Nachteile für Drittländer möglich
Beziehe man die Länder außerhalb der transatlantischen Freihandelszone in die Berechnungen ein, seien die ökonomischen Folgen "nicht mehr uneingeschränkt positiv einzuschätzen." Länder, die vom Freihandel ausgeschlossen seien, würden durchschnittlich 0,9 Prozent ihres Wohlstands verlieren. Hauptgrund dafür: Handelsströme zwischen EU-Staaten und Drittländern sowie zwischen den USA und Drittländern würden tendenziell schwächer werden, zwischen den USA und Europa jedoch steigen. Die Gefahr bestehe durchaus, dass Drittländer "abgehängt" würden.
Chancen für Unternehmen der Region
Prof. Larch ist überzeugt, dass das Abkommen gerade den kleinen und mittleren Unternehmen der Region Vorteile brächte: "Die USA und Europa haben zwei unterschiedliche Rechtssysteme. Bislang müssen Sie bei Exporten alle Details einzeln aushandeln. Das ist aufwändig und kostet Geld." In Oberfranken gibt es zahlreiche "Hidden Champions", Mittelständler, die in ihrer Branche Marktführer sind: "Gerade die könnten von einer Angleichung der Standards profitieren." Nutznießer seien vor allem mittlere Unternehmen, "um die multinationalen Konzerne mache ich mir keine Gedanken." Den Gegnern sagt Larch: "Ändert sich denn etwas, wenn wir TTIP verhindern? Oder können wir etwas durch unser tägliches Konsumverhalten ändern?"
Die Ziele von TTIP
Ziel von TTIP ist die Erleichterung von Investitionen und Handel im jeweils anderen Geschäftsraum. Beispiel: In den USA haben Autos meist rote Blinklichter, in Europa gelbe. Bisher müssen Hersteller solche Details in aufwendigen Prozessen für ihre Exportländer anpassen. Durch das Abkommen würden solche Dinge künftig automatisch anerkannt. Auch in anderen Bereichen, wie in der Landwirtschaft, im Gesundheitssektor und in der Kultur gelten unterschiedliche Standards. TTIP soll diese angleichen. In der EU sind mehr als 1000 chemische Substanzen in Kosmetika verboten, in den USA nur ein Dutzend. An solchen Unterschieden entzündet sich auch die Ablehnung. Besonders umstritten sind die geplanten Schiedsgerichte: Ausländische Investoren sollen Staaten direkt verklagen können, wenn sie mit deren Gesetzgebung nicht einverstanden sind. Das ist bislang schon möglich: Nach dem Atomunfall von Fukushima fordert der schwedische Vattenfall-Konzern 4,7 Milliarden Euro Schadenersatz von der Bundesregierung wegen des Gesetzes zum Atomausstieg.
Zur Person:
Dr. Benedikt Heid hat außer TTIP auch die Handelsliberalisierung in Lateinamerika untersucht. Seine Erkenntnis: Regionale Freihandelsabkommen führen zu einem Anstieg der Wohlfahrt um zwölf Prozent, zum Sinken der informellen Beschäftigung um 20 Prozent, udn zur Senkung der Arbeitslosenrate um 1,2 Prozentpunkte. Für seine Arbeit wurde Heid mit dem diesjährigen "CESifo Prize in Global Economy - Distinguished CESifo Affiliate" ausgezeichnet. CESifo ist eines der weltweit größten Forschernetzwerke auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften.
Prof. Mario Larch, Inhaber des Lehrstuhls für Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Bayreuth, zählt im Ranking des Handelsblatts erneut zu den forschungsstärksten Ökonomen im deutschsprachigen Raum. In der Kategorie "Forscher unter 40" belegt er den 6. Platz, und in der altersunabhängigen Kategorie "Beste Forscherleistung" einen ebenso hervorragenden 21. Platz. Ausgewertet werden die Arbeiten von 3600 Ökonomen.