Die Sicherheit bei Großveranstaltungen wird in Bayreuth lange im Vorfeld geprüft Wie steuert man die Masse?

BAYREUTH. Bei der Planung von Großveranstaltungen, die Menschenmassen anziehen, setzt das zuständige Ordnungsreferat der Stadt auf einen runden Tisch der Sicherheit. Das Ziel der Besprechungen im Vorfeld, die oft schon Monate zuvor anlaufen: Risiken erkennen und Sicherheitslücken schließen, damit Menschenmengen – anders als in Duisburg – im Notfall kontrollierbar bleiben.

 
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Die Sicherheitsarbeit im Vorfeld mündet in einen umfangreichen Genehmigungsbescheid, der alle Bedingungen und Auflagen enthält. Ordnungsreferent Ulrich Pfeifer erklärte zu dem Thema auf Anfrage, dass Großveranstaltungen wie etwa das Bürgerfest, das Maisels Weißbierfest, die Siemens Festspielnacht oder das Sommernachtsfest immer mit den Veranstaltern und den beteiligten Stellen besprochen werden.An den Besprechungen nehmen in der Regel Ordnungsamt, Feuerwehr, Straßenverkehrsamt, Bauordnungamt und je nach Veranstaltung Umwelt- oder Jugendamt oder der Stadtbauhof teil. Immer dabei sind laut Pfeifer auch die Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt, das Rote Kreuz und der Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung. Vielfach sei auch die Leitung der vom Veranstalter beauftragten privaten Sicherheitsdienste mit am Tisch.Grundlage der Besprechungen sind die Veranstaltungskonzepte. Je nach Art der Veranstaltung seien unterschiedliche Maßnahmen anzuordnen. Bei geschlossenen Veranstaltungsorten wie etwa bei der Siemens Festspielnacht auf dem umzäunten Volksfestgelände berechnet beispielweise das Bauordnungsamt die maximale Besucherzahl aufgrund der Platzgröße und der vorhandenen Fluchtwegbreite. Im Fall der Festspielnacht ist laut dem Sachgebietsleiter Einsatz der Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt, Stefan Walter, geplant, entlang der Friedrich-Ebert-Straße 31 Meter des Zauns abzubauen und diesen breiten Haupt-Notausgang mit Securityleuten zu besetzen. Laut Walter wird mit 20 000 Besuchern gerechnet, daraus habe sich eine Anzahl von 30 vom Veranstalter zu stellenden Ordnern errechnet. Die Zahl sei nach einer erst kürzlich erfolgten Prüfung nochmals geringfügig aufgestockt worden.Je nach Art der Veranstaltung legen die Vorbesprechungen fest, dass ein ausreichender Sanitätsdienst bereit steht, beispielsweise beim Volksfest, oder eine Feuersicherheitswache. Im Genehmigungsbescheid wird laut Pfeifer auf bestimmte Vorgaben besonders Wert gelegt: „Die peinlich genaue Beachtung der Versammlungsstättenverordnung ist von grundsätzlicher Bedeutung.“ Dies heiße, dass ausreichend Platz im Hinblick auf die erwartete Besucherzahl vorhanden sein muss. Auch die Möglichkeit der Begrenzung der Besucherzahl durch genügend Ordner und Sicherheitskräfte muss demzufolge nachgewiesen werden. Genügend Fluchtwege und ihre Kennzeichnung bei Dunkelheit, das Offenhalten von Feuerwehr- und Rettungswegen seien weitere wesentliche Sicherheitskriterien. Der Ordnungsreferent sagt: „Die Zusammenarbeit aller beteiligten Stellen ist über die Jahre hinweg gewachsen und hervorragend. Eines darf jedoch nicht sein: Dass die Sicherheitsüberprüfung aufgrund des Umstands, dass sich die Veranstaltungen im Lauf der Jahre wiederholen, zur Routine wird.“

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Chronologie: Tote bei MassenveranstaltungenMärz 2010: Bei einer Massenpanik in einem nordindischen Tempel werden mindestens 63 Menschen zu Tode getrampelt. Die meisten der Opfer sind Frauen und Kinder.Februar 2010: Im malischen Timbuktu finden 26 Menschen den Tod, als eine große Menschenmenge durch die Straßen zieht, um den Geburtstag des Propheten Mohammed zu feiern. Panik bricht aus, als Gerüchte die Runde machen, dass Rebellen die Stadt angreifen.Oktober 2008: Mindestens 19 Jugendliche kommen in einer Diskothek in Tansania ums Leben. Es waren etwa 400 Kinder und Jugendliche in dem Lokal, das nur für halb so viele Gäste zugelassen ist.Februar 2008: Bei einem Rockkonzert in Indonesiens Hauptstadt Jakarta werden mindestens zehn Menschen zu Tode getrampelt.Oktober 2001: Als eine 7000-köpfige Menschenmenge in eine mit 25 000 Besuchern bereits überfüllte Stierkampfarena in Venezuela drängt, kommt es zur Panik. Unter den 14 Toten sind 10 Kinder, 57 Menschen werden verletzt.Mai 2001: Bei einem Fußballspiel in Ghana werfen verärgerte Fans Plastiksitze auf das Spielfeld. Als die Polizei Tränengasgranaten abfeuert, kommt es zur Katastrophe: 126 flüchtende Besucher werden totgetrampelt. Die Tore des Stadions, in dem sich 70 000 Menschen aufhielten, waren verschlossen.April 2001: In einem überfüllten Stadion in Johannesburg (Südafrika) kommt es bei einem Fußballspiel zu einer Panik, 43 Menschen kommen ums Leben, 158 werden verletzt.Juni 2000: Bei einem Konzert der Band Pearl Jam auf dem dänischen Roskilde-Festival sterben neun Menschen. Die Fans wurden vor der Bühne durch die von hinten drückende Menge zu Fall gebracht. Sie erstickten oder wurden zu Tode getrampelt.Dezember 1999: Unter den 40 000 Besuchern einer Snowboard-Show im Innsbrucker «Bergisel»-Stadion bricht Panik aus. Fünf junge Frauen werden zu Tode getrampelt.Mai 1999: Bei einer Massenpanik nach einem Konzert in der weißrussischen Hauptstadt Minsk sterben 54 Menschen. Etwa 10 000 Jugendliche besuchen Konzerte weißrussischer Bands auf dem Gelände des Sportpalastes. Als nach dem Konzert ein heftiges Gewitter einsetzte, rennen Tausende zu einer schützenden U-Bahnstation. Dabei reißt die Masse Stolpernde nieder. Viele Opfer erstickten.Mai 1985: Im Brüsseler Heysel-Stadion kommt es vor dem Europacup- Endspiel zwischen FC Liverpool und Juventus Turin zu schweren Ausschreitungen. Betrunkene Briten greifen italienische Fans an. Als diese fliehen wollen, bricht eine Betonmauer zusammen und begräbt viele Zuschauer. 39 Menschen sterben, 400 werden verletzt.

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