Bei der Bayreuther Firma Preccon gehen die Maschinen zur Schule Roboter müssen auch erst lernen

Von Julia Rau
Bei ihm gehen die Roboter in die Schule: Preccon-Mitgründer Hartmut Lindner. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Ein Roboterarm, der nichts sieht, sich nicht bewegt und nicht weiß, was er genau tun soll. Das ist der Anfang jedes Preccon-Robotic-Projekts. Die Bayreuther Firma hat sich darauf spezialisiert, Roboterarmen beizubringen, was sie von Haus aus nicht können.

 
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"Roboter sind eigentlich ein Standardprodukt, das wir einkaufen und ihm dann mit Software und Sensorik besondere Eigenschaften geben", sagt Hartmut Lindner, Mitbegründer der Firma. Preccon gibt den Roboterarmen – das ist die gängige Form, in der Roboter in der Industrie anpacken - ein paar Augen, Fingerspitzengefühl und ein Gehirn mit. Das Steckenpferd der Firma ist, sechsachsige Knickarmroboter für detaillierte Arbeiten und präzise Handgriffe zu schulen. Für  komplexe Anwendungen könne die Entwicklung schon mal ein Jahr dauern. Zum Beispiel bei dem preisgekrönten Roboter, der Reifenprototypen mit extremer Präzision schnitzt.

Programmiert wird am Rechner statt am Roboter

Dazu werden der echte Roboter und die Anlage, in der er später stehen soll, am Computer nachgebaut. Mit dem virtuellen 3-D-Modell arbeitet Preccon dann weiter. "Wir programmieren alles in der Simulation und nicht direkt am Roboter", sagt Lindner. "Dabei bügeln wir die Unstimmigkeiten zwischen Theorie und Wirklichkeit aus, denn etwas, das am Computer exakt entworfen wurde, wird in der Realität Abweichungen haben."

Die findet Preccon mit Messtechnik am Roboter und passt die Software darauf an. "Das genaue Vermessen ist der Schlüssel", sagt Lindner. Damit eine Maschine genau funktioniert, muss sie Algorithmen bekommen, die ihr sagen, wie Genauigkeit auszusehen hat. Dafür nimmt Lindner zum Beispiel eine perfekt runde Kugel und lässt alle Kameras, Lichttaster und Laser, die an den Roboter oder die Fertigungsanlage montiert wurden, daran ausrichten.

In der Entwicklerstube bauen Lindner und seine etwa 30 Mitarbeiter Anlagen nach, richten Kameras als Augen für einen Greifroboter ein und programmieren ihn so, dass er weiß, was er wie nehmen und wohin stecken soll. Im besten Fall erkennt die Kamera, welche Bauteile am Roboter liegen, der Arm sucht sich aus einem "Bahnhof", also einem Werkzeuglager, den passenden Greifer und führt damit die nötige Bewegung aus, um dieses Teil an den Zielort zu bringen.

Ein Nieser und der 1000 Euro teure Reifen ist dahin

Ist alles perfekt aufeinander abgestimmt, hat also der Arm eine gute Hand-Auge-Koordination, kann die Software mit allen Daten zu den Roboteranlagen der Kunden. Die legen sechsstellige Summen für die Software hin. "Viele der Anwendungen, für die unsere Technik gebraucht wird, würde ein Mensch gar nicht so hinbekommen", sagt Geschäftsführer Dieter Ladegast. Die Reifenprototypen etwa wurden vor der Auslieferung des Roboters per Hand geschnitzt. Wenn der Mitarbeiter nur einmal nieste, waren ein 10.000 Euro teurer Reifen und tagelange Arbeit dahin.

Beim Greifen schaffen Roboterarme etwa 150 Handgriffe pro Minute. "Trotzdem kann es sein, dass er nicht die Dynamik hat, die ein Werkarbeiter dabei an den Tag legen würde", sagt Lindner. Was der menschliche Körper alles gleichzeitig schafft, kann die Maschine noch lange nicht. Das liegt zum Beispiel daran, dass Kameras nicht an das menschliche Auge heranreichen. Und Hören und Riechen lassen sich in der Automatisierung nur sehr schwer abbilden.

Auf einen Zehntelmillimeter genau

Die Roboter sollen sich selbst später permanent vermessen und wieder in optimale Ausrichtung bringen, kleinste Abweichungen erkennen und rechtzeitig Fehler melden. "Meist machen Roboter einfache Handgriffe, aber sehr genau", sagt Lindner. Auf einen Zehntelmillimeter.

Dass eben diese Handgriffe zuvor ein Mensch erledigt hat, den der Roboter arbeitslos macht, daran denkt Lindner auch. "Sicher verlieren Menschen dadurch Arbeit, aber anderswo entstehen neue Arbeitsplätze", sagt Lindner. Ein Fluch und ein Segen sei das. "Zur Standortsicherung von Unternehmen, die durch Automatisierung bestehen können, tragen wir sicher bei", sagt Ladegast.