Ist nach dem Wählen warten angesagt, muss der Kunde unbedingt bei Laune gehalten werden – in der Warteschleife. Ist die dann gar mit schöner Musik unterlegt, kann das Warten sogar Spaß machen. Doch viele Unternehmen nutzen den Kontakt mit dem wartenden Kunden gar nicht. „Teils bleibt dieser Kommunikationsweg völlig unentdeckt“, sagt Constantin Reineck von der Audio-Marketingagentur Ladage Media zu KURIER online. Ladage Media mit Sitz in Herford hat Kunden in ganz Deutschland, wie Air Berlin, Brose, Bofrost, die Deutsche Börse oder den Flughafen Hannover.„Hat ein großes Unternehmen einen selbst besprochenen Anrufbeantworter, dann ist das unglaubwürdig.“ Und so unterschätzen so manche Firmen die Wartezeit am Hörer: „Man sollte als Unternehmen versuchen, die Telefonwarteschleife als mindestens genauso wichtig anzusehen, wie ein Kontakt, den man jetzt über Briefe, E-Mails oder das Internet hat.“ Ein weiterer Telefon-Fauxpas: „Man darf auch nicht am Anrufer vorbeiproduzieren. Wenn sich bei einer bestimmten Nummer viele Anrufer eigentlich nur über den schlechten Service beschweren wollen, braucht man dort nicht die gute Servicequalität dort anpreisen.“[iframe|http://www.nordbayerischer-kurier.de/playerframe.php?g=warteschleife|515|130] Flugzeuge im Bauch: die Luxus-KlasseWarteschleifen müsse man in verschiedene Klassen aufteilen, meint der Audio-Experte. Der Air-Berlin-Song sei da eine ganz spezielle Geschichte. „Das ist ein Song, den wir für die Air Berlin produziert haben, mit einer Studiosängerin aufgenommen und dann in die Warteschleife eingespielt wurde. Es gibt aber auch Unternehmen, die lassen sich Musik produzieren, die nur für die Warteschleife gedacht sind. Diese werden dementsprechend dünner produziert. Und es gibt noch eine dritte Variante: Viele Kunden nehmen GEMA-freie Musik, die es schon gibt, die sie in die Warteschleife einspielen. Und wir liefern dann professionelle Ansagen. Die Air Berlin hat sich da für die Luxus-Klasse entschieden, wie üblich bei Unternehmen dieser Größe.“Was macht eine gute Warteschleife aus? „Das ist abhängig vom jeweiligen Klientel, das dort anruft“, sagt Reineck. „Wenn beispielsweise Handelsvertreter tagtäglich dieselbe Hotline anrufen, ist es das Schlimmste was passieren kann, dass jeden Tag die gleiche Musik läuft.“ Es gebe dann aber auch Unternehmen, für die es das Wichtigste sei, dass in der Warteschleife eine gute Melodie laufen würde, an der man das Unternehmen wieder erkennt. „Das wäre dann so der Fall Air Berlin: da ruft man ja nicht täglich an.“ Schlechte Sprecher, schlechtes AußenbildFirmensongs oder doch die klassischen „Bitte warten“-Ansagen, die einem verheißen, dass der nächste freie Gesprächspartner reserviert sei - zu was rät der Experte den Unternehmen? „Man sollte eine gelungene Mischung aus Musik- oder Geräuschkulisse und Sprachansagen finden“, sagt der Telefonspot-Experte. „Der größte Kardinalfehler ist, wenn man keine professionellen Sprecher nimmt. Wenn die Dame aus der Zentrale seit 30 Jahren den Anrufbeantworter bespricht, dann kann sie das vielleicht gut, nur hört es sich vielleicht nicht ganz so gut an wie bei einer professionellen Sprecherin. Das kann sehr schnell zu einer negativen Außenwirkung des Unternehmens führen.“ Firmen, die Wert auf gute Warteschleifen legen, müssen natürlich für gute Telefonspots etwas Geld in die Hand nehmen. Reineck: „Inklusive Komplettberatung, fünf bis zehn Telefonspots für bestimmte Anlässe eines Jahres, wie Feiertage, Betriebsferien oder Weihnachten, kosten ab etwa 900 Euro.“ Oft wird GEMA-freie Musik verwendet, denn die Gebühren gehen bei großen Unternehmen in die Tausende: Pro Multiplex-Anlage, also 30 Amtsleitungen, etwa 150 Euro pro Jahr. „Bei großen Unternehmen macht das schnell 2000 Euro GEMA-Gebühren – jedes Jahr. Das ist schon wesentlich teurer, als ein paar gute Warteschleifenspots“, meint Reineck. Wartezeit nutzenDie Firmen könnten die Zeit, in der der Anrufer am Telefon wartet, gar noch für sich nutzen: „Die Zeit wird ja nicht künstlich erzeugt. Und man kann sich jetzt als Unternehmen überlegen, wie man diese Zeit nutzen will. Es wäre ja verschwendete Zeit, verschwendetes Geld, den Anrufenden dann nicht über die eigenen Belange und Produkte zu informieren.