"Man arrangiert sich irgendwann"
Fragen wie Wohnungssuche, Mietvertrag etc. werden mit dem nahenden Fristende immer dringender. „Man arrangiert sich irgendwann mit der Situation“, sagt Alexandra Groß von der Hochschulgruppe der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die selbst auf einer befristeten Stelle arbeitet. Für sie sind die Freiheiten, die Wissenschaftler haben – „ich kann arbeiten, wann und wo ich will“ – so wichtig, dass sie den wirtschaftlichen Druck auf sich nimmt.
Auch die Gewerkschaft Verdi hat auf dem Campus einen Ansprechpartner: Oliver Gschwender. Wie Alexandra Groß stimmt auch er Kanzler Markus Zanner zu, wenn es um Kritik an der Grundfinanzierung der Universitäten geht: „Man müsste eine Chance bekommen, dauerhaft an der Uni zu arbeiten, auch wenn man keine Professorenstelle anstrebt.“ Der akademische Mittelbau – Nachwuchs-Wissenschaftler hören weder Groß noch Gschwender gern, weil „man mit seiner Doktorarbeit ja schon gezeigt hat, dass man wissenschaftlich arbeiten kann“ – wird durch solche Entwicklungen ausgedünnt. Gschwender: „Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem. Wir müssen Dauerstellen schaffen, um zu verhindern, dass Wissenschaftler ihre Karrierechancen in der Wirtschaft suchen.“
Hartz IV oder W3
Das Problem ist seit langem bekannt, scheint sich aber in der jüngsten Vergangenheit zu verstärken. Der Wissenschaftsrat ist das wichtigste Beratergremium für Bildungspolitik – er warnte 2014 davor, die Aneinanderreihung von Zeitverträgen könne sich als Sackgasse für die Betroffenen erweisen. „Hartz IV oder W3“ sei inzwischen zum geflügelten Wort geworden, stellt Gewerkschafterin Groß fest. Mit W3 ist die Juniorprofessur gemeint. Durch die Aneinanderreihung von nicht eben gut bezahlten befristeten Arbeitsverträgen stünden hochqualifizierte Wissenschaftler mit Anfang/Mitte 40 oft vor der Not, außerhalb der Universitäten einen Arbeitsplatz zu finden.
Eine der Ursachen ist, dass Forschung an Hochschulen immer häufiger über sogenannte Drittmittel finanziert wird. Das sind Gelder von Firmen und Organisationen, die oft projektgebunden und zeitlich limitiert sind. Bildungsministerin Wanka fordert nun, dass befristete Verträge wenigstens so lange gelten sollen, wie Projektmittel zur Verfügung stehen.
Info: Um die Gesprächspartner mit befristeten Verträgen zu schützen und ihre mögliche Weiterbeschäftigung nicht zu gefährden, hat die Redaktion die Namen geändert beziehungsweise abgekürzt.