BBV: Regionale Lebensmittel sind mehr wert

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Die Kulmbacher Vertreter des Bayerischen Bauernverbands berichten im "Stallgespräch" von ihren Sorgen und Nöten. CSU-Landtagsabgeordneter Martin Schöffel (Zweiter von rechts) nahm an dem Jahresauftaktgespräch in der Himmelkroner Frankenfarm ebenfalls teil. Im Bild (von links) Kreisobmann Wilfried Löwinger, Geschäftsführer Harald Köppel, Kreisbäuerin Beate Opel und Stellvertreterin Silvia Schramm. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Wirtschaftliche Nöte aufgrund von Trockenheit und Preisverfall, kritische Verbraucher und zu viele Verordnungen machen den Bauern das Leben schwer. In einem ersten Stallgespräch zum Jahresauftakt in der Frankenfarm in Himmelkron skizzierten BBV-Vertreter die aktuellen Herausforderungen für die Landwirtschaft. Die Zukunft sieht alles andere als rosig aus.

 
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Liquiditätshilfe: Die Landwirtschaft befindet sich nach den Worten des Kulmbacher Kreisobmanns Wilfried Löwinger in einer wirtschaftlich schwierigen Situation. "Wir haben immer noch mit den Folgen der Trockenheit zu kämpfen." Die Existenznöte würden immer größer: die Gewinne seien im Durchschnitt um 45 Prozent eingebrochen.

Darlehen als Zwischenfinanzierung

Wer aufgrund der Trockenheit hohe Einbußen hatte, bekommt die Möglichkeit, günstige Darlehen aufzunehmen. Die EU hat Deutschland 69,2 Millionen Euro für Milch- und Fleischerzeuger in Aussicht gestellt. Rund 7.800 Landwirte haben laut BBV in der ersten Antragsrunde vom 21. November bis 18. Dezember 2015 einen Antrag auf Liquiditätshilfe gestellt. Dem Bundeslandwirtschaftsministerium zufolge wurden durchschnittlich 7.200 Euro Beihilfe je Antragsteller beantragt. Insgesamt: rund 56 Millionen Euro. Die meisten Anträge, 2.500 (zirka 32 Prozent), kamen aus Bayern. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) prüft noch im Januar alle bereits eingegangenen Anträge.

"Die Politik hat die Problematik teilweise erkannt", sagte Löwinger. Der Haushaltsausschuss habe den Bauern 78 Millionen Euro  für die landwirtschaftliche Genossenschaftsversicherung genehmigt. Trotzdem seien die Hilfen "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Die Bauern würden ihre Verluste lieber über eine steuerliche Risikorücklage ausgleichen. "Aber der Finanzministerium hört auf diesem Ohr schwer."

Preisverfall: Dass es bei vielen Landwirten nicht rosig aussehe, liege an den anhaltend niedrigen Preisen für landwirtschaftliche Produkte. "Seit zwei Jahren sind die Schweinefleischpreise auf dem Tiefststand, die Milchpreise sind ebenfalls weit unten und auch beim Getreide haben wir ein niedriges Preisniveau." Mit "Lockangeboten und Schleuderpreisen" würden die Discounter ihren Wettbewerb auf dem Rücken der Bauern austragen. Hier brauche es klarere kartellrechtliche Vorgaben, die den Konkurrenzkampf regulieren. Auch das Russlandembargo und die angespannte Lage der chinesischen Wirtschaft "drückt auf die Agrarmärkte".

Proteste auf der Grünen Woche erwartet

Tierwohl: Im Vorfeld der Grünen Woche vom 15. bis 24. Januar in Berlin, der größten deutschen Agrarmesse, rechnen die Bauern der Region wieder mit Protesten von Tierschützern. "Wir haben es satt" werde dann wieder auf deren Plakaten stehen, so Löwinger. "Dabei ist es keinem Tier jemals so gut gegangen wie heute." Jeder Stallneubau sei ein Fortschritt: "Wenn es dem Tier gut geht, geht's auch dem Landwirt gut." Den Bauern sei bewusst, dass sie mit lebenden Tieren und verderblicher Ware arbeiteten. "Ich kann einer Milchkuh nicht sagen, dass wir die Produktion mal für vier Wochen aussetzen."

Verbraucher und Landwirte verstehen sich nicht

Zur "Stimmungsmache gegen Landwirte und ihre Tierhaltung", sagte Löwinger, gebe es jetzt eine Gegenbewegung: www. fragdenlandwirt.de . Weil die Landwirte die Verbraucher nicht mehr verstehen und die Verbraucher die Landwirte nicht, wollen die Betreiber der Seite dazu einladen, direkt mit Landwirten zu diskutieren. Löwinger formuliert das so: "Wir brauchen mehr Akzeptanz für unseren Berufsstand und die Wertigkeit von Lebensmitteln." Die Kulmbacher Kreisbäuerin Beate Opel warnte: "Alles muss immer besser werden, aber irgendwann geht uns die Puste aus. Der Verbraucher muss mal mit dem zufrieden sein, was er bekommt."

Zu viele Verordnungen und Auflagen

Bürokratie: Die Bauern hätten mit einer zunehmenden Zahl nationaler und europäischer Umwelt- un Tierschutzvorgaben zu tun. Mit der landwirtschaftlichen Praxis hätten sie meistens wenig zu tun, kritisiert Löwinger. Als ein Beispiel nennt er die EU-Nitratrichtlinie wegen der die deutsche Düngeverordnung überarbeitet werden muss. Ferkelkastration, Enthornung von Kälbern, ökologische Ausgleichsflächen - auch auf diesen Gebieten drohen den Bauern neue Auflagen. "Nostalgie und Romantik führt die Landwirtschaft in keine gute Zukunft."

Das nächste Stallgespräch: Der Bayreuther BBV-Kreisverband besucht am Freitag den Hof von Gerhard Meyer in Creez. Für seinen neugebauten Stall habe Meyer viel Geld für das Wohl der Tiere in die Hand genommen, wie BBV-Geschäftsführer Harald Köppel erklärte. Der Bayreuther BBV-Obmann Karl Lappe bedauerte im Gespräch mit dem Kurier, dass dieser nach Wegfall der Milchquote mit einem Preistief starten müsse. "Um die Liquidität zu erhalten, können wir keine Preise akzeptieren, die den Aufwand nicht rechtfertigen." Der Kampf um die Fläche sei in Bayreuth noch stärker als im Kulmbacher Land. Für 2016 hofft er, dass die Futtervorräte der Landwirte reichten.

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