“ Um abzuschätzen, wie hoch der Sprachanteil eines Spots sein sollte, müsse zunächst eine Bestandsaufnahme durchgeführt werden: „Was brauche ich, was will ich dem Kunden vermitteln. Viele Unternehmen bewerben ihre Produkte, Messetermine oder Sonderdienstleistungen in der Warteschleife.“   Gedudel macht schlechten EindruckAm häufigsten hört der Anrufer hierzulande Beethovens „Für Elise“, wenn er warten muss. Ist für den Warteschleifen-Experten dann das Gespräch beendet? „Auflegen würde ich natürlich nicht, denn ich rufe ja an, weil ich etwas erreichen möchte. Aber es hinterlässt einen schlechten Eindruck. Das Gedudel ist nichts, was einen hervorhebt und professionell aussehen lässt. Es hört sich so an, als ob man sich einfach nicht darum kümmert, was die Anrufer dort hören.WARTESCHLEIFEN-SONGS Air Berlin - Flugzeuge im Bauch: Der Flughafen Nürnberg hat Air Berlin dieses Lied 2006 nach der Drehkreuzparty im Winter geschenkt - Frankens Hauptstadt ist das bayerische Drehkreuz der roten Fluglinie. Seitdem läuft es in der Telefonwarteschleife - in leicht abgeänderter Form: "Wir haben den Song umtexten lassen, damit er auch für unsere Warteschleife passt, denn das Lied war ja zunächst als Geschenk gedacht", erklärt Air-Berlin-Sprecherin Claudia Löffler. Die Melodie wurde von der Produktionsfirma Ladage Media in Herford komponiert. Studiosängerin Sara ist die Stimme hinter "Flugzeuge im Bauch". Deutz-Fahr - Starke Leistung: Der Song der Marke Deutz-Fahr übermittelt die pure Lebensfreude am Traktorfahren. "Deutz-Fahr, Agrotron, du bist mein Star!" Deutz-Fahr ist eine Marke der Same Deutz-Fahr, zu der auch Lamborghini in Italien und Hürlimann in der Schweiz gehören. Stephan Bissinger, Leiter Produktmarketing und Kommunikation, sagt KURIER online: "Wir haben den Song für die Neuvorstellung unserer Baureihe Agrotron K komponieren lassen und er wird seitdem für verschiedenste Zwecke wie Messen, Webseiten und Dorf Feste immer wieder gerne verwendet." Deutz-Fahr-Traktoren der Baureihen Agrotron K, M, X und TTV werden in Deutschland am Standort Lauingen gefertigt, wo heute rund 500 Mitarbeiter beschäftigt sind. Hannover Airport - Close To The World: 2006 produzierte Marco Heggen, der Geschäftsführer der Musikfirma Coastland ist, einen Promo-Song für den Flughafen Hannover: Close To The World. Später wurde der Titel im ganzen Land bekannt. Gleiche Melodie, anderer Text: Aus "Hannover Airport, we’re close to the world" wurde "El Temperamento", die erste Erfolgssingle der Popband Marquess. Als Sänger fungiert der Hannoveraner Sascha Pierro. Produzent Heggen erinnert sich: "Wir dachten damals, wir machen einfach eine spanische Version, ohne Werbebotschaft. Die schickten wir an verschiedene Plattenfirmen." Der Musikriese Warner biss an – und biss sich fest: "El Temperamento" wurde der Sommerhit 2006, hielt sich wochenlang in den Top 10. Telekom - Hello Hola: "Seit einigen Jahren wird der Titel Hello Hola von Clan Chi bei uns als Warteschleifenmusik eingespielt", sagt Niels Hafenrichter. Der Titel stammt aus dem Jahr 1999. Henkel - We Together: Am 19. Dezember 2002 ging der Corporate Song „We together“ erstmal „On Air“ und feierte seine Weltpremiere in einem Düsseldorfer lokalen Radiosender (Antenne Düsseldorf). Komponist ist der der Kölner Migo Fecke; Basis für seine Komposition waren unter anderem die „Vision and Values“, die Visionen und Werte von Henkel. Im September 2006 hat die deutsche Version des Songs Premiere. Der Unternehmenssong findet sich in vielen verschiedenen Sprachen in der Telefonwarteschleife bei Henkel: unter anderem in Spanisch, Japanisch, Chinesisch, Russisch und Türkisch. Frankfurter Flughafen - Frankfurt Airport City: "Komponiert hat das Lied unser Mitarbeiter Stefan Muschalski. Mit der Master Session Group hat der Airport eine eigene Band, die dieses und andere Songs spielt", sagt Dieter Weirich, Pressesprecher Fraport AG. Und: "BBC hat gerade darüber berichtet."