheidung: aufhören oder selbst in die Produktentwicklung einsteigen“, sagen die Geschäftsführer, und: „Wir haben die Krise als Chance genutzt.“

Weltmarktführer

Und wie. Die Bindlacher sind in Nischen wie dem Speedskating oder dem bei Jugendlichen beliebten so genannten Aggressive Skating nach eigenen Angaben Weltmarktführer. Im Fitnessbereich für breite Bevölkerungsgruppen sind sie immerhin die Nummer drei hinter der US-Konkurrenz von K2 und Rollerblade. Rund 250.000 Inlineskates, 100.000 Skateboards und bis zu drei Millionen Teile an Schutzausrüstung verkauft Powerslide pro Jahr – und zwar in 50 Länder der Welt mit Schwerpunkt EU, Russland, China und USA. Neben hoch spezialisierten Schuhen für Weltklassesportler, die als Einzelanfertigung schon mal 1500 Euro kosten können und damit die teuersten am Markt sind, gibt es auch in Lizenz gefertigte Produkte für den Kinder- und Jugendmarkt, die dann schon mal für 29 Euro zu haben sind. „Damit generieren wir künftige Kunden für unsere hochwertigeren Produkte“, sagt Göhl zu Begründung, während Marketing-Mann van Schaik betont: „Wir haben uns die Liebe zum Detail bewahrt. Bei uns gibt es 2500 Artikel bis hin zur Spezialschraube, viele davon nur bei uns.“

Die Zentrale in Bindlach ist mit ihren 35 Mitarbeitern zwar die Denkfabrik für Powerslide, produziert wird allerdings vor allem in China. „Unter unserer strengen Kontrolle“, sagt Knoll, der deshalb viel in Fernost unterwegs ist. In Bindlach gibt es aber zumindest eine kleine Montage, die Spitzenathleten versorgen kann. Von denen werden viele von Powerslide gesponsert – und bedanken sich, indem sie Neuheiten testen und zur Verbesserung beitragen.

So war es auch beim neuen Virus-Skate, den Powerslide während der Skater-Weltmeisterschaft im August in Korea erstmals verkaufen will. Während diese Rennschuhe dort 1100 Euro kosten sollen, ist für das Frühjahr der Einstieg in den Fitnessbereich geplant – mit Modellen ab 179 Euro. 2013 könnte dann die 100-Euro-Schallgrenze unterboten werden. Außerdem planen die Bindlacher SUV-Modelle für das Gelände oder ans Nordic Walking angelehnte Exemplare. Und in Zusammenarbeit mit dem Fahrradhersteller Cube in Waldershof ist die Entwicklung von Radschuhen mit der Technik angedacht. Alles unter dem Namen Virus, der sehr gut zu Powerslide passt. Schließlich sind hier alle vom Skate-Virus befallen.

Foto: Lammel

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